Kommunikation im Katastrophenfall

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Bernkastel-Kues im Landkreis Bernkastel-Wittlich: gut vorbereitet auf (Hochwasser-)Katastrophen. Foto: Adobe Stock/8Juriaan

Im Katastrophenfall darf die Kommunikation nicht selbst zur Katastrophe werden – die Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich setzt deshalb auf bestmögliche Vernetzung. IT-Administrator Jürgen Könen erklärt das Konzept.

Manchmal hat man den richtigen Riecher und ist vorbereitet, wenn sich eine Katastrophe anbahnt. So war es, als vor zwei Jahren in unserer Kreisverwaltung in Wittlich alle Alarmglocken schrillten. Der Deutsche Wetterdienst hatte eine Warnung vor „extremem Unwetter“ mit Dauer- und Starkregen in weiten Teilen von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz herausgegeben. Wir stellten uns auf eine Hochwasserkatastrophe ein: ausgelöst von einem Wolkenband, das 80 bis 120 Liter pro Quadratmeter und Stunde mit sich bringen sollte – so viel Regen, wie sonst in ein bis zwei Monaten fällt.

Unser Brand- und Katastrophenschutzinspekteur Jörg Teusch plante mit dem 16-köpfigen Krisenstab minutiös alle Handlungs- und Kommunikationsabläufe. Im Gymnasium in Wittlich wurde eine zentrale Evakuierungsstelle eingerichtet. Wir begannen mit der Räumung von gefährdeten Wohnungen zu einem Zeitpunkt, als das Wasser noch nicht da war – und retteten dadurch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Leben.

Letztendlich aber zog der schlimmste Teil des Unwetters 100 Kilometer Richtung Norden ins Ahrtal. Wir hatten Glück – unsere Region kam mit einem blauen Auge davon. Dennoch: Für die Zukunft haben wir uns viel vorgenommen.

Die Flut hat viel in Gang gesetzt

Als IT-Administrator der Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich ist es meine Aufgabe, die Kommunikation so aufzustellen, dass sie im Katastrophenfall nicht zusammenbricht und alle wichtigen Aufgaben wie Zahnräder ineinandergreifen. Nach dem Hochwasser stellten wir unsere Reaktionsmöglichkeiten auf den Prüfstand und leiteten notwendige Verbesserungen in die Wege.

Interimsmäßig mieteten wir ein Gebäude an und richteten es mit 16 festen Arbeitsplätzen für den Katastrophenfall ein. Dabei spielte die Kommunikationslösung eine entscheidende Rolle. Zusammen mit unserem Systembetreuer schauten wir unseren Bauchladen an IT-seitigen Mitteln an, um die Kommunikation für den Ernstfall zu optimieren.

Dabei kam unsere Telefoniesoftware XPhone ins Spiel. Als Unified-Communications-Lösung vereint sie die Kommunikationsdienste in einer einheitlichen Anwendungsumgebung. Neben der Telefonie werden also auch ERP, CRM und E-Mail in die IT-Infrastruktur eingebunden. Bestmögliche Vernetzung für bestmögliches Handeln – so lautete unser Anspruch für die Zukunft.

In unserer Bürokommunikation nutzen wir die Telefonsoftware bereits seit 2018. Mit ihr sparen wir viel Zeit: keine Rufnummern abtippen, Telefonverzeichnisse hinterlegen, relevante Daten zur Verfügung haben. Bei der Krisenkommunikation kam uns dieser Zeitfaktor nun zugute. Dank Softphone – der Telefoniesoftware auf dem PC – konnten wir jedem Stabsmitarbeiter unabhängig von dessen Arbeitsplatz eine eigene Nummer zuordnen. Außerdem legten wir großen Wert auf eine intuitive Software, mit der die Kollegen direkt, das heißt ohne vorherige Schulung, umgehen können.

Gerade im Katastrophenschutz ist die einfache Bedienung entscheidend: Wir brauchen ein Tool, das anspruchslos die Leistung erfüllt und im Notfall nicht selbst eine Katastrophe ist – und das haben wir gefunden. Intuitiv ist die Software auch hinsichtlich der Administration, die überwiegend von unserer eigenen IT-Abteilung vorgenommen werden kann.

Der Notfall wird alle 14 Tage geübt

Mittlerweile ist unsere Kreisverwaltung in der Planungsphase für ein neues Gebäude. Dort soll eine Unify-Telefonanlage mit XPhone eingerichtet werden. Die Interimslösung dient derweil als Testfeld. Wir üben alle 14 Tage und setzen Handlungsabläufe unter Last. 999 Rufnummern sind für das Katastrophenschutzzentrum reserviert.

Die Server werden im Falle eines Stromausfalls über ein Notstromaggregat versorgt. Damit wird die interne Kommunikation sichergestellt. Für die teamübergreifende Zusammenarbeit sind wir Fans vom Team-Panel, das die Software bietet: Dank der Telefoniestatus-Anzeige ist auf einen Blick sichtbar, welcher Kollege besetzt oder frei ist.

Für die Kommunikation von außen wird je nach Bedarf eine zentrale Notfallrufnummer installiert. Wir bilden sie über das integrierte Hotline-Managementool „TeamDesk“ ab, um durch die Verteilung auf ein Team die Erreichbarkeit zu sichern. Die Gruppe mit den zugehörigen Nummern haben wir selbst eingerichtet.

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Vor Ort muss alles klappen: Damit Stromausfall nicht die Kommunikation der Einsatzkräfte blockiert, hält die Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich ein Notstromaggregat für die Server bereit. Foto: Wellnhofer Designs

Es ist sehr wertvoll, dass die Hotline ohne größeren Aufwand ad hoc scharf geschaltet werden kann. Wir möchten sie auch über eine API-Schnittstelle mit dem System verbinden, das für jeden Anrufer ein Ticket aufmacht. Der Vorteil: Der Anrufer gibt bereits wichtige Informationen an, um noch schneller ins Gespräch einzusteigen.

In Schadenslagen sind Mitarbeiter wie Jörg Teusch viel unterwegs. Über die Mobile App des Telefoniesystems hat er Zugriff auf sämtliche Rufnummern wichtiger Institutionen. Bei einem Einsatz muss er dann nicht daran denken, das Diensttelefon umzustellen, und hat zudem sämtliche Kontakte datenschutzkonform dabei. So kann er jederzeit agieren.

Agieren ist das, was für uns an oberster Stelle steht. Wir brauchen für die Zukunft tragfähige Strukturen – und die Kommunikationswege müssen klar sein. Nur so können wir weitestgehend vermeiden, dass wir am Ende in die Zuschauerrolle gedrängt werden, in der man machtlos zusieht, wie einem die eigene Heimat entgleitet. Stattdessen können wir zielgerichtet mit Maßnahmen aufwarten, um einer Katastrophe zuvorzukommen.

Jürgen Könen


Der Autor

Jürgen Könen ist IT-Administrator der Kreisverwaltung Bernkastel-Wittlich.