Kempten wird zur Smart City

Kempten will zur nachhaltigen Allgäumetropole und lebendigen Begegnungsstadt werden. Dafür wurden Maßnahmen in vier Bereichen entwickelt. Foto: Adobe Stock/Manuel Schönfeld

Die Bundesregierung fördert die Entwicklung smarter Städte. Kempten hat in der dritten Förderrunde den Zuschlag bekommen und will sich mit vier erklärten Zielen auf den Weg in die Zukunft begeben.

Mit dem Förderprogramm „Modellprojekte Smart Cities“ unterstützt die Bundesregierung Kommunen dabei, die Digitalisierung strategisch im Sinne einer integrierten, nachhaltigen und gemeinwohlorientierten Stadtentwicklung zu gestalten. Die Gewinner der dritten Förderrunde wurden im Juli 2021 bekanntgegeben. Sie stehen unter dem Motto „Gemeinsam aus der Krise: Raum für Zukunft“. Die Stadt Kempten (Allgäu) wurde als eine von drei Städten im Bundesland Bayern ausgewählt.

Der historischen Allgäu-Metropole Kempten am Nordrand der Alpen kommt als Oberzentrum mit gut 70.000 Einwohnern eine zentrale Versorgerrolle zu. Sie ist das Zentrum für Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung. Dabei verbindet die Stadt Herzlichkeit, Tradition und Moderne. Aber: Die Herausforderungen des innerstädtischen Strukturwandels, des Klimawandels, der Corona-Pandemie und die hohe Belastung durch den motorisierten Individualverkehr schränken die kommunale Handlungsfähigkeit im Sinne einer Daseinsvorsorge ein.

Smart-City-Ökosystem aus regionalen Partnern

Vor diesem Hintergrund hat sich Kempten die Aufgabe gestellt, die Möglichkeiten der Digitalisierung besser zu nutzen und die Transformation hin zu einer digital nachhaltigen Stadt einzuleiten. Dabei stehen immer die Menschen im Vordergrund: Die Bürgerinnen und Bürger sind eingeladen, die Smart City Kempten mitzudenken und mitzugestalten.

Kempten hat in Sachen Smart City schon Vieles geleistet. Umsetzungsbeispiele sind das 3D-Stadtmodell, das die Planung und Visualisierung von Vorhaben und Analysen erleichtert, sowie die Erprobung einer autonom fahrenden Kehrmaschine. Die Auswahl als Modellprojekt im Rahmen des Bundesprogramms und die damit verbundenen finanziellen Mittel bieten ganz neue Perspektiven und Möglichkeiten.

Das Förderprogramm umfasst ein Finanzierungsvolumen von insgesamt 17,5 Millionen Euro, der Fördersatz beträgt 65 Prozent. Der Bewerbung war im Juli 2020 ein Beschluss des Stadtrates vorausgegangen. Das Modellprojekt ist auf fünf Jahre angelegt und sieht eine Strategieentwicklung (1 Jahr) und Umsetzung von konkreten Maßnahmen und Projekten (4 Jahre) vor. Passend zum Kemptener Motto der Bewerbung „Gemeinsam neue Räume schaffen“ arbeitet die Stadt bereits seit der Bewerbungsphase eng mit einem starken Smart-City-Ökosystem aus regionalen Partnern, Akteuren und Stakeholdern aus Wirtschaft, Wissenschaft und Stadtgesellschaft zusammen.

Stadtentwicklungspolitische Ziele

Ausgehend von den Alleinstellungsmerkmalen und stadtentwicklungspolitischen Zielen sollen zahlreiche Maßnahmen die digitale Daseinsvorsorge ausbauen und die kommunale Handlungsfähigkeit gewährleisten. Dafür hat sich die Stadt Kempten vier Zukunftsaufgaben gestellt:

  1. Kempten für die Region: Überregionale Vernetzung und Aufbau von Strukturen und Prozessen für den Datenaustausch.
  2. Aktive und soziale Bürgerstadt mit Tradition: Beteiligung, digitale Medienbildung und Daseinsvorsorge.
  3. Nachhaltige Allgäu-Metropole: Umwelt- und Klimaschutz.
  4. Florierendes und lebenswertes Stadtzentrum: von der Konsum- zur lebendigen, resilienten Begegnungsstadt.

Jede Zukunftsaufgabe wird durch konkrete Maßnahmen unterstützt:

  • Zukunftsaufgabe 1: Im Digital Cooperation Lab (DCL) findet die Vernetzung von Stadtkonzern, Bürgern und Partnern sowie die Entwicklung von Strategien zu Datensouveränität und -ethik statt. Flächendeckendes Long Range Wide Area Network (LoRaWan) ergänzt die Basisinfrastruktur des Digitalen Zwillings und ermöglicht die Anbindung von Sensorik im Stadtraum.
  • Zukunftsaufgabe 2: Das Digital-Makerspace.Mobil (DMM) bietet jungen Menschen den Einstieg in innovative Technologien. Das DMM trägt zur Medienbildung bei und ist lokale Begegnungsstätte
  • Zukunftsaufgabe 3: Durch Urban Farming werden Freiflächen für eine gemeinschaftliche Nutzung und das Entwickeln, Testen und Erleben smarter Lösungen wiederbelebt. Das Klimaschulkonzept als Blaupause wird auf die Region ausgeweitet. Eine digitale Warnung bei Starkregen wird eingeführt.
  • Zukunftsaufgabe 4: Eine „digitale und resiliente Innenstadt“ tritt dem Strukturwandel entgegen. Frequenzmessungen evaluieren Marketingmaßnahmen. Leerstände werden mit einem digitalen Leerstandsmanagement für Pop-Up-Stores genutzt.

Die Maßnahmen schaffen gleichzeitig digitale und analoge Räume, um Tradition und Innovation zu vereinen. Im Mittelpunkt steht die Vernetzung des Smart-City-Ökosystems durch einen sektorenübergreifenden Digitalen Zwilling. Mit 3D-Visualisierung kombiniert mit Sensorik sollen Anwendungsszenarien der Verkehrssimulation, smarten Energieversorgung und des Smart Urban Planning entwickelt werden.

Zur Steuerung des Gesamtprozesses und der Entwicklung einer Smart-City-Strategie wird eine Stabsstelle eingerichtet, die dem Oberbürgermeister unterstellt ist und den digitalen Wandel in Kempten und der Region gestaltet. Den Prozess begleiten ein Fachbeirat mit Experten sowie eine Lenkungsgruppe aus Vertretern der Verwaltung und Kooperationspartner. Das Projekt startet im Jahr 2022 offiziell. Dagmar Lazar, Stefan Sommerfeld.

Die Autoren: Dagmar Lazar und Stefan Sommerfeld sind Mitarbeiter der Stadtverwaltung Kempten.