In Kaiserslautern werden wertvolle Erfahrungen mit der multifunktionalen Nutzung und Steuerung der LED-Straßenbeleuchtung gesammelt. Bewegungsmelder und Taster realisieren verschiedene Bedarfsanforderungen. Mit den Ergebnissen der Tests lassen sich Smart-City-Konzepte konkretisieren.
Die Digitalisierung des öffentlichen Raums ist Teil einer Smart City. Sensoren und Aktuatoren sollen in den Städten von morgen installiert werden, um intelligente Lösungen für die Stadtgesellschaft zu ermöglichen. Bestehende Infrastrukturen, wie etwa die Straßenbeleuchtung, spielen dabei eine zentrale Rolle. Montagepunkte, Stromversorgung, Anschluss an ein Datennetz – per Funk, Faser oder Kabel – sind dazu notwendig. Die DIN SPEC 91347 „Integrierter multifunktionaler Humble Lamppost (imHLa)“ zeigt eine Vielzahl von möglichen Nutzungen einer Straßenleuchte auf. Einiges davon ist Zukunftsmusik, wir können aber heute bereits aus einer Vielzahl von Lösungen wählen, um das Leben für die Bürger angenehmer zu machen sowie Kosten und Effizienz für die Betreiber neu zu definieren.
Die pfälzische Stadt Kaiserslautern mit etwas über 100.000 Einwohnern besitzt auf einer Fläche von 146 Quadratkilometern etwa 14.500 Lichtmasten mit rund 17.000 Lichtpunkten. Verantwortlich für Planung, Ausbau und Betrieb ist das Referat Tiefbau der Stadtverwaltung.
Der Umbau der Straßenbeleuchtung begann im Jahr 2011 mit dem primären Ziel, mit LED-Leuchtmitteln Energie zu sparen. Bisher wurde rund ein Drittel aller Leuchten modernisiert. Für eine zweite Welle wurde im Jahr 2019 erprobt, wie die Leuchten individuell zentral gesteuert werden können. Um mehr Funktionen an den Mast zu bringen, wurden die Anforderungen in Richtung einer „Smart City Infrastructure“ erweitert.
Durch die Versorgung mit Dauerstrom, dem Bereitstellen eines zuverlässigen breitbandigen Netzes und einer flexiblen, leistungsstarken Kontrolleinheit soll eine Plattform mit standardisierten Anschlüssen und Logiken bereitgestellt werden, um Sensoren und Aktuatoren zu betreiben. Die Installation von Elementen wie Temperatursensoren, Anzeigeelementen oder WLAN-Access-Points soll möglichst einfach durchgeführt werden können, die Integration in ein Smart-City-System zur Datenerfassung und Steuerung automatisch erfolgen.
Diese Plattform kann dann auch für die innovative Beleuchtungssteuerung genutzt werden. Über Verknüpfungen mit dem städtischen Veranstaltungskalender sind Leuchtszenarien für An- und Abfahrt bei Großveranstaltungen möglich. Die Sensorik kann verknüpft werden, um bedarfsgerechte Lichtsteuerung intelligent zu machen.
Die Ziele für die Erneuerung der Beleuchtung sind:
-
Weitere Energieeinsparung über bedarfsgerechte Beleuchtung und ortsbezogene Schaltzeiten,
-
Erhöhung der Sicherheit, auch durch subjektive Wahrnehmung („gefühlte Sicherheit“),
-
Reduzierung der Lichtverschmutzung durch neuartige LED-Module mit auf den Standort angepasstem Abstrahlverhalten,
-
Steuerung der Lichtszenarien und einzelner Leuchten durch einen erweiterten Kreis befugter Personen, wie etwa aus der Integrierten Leitstelle von Feuerwehr, Katastrophenschutz und Rettungsdiensten heraus.
Vier wesentliche Anforderungen sind der Bau im Bestand (Weiternutzung bestehender Infrastruktur), die Integration der neuen Lösung in die Systeme und Prozesse der Stadt, die Offenheit der Komponenten zum Anschluss beliebiger Sub-Systeme sowie offene Schnittstellen der Steuersysteme (Aufsetzung externer Logik).
Eine erste Realisierung zur Evaluation der Ideen fand im Mai 2019 im Fauthweg statt. Der Fußweg verbindet den Hauptbahnhof mit einem Wohngebiet, das auch bei Pendlern beliebt ist, weil man dort kostenfrei sein Fahrzeug tagsüber abstellen kann. Zehn Leuchtenstandorte wurden mit Leuchten vom Typ Siteco SL11 ausgestattet. Die Steuerung erfolgt über Edge-Devices der Firma ICE Gateway, die mittels SIM-Modulen die Verbindung über LTE zu einer zentralen Steuereinheit aufbauen. An die Gateways wurden die Controller sowie Aktuatoren und Sensoren angeschlossen. Leuchten ohne Gateway werden durch 868-MHz-Funk von ihren Nachbarleuchten angesprochen.
An zwei Masten wurden Gobo-Projektoren und ein Temperaturfühler angebracht. Da an einer Stelle des Wegs im Winter früh Glatteis entstehen kann, wird bei Temperaturen ab drei Grad Celsius eine Warnung auf den Weg projiziert. Bewegungsmelder und Taster realisieren verschiedene Bedarfsanforderungen. Die Realisierung wurde bewusst etwas komplexer entworfen, als für den Fauthweg notwendig, um die Eignung für die zukünftige Smart-City-Plattform zu bewerten. Es hätte ein Gateway ausgereicht.
Für die „Logik am Mast“ wurden etwa 30 Produkte betrachtet. Die Auswahl der Komponenten erwies sich als komplex, weil viele Anbieter unterschiedlicher Größe neue Produkte anbieten. Anhand der öffentlich verfügbaren Informationen konnte, auch wegen fehlender Standardisierung, oftmals die Eignung nicht vollständig beurteilt werden.
Komplexes System wird zentral gesteuert
Grundsätzlich sind Straßenleuchten für die Installation von Smart-City-Komponenten geeignet. Unpraktisch ist, dass mehrere Spannungsversorgungen erforderlich sind. An einem Mast wurden Transformatoren für 12, 24 und 48 Volt verbaut, um die Sensoren mit den erforderlichen Spannungen zu versorgen. Auch hier wäre eine Vereinheitlichung wünschenswert, vor allem für den Austausch von Geräten durch Produkte anderer Hersteller.
Das Zusammenspiel der Komponenten erfolgt in einem zentralen Steuerungssystem und nicht an den Leuchten vor Ort. Die Signallaufzeiten und die nicht vollständig zuverlässige Datenübertragung machen die Steuerungsaufgabe komplex. Eine Zustandserkennung bei Aktuatoren ist zwingend erforderlich. Die Schnittstelle DALI 1 ist nicht ausreichend.
Die Marktanalyse zu Bewegungsmeldern hätte intensiver durchgeführt werden müssen, denn die Eignung hängt von den Gegebenheiten vor Ort ab. Anzahl und Größe der überwachten Felder sowie Art und Geschwindigkeit der Objekte spielen für die Zuverlässigkeit der Erkennung eine wesentliche Rolle. Die Integration der Sensoren an die Edge-Geräte kann vielfältig erfolgen. Das Zusammenspiel mehrerer Signalquellen kann schnell komplex werden.
Eine identifizierte Fragestellung ist, ob die Logik für die bedarfsgerechte Schaltung in einer Zentrale oder am Mast realisiert werden soll. Findet sie lokal statt, so können Lösungen verwendet werden, die sich auf diesen Aspekt der Smart City konzentrieren. Zentrale Lösungen sind in der Regel offener, aber die Laufzeiten führen zu keiner angemessenen Reaktionszeit bei manuellen Anforderungen.
Die Bevölkerung zeigt sich dem Projekt gegenüber aufgeschlossen und interessiert. Erste Rückmeldungen bestätigen, dass durch das neue Licht das subjektive Sicherheitsgefühl gestiegen ist.
Die Ergebnisse wurden bereits genutzt, um eine weitere Strecke zu planen. Danach werden noch etwa fünf weitere Straßenabschnitte ausgerüstet, um Erfahrungen mit unterschiedlichen Topografien, Vegetationen, Verkehrsaufkommen und Verkehrsmittelarten zu sammeln. Erst danach wird eine Grundsatzentscheidung für die Smart-City-Plattform und den weiteren Ausbau der Steuerung von Straßenleuchten für die Stadt Kaiserslautern erstellt.
Frank Huber / Arno Schönau / Sebastian Staab / Martin Verlage
Die Autoren
Frank Huber ist Mitarbeiter der Digitalisierungsagentur KL-digital der Stadt Kaiserslautern, Arno Schönau ist Abteilungsleiter Straßenbeleuchtung (Referat Tiefbau) der Stadt, Sebastian Staab ist Leiter Referat Tiefbau, Dr. Martin Verlage ist Geschäftsführer von KL-digital