Jetzt nur keine Fehler bei der kommunalen Beschaffung machen

Atemmasken, Lazaretteinrichtung oder IT-Equipment fürs Homeoffice – aktuell müssen viele öffentlich-rechtliche Beschaffungen binnen Tagen erfolgen. Zu der Frage, wie solche Dringlichkeitsvergaben zu handhaben sind, hat jüngst das Bundeswirtschaftsministerium eine Handreichung publiziert. Vergaberechtsexperte Thomas Bernd fasst die wesentlichen Punkte zusammen und unterlegt sie mit praktischen Beispielen.

Der Schwellenwert, um für Corona-bedingte Beschaffungen nicht wenigstens drei Angebote anfragen zu müssen, liegt bei 214.000 Euro. Unterhalb dieses Betrags kann ein Auftrag „freihändig an den Partner ihres Vertrauens“ vergeben werden, sagt Thomas Bernd, der als Fachanwalt bei der Kanzlei Eisenbeis in Saarbrücken tätig ist. Oberhalb dieses Betrags müssen weiterhin mindestens drei Angebote eingeholt werden, die angesichts der Dringlichkeit auch mit Fristen von nur wenigen Stunden hinterlegt werden dürfen. Bernd: „Wenn innerhalb dieser Frist nur ein Angebot eingeht, ist das Verfahren rechtskonform und es kann der Auftrag an diesen Bieter zu dessen Preis vergeben werden.“

Einzelne Positionen nicht separat ausschreiben

Das kann passieren, wenn etwa ein Lazarett ausgeschrieben wird, für das Container oder beheizbare Zelte, Feldbetten, Bettwäsche, medizinisches Gerät und vieles mehr benötigt werden. Hier dürfen die einzelnen Positionen nicht separat ausgeschrieben werden, um unter dem Schwellenwert und damit der gesetzlich vorgeschriebenen Ausschreibung zu bleiben. Bernd: „Es gibt bundesweit mehr als nur drei Krankenhausausstatter, die jeder Krankenhausträger kennt.“ Die seien damit vertraut, Komplettpakete zu schnüren, innerhalb derer sie dann etwa eine Mischkalkulation machen.

Ähnlich verhält es sich mit Kommunen und anderen Behörden, die seit dem 16. März Corona-gemäße Vorschriften einhalten mussten und deshalb etwa Feuerwehreinsatzzentralen zu Großraumbüros ausstatten, um sowohl dort wie im Rathaus die Abstandsregel von zwei Metern pro Person einzuhalten. Hier muss der Verantwortliche die Gesamtkosten für Schreibtische, PCs und anderes Ausstattungselemente kalkulieren. Kommt er dabei über den Schwellenwert, müssen gleichfalls für jedes einzelne Gewerk drei Angebote eingeholt werden.

Schlimmstenfalls droht die persönliche Haftung

Bernd empfiehlt eindringlich, auch jetzt in Corona-bedingten Stresszeiten die Bestimmungen der Dringlichkeitsvergabe nicht zu unterlaufen. Denn es könne mancher, der sich übervorteilt fühle oder politischen Vorteil daraus schlagen wolle, im Nachhinein eine Vergabe juristisch anfechten. Schlimmstenfalls kann sich eine persönliche Haftung bis hin zu Ermittlungen wegen Korruptionsstraftaten ergeben. Diese ist mit Geld- und Haftstrafen bis zu drei Jahren bewehrt. In besonders schweren Fällen oder bei Wiederholung drohen auch Entlassung aus dem Staatsdienst oder Kürzung oder gar Verlust von Pensionsansprüchen. Haftbar sei immer der Behördenchef, erklärt Bernd, etwa der Bürgermeister oder Landrat. In vielen Fällen seien aber auch Abteilungs- und Amtsleiter mit in der Haftung, teils bis zum Sachbearbeiter.
Red.

Der Autor
Thomas Bernd ist Fachanwalt für Vergaberecht bei Eisenbeis Partner in Saarbrücken