Kommunale Konzerne in Schieflage

Trotz sprudelnder Steuereinnahmen und rosiger Zeiten für die Wirtschaft: Fast jeder vierte Großstadt-Konzern in Deutschland befindet sich in einer angespannten Lage. Die hohe Verschuldung der Kernhaushalte auf der einen Seite und die unbefriedigende wirtschaftliche Lage der Stadtwerke vor dem Hintergrund der Energiewende auf der anderen schafft ein riskantes „Doppel-Problem“.

Trotz positiver gesamtwirtschaftlicher Entwicklung ist die finanzielle Situation vieler kommunaler Konzerne in Deutschland besorgniserregend. So ist in fast jeder vierten der 91 größten Städte (ab 80.000 Einwohner) sowohl die Haushaltslage der Kommune als auch die wirtschaftliche Lage des jeweiligen Stadtwerke-Konzerns angespannt. Das heißt, dass sich in diesen Städten die Stadtwerke nicht uneingeschränkt darauf verlassen können, im Falle einer Krise von ihrer Kommune gestützt zu werden. Das hat eine Analyse des vom Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen KPMG geförderten Instituts für den öffentlichen Sektor ergeben. „Nicht wenige Kommunen haben immer noch mehr Ausgaben als Einnahmen. Neben den Sozialausgaben belasten unter anderem umfangreiche Sanierungen der Infrastruktur die Haushalte. In anderen Städten sind aufgrund der Abhängigkeit von der Gewerbesteuer Einnahmen weggebrochen. Wenn dann auch noch das Stadtwerk schwach dasteht, treffen zwei Problemlagen aufeinander“, so Instituts-Geschäftsführer Dr. Ferdinand Schuster.

Im Rahmen der Untersuchung wurde die wirtschaftliche Situation von Kommunen und Stadtwerken nach einer „Ampel“-Wertung in die Kategorien „rot“ (angespannt), „gelb“ (eher unbefriedigend) und „grün“ (gut) eingestuft. Zu den Bewertungskriterien gehören unter anderem die Haushaltslage für die Kommunen beziehungsweise der Verschuldungsgrad für die Unternehmen. Von den Kommunen wird die Hälfte (45 von 91) mit „rot“ bewertet, unter den Stadtwerke-Konzernen sind es 44 Prozent (40 von 91). Betrachtet man Kommune und zugehörigen Stadtwerke-Konzern gemeinsam, ist in jedem dritten Fall (32 Prozent) eine der beiden beteiligten Parteien mit „gelb“ und die andere gleichzeitig mit „rot“ bewertet. Das bedeutet, dass sich hier entweder die Kommune oder der zugehörige Stadtwerke-Konzern in einer „eher unbefriedigenden“ und sein Pendant gleichzeitig in einer angespannten wirtschaftlichen Lage befinden.

Risikofaktor Energiewende

Drei Viertel (76 Prozent) der in die Kategorie „gefährdet“ eingestuften Stadtwerke führen in ihren Geschäfts- und Lageberichten die Energiewende als Grund für ihre unbefriedigende wirtschaftliche Lage auf oder sehen darin ein wesentliches Risiko. Mit 71 Prozent ebenfalls häufig angeführt wird der gestiegene Preis- und Wettbewerbsdruck. Fast alle mit „rot“ klassifizierten Stadtwerke benennen einzelne Konzernsparten, die aus ihrer Sicht ein finanzielles Risiko oder eine wirtschaftliche Belastung für das Unternehmen darstellen. Am häufigsten wird hierbei (in 76 Prozent der Fälle) der Öffentliche Personennahverkehr genannt.

Mathias Oberndörfer, für den öffentlichen Sektor zuständiger Bereichsvorstand bei KPMG: „Trotz voller Steuerkassen und rosiger Zeiten für die Wirtschaft hat sich die Lage der kommunalen Konzerne in den größten Städten Deutschlands in den vergangenen zwei Jahren kaum verbessert. Die Ursache liegt in der Verschuldung. In vielen Kommunen laufen Haushaltssicherungskonzepte weiter, um einen weiteren Schuldenabbau zu ermöglichen. Bei den Stadtwerken können Anpassungen der Organisationsstruktur, der Aufbau neuer Geschäftsfelder oder Investitionen in erneuerbare Energien enorme Kosten verursachen. Dabei nimmt der Druck auf die Stadtwerke zu, denn Digitalisierung oder autarke Stromversorgung können traditionelle Geschäftsfelder zunehmend gefährden. Das alles erfordert, den ‚Konzern Kommune‘ als Ganzes noch stärker unter die Lupe zu nehmen.“

Info: In die KPMG-Untersuchung wurden 91 kommunale Konzerne der 100 größten Städte in Deutschland einbezogen (mit mehr als 80.000 Einwohnern, ohne Stadtstaaten) und dazu die öffentlich verfügbaren Daten der Jahre 2013 bis 2017 ausgewertet.