Leitungstiefbau: Was spricht gegen Trenching?

Glasfaser am Strommast: Eine Alternative zur unterirdischen Verkabelung in ländlichen Gebieten? Aus elektrotechnischer Sicht spricht nichts dagegen. Foto: Adobe Stock/Prapat

Trenching oder herkömmlicher Tiefbau? Diese Frage bewegt viele Kommunen. Der Fachverband Rundfunk- und Breitbandkommunikation (FRK) und sein Vorsitzender Heinz-Peter Labonte sprechen sich gegen diese Verlegemethode aus.

Warum warnt Ihr Verband vor Trenching?

Heinz-Peter Labonte: Grundsätzlich sind wir nicht gegen alternative Verlegemethoden. Jedoch teilen wir und viele unserer mittelständischen Netzbetreiber die Skepsis der Bauwirtschaft, die dabei entstehenden möglichen hohen Folgekosten und Risiken für die Kommunen zu unterschätzen. Diese Bauverfahren sind in der Regel für das ausbauende Unternehmen kostengünstiger und sollen die Glasfaserverlegung in den Kommunen beschleunigen. In der Realität aber laufen die Kommunen ohne entsprechende Garantien oder Versicherungen der Netzbetreiber dabei nach Ablauf der im Markt üblichen fünfjährigen Gewährleistungsfrist Gefahr, mit beachtlichen Folgekosten konfrontiert zu werden.

Wie kommen Sie darauf?

Labonte: Uns sind von der Bauwirtschaft Beispielrechnungen erläutert worden, wonach die Haftung bei Schäden, zum Beispiel bei Verlegetiefen der Glasfaser von nur 20 bis 40 Zentimeter, bei späteren Arbeiten an den deutlich tiefer liegenden eigenen Versorgungsinfrastrukturen voll zu Lasten der Kommunen gehen oder zu Streitigkeiten mit den Bauunternehmen führen. Daher bauen unsere mittelständischen, meist lokal oder regional verwurzelten FRK-Mitglieder herkömmlich aus: 60 Zentimeter unter dem Bürgersteig, 80 Zentimeter unter der Straße und 120 Zentimeter unter Kreis-, Landes- und Bundestrassen. Diese Tiefen gewähren seit Jahrzehnten ein reibungsloses Zusammenspiel beim Bau und der Unterhaltung der Infrastrukturen, wenn früher oder später wieder notwendige Arbeiten anfallen.

Könnte die ausreichende Dokumentation der Verlegetrassen das Problem lösen?

Labonte: Diese wäre sehr hilfreich und sollte selbstverständlich sein. Doch der Teufel steckt im Detail. Im Zuge der knappen Tiefbauressourcen kommen nach europaweiten Ausschreibungen zunehmend ausländische Firmen zum Zug. Oft sind die Bauleiter nicht mit den örtlichen Gepflogenheiten vertraut, haben Verständigungsprobleme, die Bauarbeiter kennen aus ihrer Heimat andere Vorschriften und agieren beim Graben eher nach dem Prinzip Versuch und Irrtum.

Sie weisen darauf hin, dass es einige Unternehmen im Markt gäbe, die nur ausbauten, wenn Trenching genehmigt würde. Wie soll man damit umgehen?

Labonte: So ist es mit der Freiheit, auch wenn wir uns hier in einem Grenzbereich bewegen. Problematisch wird es jedoch, wenn der Partner nach einer weniger erfolgreichen Vermarktung sich die Ausbaugebiete neu zurechtschneidet oder nur einige Straßen ausbaut. Wenn Kommunen nicht klug beraten sind, laufen sie Gefahr, sich damit auszuliefern, da andere Netzbetreiber diese Ausbaugebiete meiden. Mein Rat lautet: selbstbewusst auftreten und die eigenen Interessen fest vertreten. Es gibt ausreichend Anbieter, die als Partner auf traditionellen Tiefbau setzen und die Rechts- und Verordnungslage kennen. Clevere Kommunen schauen sich die Konzepte an und laden zu Präsentationen ein.

Was raten Sie den kommunalen Verantwortlichen?

Labonte: Sie sollten auf Folgekosten und entstehende Risiken beim Ausbau von Glasfaserinfrastrukturen achten und sich nicht durch Versprechen von Vertrieblern blenden lassen. Warum sollte man sich von Partnern beim Trenching nicht Garantien oder durch Versicherungspolicen unterlegte Garantien geben lassen, die auch nach Ablauf der Gewährleistungsfrist die Risiken nicht auf die Kommune abschieben? Zudem ist es ratsam, sich von den Betreibern vertraglich zusichern zu lassen, dass die Risiken aus alternativen Verlegemethoden nicht nach der fünfjährigen Garantiefrist von den Eigentümern bei deren eventuellen Verkauf in schwer verständliche Finanzkonstrukte ausgegliedert werden.

Wer Kritik übt, sollte auch Lösungsvorschläge haben. Sehen Sie sinnvolle technische Alternativen?

Labonte: Insbesondere in den ländlichen Regionen könnten wir, trotz deutscher Regelungswut, die Luftverkabelung als alternative Verlegungsmethode stärker in kommunalen Ausbauplänen zur beschleunigten Glasfaserversorgung berücksichtigen. Dies war immerhin nach der Wende auch bei der schnellen Telefonversorgung erfolgreich. Vorhandene Freileitungskabel lassen sich etwa an Strommasten für die Verlegung von Glasfaserkabeln nutzen. Dadurch lässt sich die Glasfaser auch dort beschleunigt ausrollen, wo eine Verlegung im Boden nicht oder nur schwer möglich ist. In vielen asiatischen Ländern ist das fast überall sichtbar, in Deutschland noch eher belächelt.

Wie sieht es bei potentiellen Versicherungen aus?

Labonte: Aus unserer Sicht benötigen wir bei allen Tiefbaumaßnahmen – einschließlich der strittigen Verlegtechniken – dringend langfristig wirkende Versicherungslösungen. Dabei sollten wir nicht nach dem Staat rufen, sondern die Branchen sollten gemeinsam aktiv werden. Denkbar ist, dass sich für deren Erarbeitung die Netzbetreiber, die Bauwirtschaft, insbesondere Tiefbauer, sowie Versicherungen und Finanzunternehmen zusammensetzen. Die Moderation könnte etwa einer der kommunalen Spitzenverbände übernehmen. Zudem bietet sich eine marktnahe Lösung an: Die Allianz-Versicherung hat vor kurzem mit der beschleunigten Erschließung des ländlichen Raums ein neues Geschäftsfeld für sich entdeckt und investiert mit einem spanischen Partner einen Milliardenbetrag in „grüne“ Glasfaserprojekte. Warum sollte diese nicht ein marktgerechtes Versicherungsprodukt entwickeln, das ihr bei den Kommunen gegenüber anderen Anbietern beim privatwirtschaftlichen Ausbau sogar noch einen echten Wettbewerbsvorteil verschafft?

Interview: Thomas Fuchs 

Der Autor: Thomas Fuchs ist Fachautor.

Zur Person: Heinz-Peter Labonte ist Vorsitzender des Fachverbands Rundfunk- und Breitbandkommunikation (FRK) im brandenburgischen Lauchhammer.