Krisenkommunikation für Kommunen

Schnell, wahrhaftig, verständlich: Die Anforderungen sind hoch, wenn im Schadensfall Informationen weitergegeben werden sollen. Foto: Adobe Stock/Cemeh Carnbahuyk

Gute Kommunikation zwischen Verwaltung und Bürgern ist das A und O – ganz besonders im Krisenfall. Dabei gelten besondere Gesetzmäßigkeiten, die Gastautor Dr. Johannes Latsch im Beitrag erläutert.

Die Corona-Pandemie zeigt eindrucksvoll, wie wichtig gute Krisenkommunikation ist. Rathäuser und Landratsämter haben es auch jenseits von Covid mit einer Vielzahl potenzieller Krisenlagen zu tun. Es kommt darauf an, sich selbst frühzeitig die richtigen Fragen zu stellen, um aus den Antworten Botschaften abzuleiten und so den Bürgern ein vertrauenswürdiges Bild der Kommune zu vermitteln.

In der Krise kommen viele Fragen auf: Was ist passiert? Welche Auswirkungen hat das? Wer trägt die Verantwortung? Wie sind die Konsequenzen? In dynamischen Lagen, etwa beim Brand eines Kindergartens, einem Zugunglück oder dem Einsturz eines Festzelts prasseln schnell und unablässig Fragen auf die Verantwortlichen ein – von Medien, in den Sozialen Netzwerken, von Bürgern auf der Hotline.

Kernbotschaften definieren

In einer solchen Lage darf sich die Verwaltung nicht darauf beschränken, rein reaktiv Fragen zu beantworten. Das gleiche gilt bei Krisen, die sich langsam aufbauen und länger anhalten, wie strittige Bauvorhaben, Korruptionsermittlungen oder gesundheitliche Krisen wie die Corona-Pandemie. Die Verwaltung muss schnell ihre eigene Strategie, ihre inhaltlichen Botschaften, ihre kommunikative Ausrichtung klären. Sie muss sich zunächst selbst schonungslos Fragen stellen:

  • Was sind die Fakten? Liegen da irgendwo bei uns Leichen im Keller?
  • Was tun wir, um aufzuklären und die Lage zu verbessern?
  • Was sind die Konsequenzen für Behörden und Bürger?

Aus den Antworten setzt sich ein inhaltlicher Rahmen zusammen. Die pure Faktendarstellung wird ergänzt um Ihre Wertungen, soweit zu diesem Zeitpunkt möglich. Das sind die Kernbotschaften. Sie beschreiben

  • die Interpretation der Lage,
  • das Ziel,
  • die Überzeugung, das Richtige zu tun.

Noch weiter zusammengefasst können wir sagen: Welches Bild der Lage und der Rolle als Kommunalverwaltung soll im Idealfall von den Bürgern wahrgenommen werden?

Prinzip: Schnelligkeit vor Vollständigkeit

Gerade in dynamischen Lagen bleibt keine Zeit, um ein umfassendes Kommunikationskonzept auf die Beine zu stellen. Aber zumindest skizzenhaft sollte sich die Führung der Kommune die eben beschriebenen Gedanken machen, damit sie nicht orientierungslos durch die Anfragen von außen treibt. Ziel der Kommune muss sein: Wir haben die Informationsführerschaft, bei uns gibt es gesicherte Fakten statt Gerüchte, wir bieten Halt in schwerer Stunde.

Für die öffentliche Information gelten folgende Prinzipien:

  • Schnell: Wir informieren früh, aktiv und zügig.
  • Wahrhaftig: Wir konzentrieren uns auf Fakten, wir lügen und spekulieren nicht.
  • Verständlich: Wir bringen die Dinge für den Laien auf den Punkt.
  • Konsistent: Wir sprechen mit einer Stimme und unterrichten kontinuierlich.
  • Empathisch: Wir zeigen Verständnis für Sorgen und Ängste, fühlen mit Opfern/Betroffenen.

In einer dynamischen Lage geht Schnelligkeit vor Vollständigkeit. Es gilt also nicht abzuwarten, bis jede Detailinformation vorliegt, sondern schnell das gesicherte Wichtigste zu kommunizieren, verbunden mit den Kernbotschaften. Demnach lassen sich für eine erste Medien- und Bürgerinformation (zum Beispiel auf der Homepage oder dem Social-Media-Account der Kommune) folgende generelle Botschaften formulieren:

  • Wir teilen die wichtigsten jetzt verfügbaren Fakten mit, aber wir spekulieren nicht.
  • Wir sorgen jetzt als erstes für die Opfer und Betroffenen.
  • Wir setzen unsere ganze Kompetenz ein, um die Lage zu klären.
  • Wir unterstützen die Aufklärung des Vorfalls/des Problems.
  • Wir informieren weiter, sobald Näheres feststeht.

Diese Botschaften, mehr oder weniger mit Abstrichen, sind Standards. Je nach Lage werden sie präzisiert werden, und mal wird der eine, mal der andere Aspekt eine größere Rolle spielen. Bei Unglücken etwa geht es mehr um die Opfer, bei Verwaltungskrisen mehr um die von der Krise Betroffenen. Der Hinweis auf die Unterstützung der Aufklärung greift vor allem dann, wenn beispielsweise Ursachen eines Vorfalls geklärt werden müssen, etwa durch technische Sachverständige oder durch die Ermittlungsbehörden. Nicht jeder dieser Punkte muss detailliert ausgefüllt werden. Ist die Zeit knapp, kann es die Kommune im ersten Aufschlag bei diesen Botschaften belassen.

Versprechen halten

Nehmen wir den Brand einer städtischen Kindertagesstätte, bei der es Verletzte gegeben hat. Hier könnten die Botschaften in der Erstmeldung ganz grob so lauten:

  • In der Kita XY hat es gebrannt. Nach derzeitigem Stand sind XX Kinder/Erzieherinnen verletzt. Die Ursache des Brandes und die näheren Umstände müssen noch geklärt werden.
  • Unsere erste Sorge gilt Kindern, Personal und Angehörigen. Sie werden von uns betreut, Rettungskräfte sind im Einsatz. Wir sind erschüttert; die Sicherheit der Kinder liegt uns am Herzen, und mit den Bürgern unserer Stadt sorgen wir uns um sie.
  • Wir setzen unsere ganze Fachkompetenz ein, um die Ursache des Brandes zu klären und für die Betreuung der Kinder in anderen Kitas zu sorgen. Wir werden die Ermittlung der Brandursache mit allen unseren Mitteln unterstützen.
  • Sobald nähere Einzelheiten zum Umfang des Schadens und zur weiteren Betreuung feststehen, werden wir weiter informieren.

Insbesondere die letzte Versprechung sollte unbedingt eingehalten werden. Relevante Informationen werden nachgereicht, sobald sie vorliegen. Parallel müssen Informationsschreiben an die Eltern versandt werden.

Das Verfahren, Inhalte und Botschaften klar zu formulieren, lässt sich auf vielerlei Krisen anwenden. Fachliteratur, Krisenkommunikationstrainings und Übungen vertiefen das Wissen und bereiten auf den Ernstfall vor. Corona mag verschwinden – Krisen wird es weiter geben. Johannes Latsch

Der Autor: Dr. Johannes Latsch ist Pressereferent des Main-Taunus-Kreises, Dozent und Trainer, Fachbuchautor und langjähriger Journalist.