Intelligente Ampeln sorgen für „grüne Welle“

Ampel; Verkehr; Straße
Mit Hilfe von Verkehrs-Apps sollen Autos weniger an roten Ampeln halten müssen – so verbrauchen sie weniger Kraftstoff und stoßen weniger CO2-Emissionen aus. Foto: Adobe Stock/Ralf Gosch

Ein Ampelphasenassistent kann Rad- und Autofahrenden helfen, an ihr Ziel zu kommen, ohne vor roten Ampeln anhalten zu müssen. Verkehrs-Apps, die solche Systeme nutzen, sind in einigen Kommunen bereits im Einsatz – beispielsweise in Kassel, Wiesbaden und Frankfurt am Main.

Flüssig durchs Stadtgebiet kommen: Das soll mit Hilfe von Verkehrs-Apps möglich sein. Das Ziel: Dank der intelligenten Verkehrsinfrastruktur soll der CO2-Ausstoß der Autos sinken. Auch Radfahrende sollen durch die Apps flüssiger ans Ziel kommen. In einigen Kommunen kommen solche Apps bereits zum Einsatz.

Eine der ersten Städte, die sich dafür entschieden haben, ist das nordhessische Kassel. Dort ist bereits seit einigen Jahren die Smartphone-App „trafficpilot“ im Einsatz. Mithilfe des Ampelphasenassistenten für Verkehrsteilnehmende sollen dabei unnötige Halte vor Ampeln möglichst vermieden werden.

An einem solchen Ampelphasenassistenten haben das Straßenverkehrs- und Tiefbauamt Kassel, das Fachgebiet Verkehrstechnik und Transportlogistik der Universität Kassel sowie die Firma Gevas Software aus München zuvor in unterschiedlichen Forschungs- und Förderprojekten gearbeitet. „Besonders gut finde ich, dass bei solchen technischen Lösungen von Anfang an auch der Radverkehr mit in den Blick genommen wird“, sagt Verkehrsdezernent Christof Nolda.

Unterwegs in der Stadt im „grünen Teppich“

Die App zeigt vor den Ampelanlagen einen „grünen Teppich“ an. Befinden sich Fahrrad- oder Autofahrende innerhalb dieses Teppichs, können sie an der nächsten Ampel mit einer hohen Wahrscheinlichkeit mit „Grün“ rechnen. Befinden sich die Fahrenden nicht innerhalb des Teppichs, können sie die eigene Geschwindigkeit entsprechend anpassen, um einen Halt vor der Ampel zu vermeiden.

Die App kann dadurch zu weniger Kraftstoffverbrauch und zu einer Verringerung von Emissionen beitragen. Sie ermöglicht zudem ein Fahrradfahren mit weniger Stopps. Der Ampelphasenassistent ist außerdem in der Lage, vor der Haltelinie für wartende Fahrrad- oder Autofahrende einen „Countdown“ anzuzeigen, der angibt, wann mit der nächsten Grünphase zu rechnen ist.

Der „grüne Teppich“ wird aus aktuellen und historischen Verkehrsdaten der entsprechenden Ampelanlage sowie aus der aktuellen Position des Fahrzeugs berechnet. Eine Herausforderung bei der Prognose der Grünphase sei die flexible verkehrsabhängige Steuerung der Ampelanlagen in Kassel, sagen die Verantwortlichen. Die Ampeln in Kassel reagieren individuell auf Anmeldungen von Bussen (durch Funksignale), von Fußgängern (durch das Drücken von Tastern) oder von Kraftfahrzeugen (beispielsweise durch das Erfassen über Induktionsschleifen in der Fahrbahn).

Sinnvolle Unterstützung

Dadurch lasse sich die Grünphase nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit vorhersagen, die aber bei allen in der App angezeigten Ampeln bei über 85 Prozent liege. Fällt der Wert für die Prognosegüte unter den Schwellenwert von 85 Prozent, wird die jeweilige Ampel nicht mehr im Ampelphasenassistenten angezeigt. Das bedeutet aber auch, dass in ein bis zwei von zehn Fällen die Prognose falsch sein kann. Diese Problematik lasse sich noch nicht optimal lösen.

Trotzdem sehen die Verkehrsingenieure des Kasseler Straßenverkehrs- und Tiefbauamtes den „trafficpilot“ als sinnvolle Unterstützung an. Der Nutzen soll mit fortlaufender Optimierung und Einspeisung weiterer Ampelanlagen in das System weiter zunehmen. Zudem sei der Ampelphasenassistent ein Schritt zum vernetzten und zum automatisierten Fahren.

Gut funktioniere der Ampelphasenassistent an Ampelkreuzungen, die sehr konstant schalten. An insgesamt 160 der 220 Ampeln, die sich in Kassel befinden, werde der Dienst bereits für mindestens eine Richtung angeboten.

Die Realisierung des Projekts wurde durch Mittel aus dem Kommunalinvestitionsprogramm (KIP) des Bundes ermöglicht. Neben der Anschaffung der Server und der Software für den „trafficpilot“ mussten auch die Datennetze der Ampelanlagen modernisiert werden.

Stadtverkehr wird flüssiger

Auch in Frankfurt am Main ist die Verkehrs-App „trafficpilot“ im Einsatz. Im Rahmen des „Masterplans NOx-Minderung“ wurde 2022 eine stadtweite Schaltzeitprognose an Ampelanlagen entwickelt, gefördert durch das „Sofortprogramm Saubere Luft“ der Bundesregierung.

„Unser Frankfurt ist seit den Anfängen der digitalen Verkehrssteuerung deutschlandweit führend und betreibt eine der modernsten Verkehrsleitzentralen der Republik“, so Stadtrat Stefan Majer. „Jetzt haben wir die Möglichkeit, die im Sekundentakt dort einlaufenden Informationen von 441 Ampelanlagen für die Bürgerinnen und Bürger erlebbar zu machen.“

Die Entwicklung der App kostete für Frankfurt rund 256.000 Euro. Die Hälfte der Summe wurde mit Bundesmitteln gedeckt. Für Petra Lau, Leiterin des Frankfurter Straßenverkehrsamtes, ist die App ein nächster wichtiger Schritt in der Digitalisierung der Verkehrssysteme. „Seit Jahren arbeiten wir erfolgreich daran, die Mobilität in Frankfurt am Main zukunftsfähig zu gestalten“, so Lau. „Wir sind dank der App dazu in der Lage, unsere Daten direkt weiterzugeben und vernetztes Fahren individuell nutzbar zu machen.“

Indem die App für weniger Halte an Straßenkreuzungen für den Rad- und Autoverkehr sorgt, leiste sie einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Verkehrssicherheit und -effizienz. Das trage dazu bei, Lärm- und Luftschafstoffe zu reduzieren. „Selbstverständlich wird das Produkt fortlaufend weiter verbessert“, betont Lau. Alle relevanten Informationen zur Funktionsweise und Nutzung der Verkehrs-App hat die Stadt Frankfurt auf ihrem Verkehrsinformationsportal main-ziel.de gesammelt und den Bürgerinnen
und Bürgern zur Verfügung gestellt.

Digitalisierung hilft auf der Straße

Auch in der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden ist das Thema intelligente Verkehrssteuerung durch smarte Ampelschaltungen in den Fokus gerückt: Dort ging das Projekt „DIGI-V – Digitalisierung des Verkehrs in Wiesbaden“ an den Start.

Zu diesem Anlass sagte Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende (SPD): „Smarte Ampelschaltungen sind gerade in Städten mit so massivem Verkehrsaufkommen wie in Wiesbaden ein großer Zugewinn. Zukünftig kann das System so viel besser auf stockenden Verkehr und Staus reagieren. Dadurch fließt unser Verkehr in Zukunft hoffentlich wieder flüssiger.“

Die Luft wird sauberer

Alle 227 Ampelanlagen auf dem Hauptstraßennetz von Wiesbaden haben eine neue Steuer- und Sensortechnik. Ergänzend dazu wurden 30 dynamische Verkehrsschilder, die Routenempfehlungen und Hinweise anzeigen können, errichtet. Ein neuer großer zentraler Verkehrs- und Analyserechner kann diese Systeme zusammenfassend betreiben und steuern.

Das „DIGI-V“-Projekt hatte ein Volumen von rund 30 Millionen Euro und wurde vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) mit 15 Millionen Euro gefördert.


Förderung für nachhaltige digitale Mobilitätslösungen

Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) unterstützt die digitale Transformation der urbanen Mobilität und damit zugleich den
Klima- und Gesundheitsschutz in den Kommunen. Im Haushalt 2023 sind Mittel in Höhe von 60 Millionen Euro für die Fortschreibung des Programms vorgesehen – mit einem Fokus auf Klimaschutz. Im zweiten Quartal 2023 startet ein neuer Förderaufruf.


Red.