Maximale Wertschöpfung vor Ort

Das erste große Projekt der Bürgerenergiegenossenschaft Beng eG war die Freiflächenphotovoltaikanlage in Aschheim mit einer Leistung von 1,1 Megawatt Peak. Foto: Bürgerenergiegenossenschaft Beng eG

Gemeinsam können Städte, Kommunen und Bürgerenergiegenossenschaften (BEG) an einem Strang ziehen und Bürgerenergieanlagen vor Ort umsetzen. Von dieser Zusammenarbeit können insbesondere Städte und Gemeinden mit einem geringeren Budget profitieren.

Die Energiewende nimmt weiter an Fahrt auf und Kommunen geraten immer mehr unter Handlungsdruck. Was steckt dahinter? Zusätzlich zu den nationalen Ausbauzielen der erneuerbaren Energien und der Energiekrise ist die Nachfrage nach Flächen derzeit sehr hoch, zum Beispiel für Windparks und Photovoltaik (PV)-Freiflächen. Kommunen stoßen immer wieder auf die Frage: Wie wollen wir uns einbringen bei der Gestaltung unserer Umgebung und Flächen oder geben wir diese Möglichkeiten aus der Hand?

Kommunen sind rechtlich zum gemeinwohlorientierten Wirtschaften verpflichtet. So gewinnt ein sozialgerechter und ökologisch-verträglicher Ausbau erneuerbarer Energien für sie an besonderer Bedeutung, was zur Folge hat, die Bürgerinnen und Bürger vor Ort bei der Planung frühzeitig einzubinden und eine Beteiligung in Form von finanzieller Beteiligung sowie Mitbestimmung zu ermöglichen.

Bürgerenergiegenossenschaften bündeln die Kompetenz der Bürgerbeteiligung und des gemeinwohlorientierten Wirtschaftens und stellen damit geeignete Partner für Kommunen dar.

Eine Kooperation mit vielen Vorteilen

BEG sind größtenteils lokal verankert und stärken in Zusammenarbeit mit der Kommune die Wertschöpfung in der Region unter anderem durch Gewerbesteuereinnahmen, Sicherung von Arbeitsplätzen sowie Pachteinnahmen für kommunale Flächen. Außerdem sparen sie Energiekosten durch den Eigenverbrauch von Solarstrom auf kommunalen Dächern, bieten gegebenenfalls günstigen Ökostrom an und steigern die Energieeffizienz (zum Beispiel durch moderne Gebäudetechnik). Eine französische Studie zeigt, dass Mitglieder von BEG aufgrund des besseren Zugangs zu Informationen zum Thema Energie in der Regel elf Prozent weniger Energie verbrauchen.

Durch die regionale und dezentrale Energieproduktion werden Kommunen auch unabhängiger und resilienter hinsichtlich ihrer Energieversorgung. In finanzieller Hinsicht sind BEG für Kommunen, die möglicherweise keine eigenen finanziellen Mittel haben, interessant, da Projekte mittels der Anteile der Mitglieder von Energiegenossenschaften beziehungsweise auch Nachrangdarlehen finanziert werden können.

Auch haben BEG viel Expertise in der Projektierung, Umsetzung und im Betrieb von PV- und Windanlagen und können damit die Kommunen auch personell entlasten.

Welche Stellschrauben hat die Kommune, um Bürgerbeteiligung zu garantieren?

Doch um eine kommunale und sozialgerechte Energiewende sicherzustellen, müssen sich Kommunen im Klaren darüber sein, wie sie gestalterisch aktiv werden wollen, über welche Ressourcen sie verfügen und welche von diesen sie einsetzen wollen. Auch müssen sie rechtzeitig handeln. Dabei kann es unterstützend sein, früh mit bestehenden Bürgerenergieakteuren beziehungsweise Energiegenossenschaften in den Austausch zu gehen.

Möchte eine Kommune sichergehen, dass Wind- und Photovoltaik-Freiflächenanlagen in ihrer Region mit hoher Bürgerbeteiligung gebaut werden, kann sich die Kommune ihre Flächen rechtzeitig sichern. Wenn auf Landesebene Vorranggebiete für Windenergie zugewiesen wurden und Projektierer bereits Pachtverträge geschlossen haben, gibt es für die Kommune nur noch wenige Möglichkeiten der Mitbestimmung. Liegen keine Vorranggebiete vor, hat die Kommune gegenüber Projektierern mehr Mitspracherecht, im Rahmen des zu erstellenden Bebauungsplanes, was sowohl Wind- als auch PV-Freiflächenanlagen betrifft.

Bei kommunalen Dächern ist es hingegen ratsam, Vergabegrenzen zu berücksichtigen, um die PV-Aufdachanlagen unbürokratisch von einer Energiegenossenschaft aus der Region installieren lassen zu können. Der Austausch mit erfahrenen BEG ist in jedem Falle ratsam, um individuelle kommunale Gegebenheiten und weitere Handlungsmöglichkeiten zu beleuchten.

Eine Vielfalt an Bürgerenergievarianten

Ob Kommunen selbst eine Energiegenossenschaft gründen, Mitglied werden oder eng mit einer Genossenschaft zusammenarbeiten – in jedem Fall werden die Bürger vor Ort beteiligt. Darüber hinaus können Kommunen eigene Dächer und Flächen für den Bau von erneuerbare Energieanlagen an Genossenschaften verpachten oder sie planen, bauen und Anlagen gemeinsam betreiben.

Ein weiterführender Überblick, wie Kooperationen zwischen Kommunen und Bürger-energieakteuren erfolgreich gelingen können, ist in der Broschüre „Ökosystem der Bürgerenergie“ vom Verein Bündnis Bürgerenergie in Kapitel 5 dargestellt.

Unter anderen beschreibt hier Helga Weber, die stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Bürgerenergiegenossenschaft Kassel & Söhre eG, wie Kommunen, Stadtwerke und Bürgerenergiegenossenschaften in Nordhessen an einem Strang in Sachen Bürgerenergie ziehen.

Bürgerenergiegenossenschaften und Stadtwerke

Da Stadtwerke selbst kommunale Unternehmen sind, sind auch sie zum gemeinwohl-orientierten Wirtschaften verpflichtet und bieten häufig Bürgerbeteiligung direkt an ihren eigenen Projekten an. Neben Gemeinwohl und Akzeptanzförderung bringt Bürger-beteiligung auch wirtschaftlich positive Effekte für Stadtwerke, wie unter anderem Kundenbindungsmöglichkeiten und Produktvertrieb.

Es existieren bereits Kooperationsformen mit BEG, die die bürgernahe Energiewende vor Ort beleben. Größere Genossenschaften, die ihren Mitgliedern Stromtarife anbieten, stellen einen von mehreren Konkurrenten für Stadtwerke in diesem Geschäftsfeld dar. Aufdachanlagen bespielen Stadtwerke hingegen selten, wo sie BEG entsprechend ergänzen.

Rechtzeitig Flächen sichern

Der Blick in die Praxis zeigt anschaulich, dass Kommunen die Möglichkeit haben, ihr Umfeld gemeinwohlorientiert und wirtschaftlich gemeinsam mit Bürgerenergie-genossenschaften auszurichten. Die rechtzeitige Sicherung der Flächen ist für die Kommunen hier ein essenzieller Schritt.

Diese Themen vertieft das Bündnis Bürgerenergie in einem kostenlosen Online-Workshop am 29. November, der sich deutschlandweit an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Kommunen richtet. Janina Kosel

Die Autorin: Janina Kosel ist Projektmanagerin und Referentin bürgerschaftliches Empowerment und Partizipation beim Bündnis Bürgerenergie e.V.

 

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