Computer, Büromöbel, Arbeitskleidung – Kommunen sollten kreislauforientiert planen: Die Wissenschaftler Ashleigh McLennan und Andreas Hermann erklären, warum sie so dringend dafür plädieren und wie man auf einem nachhaltigen Weg vorankommen kann.
Unser derzeitiges lineares Wirtschaftsmodell schadet der Umwelt. Der Abbau von Ressourcen belastet Ökosysteme. Materialien und Produkte werden mit energieintensiven und umweltschädlichen Verfahren hergestellt. Und in den Industrieländern wird mehr konsumiert, als wir brauchen. Trotz der Implementierung diverser Umweltmaßnahmen in den letzten Jahrzehnten wird der weltweite Materialverbrauch voraussichtlich weiter steigen.
Laut einer OECD-Studie (2018) wird er sich weltweit von 79 Gigatonnen im Jahr 2011 auf 167 Gigatonnen im Jahr 2060 mehr als verdoppeln. Es liegt also auf der Hand, dass wir nicht nur die Umwelteffizienz steigern müssen, sondern auch einen radikalen wirt-schaftlichen Wandel brauchen. In diesem Zusammenhang ist die Idee einer „Kreis-laufwirtschaft“ entstanden, das heißt einer Wirtschaft, die darauf abzielt, den Rohstoffkreislauf zu schließen und diesen Kreislauf zu verlangsamen (Öko-Institut 2022).
Bei der Kreislaufwirtschaft handelt es sich also um eine Wirtschaft, in der Produkte länger und intensiver genutzt werden und ihre Materialien am Ende ihrer Lebensdauer so lange wie möglich im Einsatz bleiben und damit den höchstmöglichen Wert erhalten.
Nachhaltige Beschaffung schafft neue Herausforderungen
Einer der effektivsten Wege, wie Anreize für den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft geschaffen werden können, ist das öffentliche Beschaffungswesen. Viele Städte und Gemeinden haben bereits nachhaltige Beschaffungspraktiken eingeführt, die sich hinsichtlich der Verbesserung der Energieeffizienz oder des Verbots von Stoffen und Materialien (zum Beispiel gefährliche Chemikalien) bereits bewährt haben.
Die Beschaffung von Kreislaufgütern und -dienstleistungen erfordert jedoch ein breiteres Spektrum, einschließlich einer stärkeren Fokussierung auf Bedarfsermittlung, Inten-sivierung der Nutzung von Produkten und Abfallvermeidung sowie die Rückführung von Produkten und Komponenten in den Kreislauf. Dies wiederum schafft neue Herausforderungen für die Kommunen.
Zum Beispiel der Kauf von Computern. Die erste Frage, die sich im Zusammenhang mit einem zirkulären Beschaffungsansatz stellt, ist die, ob wirklich ein neues Gerät erforderlich ist. Alternative Optionen wären die Wiederaufbereitung von bereits vorhandenen oder der Kauf von wiederaufbereiteten Geräten. Letztere bieten oft die gleichen Funktionen wie neue Geräte zu einem Bruchteil des Preises. Dies spart Geld und Ressourcen und unterstützt gleichzeitig Geschäftsmodelle der Kreislaufwirtschaft.
Fokus auf Kreislaufwirtschaft
Darüber hinaus sollte man sich fragen, ob man das Gerät wirklich besitzen muss. Bei einigen Produkten könnte stattdessen die Anwendung des sogenannten „Produkt als Dienstleistung“-Modells sinnvoll sein. Dies schafft neue Anreize, Produkte effizient zu nutzen und ihren Wert so lange wie möglich zu erhalten. Die Produkte verbleiben dabei im Besitz des Anbieters, der dadurch ein Interesse an der möglichst langen Nutzung eines Geräts hat und nicht am Absatz möglichst vieler Geräte (die dann dementsprechend nur kurz genutzt werden).
Weiterhin ist zu klären, was mit dem Gerät am Ende seiner Nutzungsdauer geschieht. Beschaffende sollten dies bereits beim Kauf des Geräts oder der entsprechenden Dienstleistung festlegen, zum Beispiel durch Aufnahme von Vertragserfüllungsklauseln, die Rücknahme zur Wiederverwendung, Wiederaufbereitung oder – als letzte Option – Recycling vorschreiben.
Um sicherzustellen, dass die gekauften Produkte für eine Kreislaufwirtschaft geeignet sind, sind auch neue technische Spezifikationen hinsichtlich des Produktdesigns erforderlich. Zwar haben Umweltzeichen wie der Blaue Engel und das EU-Umweltzeichen in ihren jüngsten Überarbeitungen erstmals Kriterien für die Kreislaufwirtschaft aufgenommen, doch wurden sie noch nicht für alle Produktkategorien erstellt.
Außerdem sind Produkte im Umlauf, für die es noch keine Zertifizierung gibt oder deren Marktangebot bisher gering ist. Dies ist eine Herausforderung für die Beschaffer, die bei der Auftragsvergabe sicherstellen müssen, dass ihre Kriterien den Wettbewerb nicht maßgeblich einschränken.
Bevorzugungspflichten einführen
Auch auf Bundesebene arbeiten das Öko-Institut und das Institut für Ökologische Wirt-schaftsforschung (IÖW) derzeit im Auftrag des Umweltbundesamtes an der Entwicklung themenspezifischer Unterstützungsangebote für Beschaffende. Dabei sollen die Anforderungen zum Ressourcen- und Klimaschutz aus dem Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG), dem Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) sowie der Verwaltungsvorschrift zur Beschaffung klimafreundlicher Leistungen – AVV Klima (ersetzt die AVV-EnEff) in konkrete Beschaffungsempfehlungen umgesetzt werden.
So sind die Beschaffungsstellen des Bundes nach § 45 Abs. 2, Satz 1 KrWG bei der Beschaffung oder Verwendung von Material und Gebrauchsgütern sowie bei Bau-vorhaben und sonstigen Aufträgen verpflichtet, Erzeugnisse zu bevorzugen, die eine der vier Varianten in § 45 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 bis 4 KrWG erfüllen („Bevorzugungspflicht“). Eine Variante sind zum Beispiel langlebig, reparaturfreundlich, wiederverwertbar oder reyclingfähig konstruierte Produkte.
In den Kreislaufwirtschafts- oder Abfallgesetzen der Länder gelten zum Teil (bereits vor der Regelung im KrWG) ähnliche verbindliche Verpflichtungen, zum Teil handelt es sich um Soll-Vorschriften. Es wäre zu begrüßen, wenn auf allen Ebenen aufgrund der drängenden Ressourcenschutzprobleme – soweit nicht geschehen – Bevorzugungs-pflichten eingeführt werden. Ashleigh McLennan, Andreas Hermann
Die Autoren: Ashleigh McLennan ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Öko-Institut e.V. in Freiburg im Bereich Produkte und Stoffströme. Andreas Hermann, LL.M. ist Senior Researcher am Öko-Institut e.V. in Darmstadt im Bereich Umweltrecht und Governance.