Öffentliche Verwaltungen bieten attraktive Einsatzmöglichkeiten und gute Arbeitsbedingungen. Qualifizierte Bewerber können von der aktuell hohen Nachfrage nach Arbeitskräften profitieren. Um die richtige Auswahlentscheidung zu treffen, sollten beide Seiten die Umfeldpassung intensiv prüfen.
Der lange prognostizierte „War for Talents“ ist ausgebrochen und rollt auf den öffentlichen Sektor unaufhaltsam zu. Der demografische Wandel schlägt ein: Die Pensionierungswellen der personenstarken Mitarbeiterkohorten der Altersjahrgänge 50 plus rücken näher, insbesondere die Laufbahngruppe des höheren Dienstes ist von einer starken Alterung der Belegschaft betroffen. Zudem entstehen neue, komplexe Aufgaben, beispielsweise im Bereich der Digitalisierung oder der Mobilität, die qualifizierte Fach- und Führungskräfte erfordern.
Zugleich wird es aufgrund der zunehmend alternden Bevölkerung immer schwieriger, qualifizierte Nachwuchskräfte zu finden und zu binden. Die freie Wirtschaft sieht sich mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert, was für öffentliche Arbeitgeber den Kampf um qualifizierte Bewerber zusätzlich verstärkt.
Um den Personalbedarf auch zukünftig decken zu können, muss sich der öffentliche Dienst für neue Wege der Personalbeschaffung öffnen. Die Stärkung der Arbeitgebermarke, eine adressatengerechte Ansprache und die Fokussierung neuer Zielgruppen (u. a. Quereinsteiger) sind hierbei wichtige Ansätze. Es gilt, die Vorteile von Verwaltungen als Arbeitgeber herauszustellen und zu bewerben. Potenzielle Kandidaten müssen den öffentlichen Dienst als möglichen Arbeitgeber im Blick haben. Doch was konkret können öffentliche Verwaltungen bieten?
Bund, Länder oder Kommunen bieten als Arbeitgeber eine enorme Vielfalt an Aufgaben. Allein das kommunale Aufgabenspektrum reicht vom Hochbau über Soziales hin zu Finanzen und bietet somit Ingenieuren, Wirtschaftswissenschaftlern, Geisteswissenschaftlern und Juristen interessante Tätigkeiten. Unabhängig vom Fachbereich überzeugt der öffentliche Dienst durch ein zentrales, ihn von der freien Wirtschaft unterscheidendes Merkmal: die Möglichkeit, für das Gemeinwohl tätig zu sein.
Als Stadtplaner das Bild der Heimatstadt prägen, als Wirtschaftsförderer Arbeitsplätze sichern oder als Jugendamtsleiter für eine gute Betreuung der jüngsten Bürger sorgen – damit sind nur einige Möglichkeiten genannt, sich für eine Kommune einzusetzen und sie zu gestalten. Die herausgehobene Sinnhaftigkeit und Sichtbarkeit der Tätigkeit ist definitiv ein überzeugendes Argument, das insbesondere bei den jungen, stärker altruistisch und ökologisch denkenden Absolventengenerationen zum Tragen kommen sollte.
Bedeutung der Freizeit wächst
Im Vergleich zwischen älteren und jüngeren Generationen ist außerdem eine Verschiebung der Interessen zu beobachten. Während in Zeiten von unsicheren Arbeitsmärkten die Arbeit einen hohen Stellenwert hatte, nimmt bei der aktuell (aus Sicht der Bewerber) positiven Arbeitsmarktentwicklung die Freizeit einen immer höher werdenden Stellwert ein. Eine gute Work-Life-Balance ist für viele inzwischen ein wichtiges Kriterium bei der Jobwahl. Hier kann der öffentliche Dienst mit flexiblen Arbeitszeitmodellen, Teilzeitoptionen und Überstunden-Ausgleich punkten und überzeugt im Vergleich zur freien Wirtschaft vor allem durch die hohe Arbeitsplatzsicherheit. Zusätzliche Benefits der öffentlichen Verwaltung sind attraktive finanzielle Anreize wie beispielsweise Zuschüsse zur Altersversorgung.
Entscheidend für den Erfolg eines Mitarbeiters und für seine Zufriedenheit am Arbeitsplatz ist die Übereinstimmung („Passung“) zwischen Person und Position. Für den objektiven Erfolg ist vor allem die Übereinstimmung zwischen den fachlichen Qualifikationen der Person und den inhaltlichen Anforderungen der Stelle entscheidend. Die subjektive Zufriedenheit hängt stark davon ab, inwieweit die ausgeübte Tätigkeit und die Arbeitsumgebung den individuellen Einstellungen, Wertvorstellungen und Bedürfnissen des Mitarbeiters entsprechen. Sowohl der Bewerber als auch der Arbeitgeber müssen sich daher mit der Frage der sogenannten „Umfeldpassung“ beschäftigen.
Der Wechsel von der freien Wirtschaft in den öffentlichen Dienst ist für viele mit einem enormem „Umfeldwechsel“ verbunden. Die Entscheidung für oder gegen die Arbeit im öffentlichen Sektor sollte daher gut überlegt sein. Interessierte sollten sich im Vorfeld einer Bewerbung insbesondere mit folgenden umfeldspezifischen Fragen auseinandersetzen: Warum haben Sie sich für eine Position im öffentlichen Dienst beworben? Worin sehen Sie die Unterschiede zwischen der freien Wirtschaft und dem öffentlichen Dienst? Wie stellen Sie sich die Arbeit im öffentlichen Dienst vor? Warum passen Sie in das Umfeld des öffentlichen Dienstes?
Profil und Einstellung prüfen
Auch innerhalb des öffentlichen Dienstes gibt es große Unterschiede zwischen den einzelnen Arbeitgebern. Neben den Fragen nach der Passung zum öffentlichen Sektor im Allgemeinen sollten Bewerber daher den Wunscharbeitgeber genauer betrachten und folgende arbeitgeberspezifische Fragen beantworten können: Was zeichnet den Arbeitgeber aus? Wie sind die Strukturen des Arbeitgebers? Welchen Bezug haben Sie zu diesem Arbeitgeber? Warum reizt Sie die Arbeit bei diesem Arbeitgeber? Was bietet er Ihnen und was können Sie ihm bieten?
Nicht zuletzt gilt es, sich intensiv mit der Position und den dazugehörigen Aufgaben und Anforderungen zu beschäftigen. Bewerber sollten sich hierbei insbesondere auf folgende positionsspezifische Fragen vorbereiten: Was reizt Sie an der ausgeschriebenen Position? Inwieweit decken Sie mit Ihren Qualifikationen und Erfahrungen das stellenspezifischen Aufgaben- und Anforderungsprofil ab? Wo passt es gut? Wo haben Sie noch Entwicklungsbedarf? Welche relevanten persönlichen Eigenschaften bringen Sie für die Position mit? Welche Herausforderungen verknüpfen Sie mit der Position? Inwieweit bringt die Position Sie persönlich und beruflich weiter? Warum sind Sie als Neu-/Quereinsteiger besser für die Position geeignet, als jemand, der bereits die Strukturen des öffentlichen Dienstes kennt?
Die Auseinandersetzung mit den umfeld-, arbeitgeber- und positionsspezifischen Fragen ist notwendig, um sich die eigene Bewerbungsmotivation zu vergegenwärtigen. Nur wenn ein Bewerber seine Motivation schlüssig erläutern kann, ist er in der Lage, im Bewerbungsprozess authentisch aufzutreten und von sich zu überzeugen. Mit einer guten Vorbereitung können Bewerber daher ihre Chancen im Auswahlverfahren erheblich erhöhen.
Karolina Bocionek
Die Autorin
Karolina Bocionek ist Mitarbeiterin des Zentrums für Management- und Personalberatung Edmund Mastiaux & Partner (ZfM) in Bonn