Der Saale-Orla-Kreis erstellt einen Aktionsplan, um den Alltag für Bürger mit einem Handicap zu erleichtern. Die Behindertenbeauftragte Diana Eckhardt erklärt, wie dieses Ziel erreicht werden soll und warum es auch der Region nützt.
Der Saale-Orla-Kreis setzt sich seit Jahren dafür ein, Bürger mit einer Behinderung zu inkludieren. Wie sieht das konkret in der Praxis aus?
Diana Eckhardt: Wir arbeiten eng mit Kommunen, Trägern und Verbänden zusammen mit dem Ziel, die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung bereits in der Planung von Angeboten und Baumaßnahmen zu berücksichtigen. Der Behindertenverband des Saale-Orla-Kreises ist ein besonders wichtiger Partner, wenn es um inklusive Teilhabeprojekte geht. Als Behindertenbeauftragte prüfe ich Planungen, beispielsweise für Gehwege und Gebäude, hinsichtlich ihrer Barrierefreiheit und gebe Hinweise zur Umsetzung. Gemeinsam mit den Betroffenenverbänden und den ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatungen (EUTB) bieten wir im Saale-Orla-Kreis zudem ein vielfältiges Beratungsangebot zu Unterstützungsmöglichkeiten, Hilfsmitteln oder selbstbestimmtem Wohnen.
Aktuell erarbeiten Sie einen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechts-konvention. Wie gehen Sie dabei vor?
Eckhardt: Eine der größten Herausforderungen ist es, alle Beteiligten an einen Tisch zu bekommen und gemeinsam das Bewusstsein zu entwickeln, was für die gleichberechtigte Teilhabe aller notwendig ist – und dann konkrete Maßnahmen umzusetzen. Wir haben dafür Arbeitsgruppen gebildet, unter anderem zu den Themen Bildung, Wohnen und Mobilität, Arbeit sowie Kommunikation und Teilhabe am öffentlichen Leben. Bisher wurden ausgehend von den Bedürfnissen der Betroffenen erste Ideen zusammengetragen. Nun müssen wir Prioritäten setzen, Finanzierungs- und Umsetzungsmöglichkeiten ausloten. Die Aktionspläne sollen realisierbare Konzepte sein, keine Luftschlösser – etwa ein besserer Zugang von Menschen mit Behinderung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt.
Der Saale-Orla-Kreis ist der erste Landkreis in Thüringen, der einen solchen Aktionsplan erstellt. Welche Hürden spielen dabei für Sie eine Rolle?
Eckhardt: Positiv ist erst einmal das große Engagement: Alle, die am Aktionsplan beteiligt sind, sehen es als ihre Aufgabe, aktiv auf eine Verbesserung der Teilhabemöglichkeiten vor Ort hinzuwirken. Die Erarbeitung des Planes braucht aber viel Zeit, da wir im ländlichen Raum vor anderen Herausforderungen stehen als die kommunalen Akteure in einer größeren Stadt. In einem Landkreis sind beispielsweise mehr Partner zu beteiligen, und die Wege sind für alle Beteiligten weiter.
Wie können Kommunen angesichts knapper Kassen die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung bestmöglich berücksichtigen?
Eckhardt: Leitsysteme, beispielsweise für Menschen mit Sehbehinderung, sind ein wichtiger Faktor bei der Barrierefreiheit. Bei allen Bau- und Umbaumaßnahmen versuchen wir, die Belange von Menschen mit Handicap so gut wie möglich mit den vorherrschenden Bedingungen in Einklang zu bringen. Die finanziellen Mittel spielen aber immer eine Rolle. Umso wichtiger ist es, auf allen Ebenen das Verständnis zu schaffen, dass Barrierefreiheit einen Mehrwert bietet: Sie bedeutet eine Investition in die Zukunft, mit der die Region offen und lebenswert für alle wird. Gute Lösungen lassen sich trotz knapper Kassen umsetzen: Das zeigt beispielsweise ein kostengünstig eingerichteter Aufzug im Stadtmuseum 642 in Pößneck, der die Gäste auf alle Ebenen bringt.
Wie sehen Sie die Perspektive einer möglichst vollständigen Barrierefreiheit?
Eckhardt: Wir haben noch einen langen Weg vor uns. Was wir erreichen wollen, ist eine umfassende und wirksame Partizipation im Alltag und ein Abbau von Vorurteilen – schon in Kita und Schule. Wenn Inklusion selbstverständlich ist, haben wir etwas erreicht.
Interview: Hannah Henrici
Zur Person: Diana Eckhardt ist Behindertenbeauftragte des Saale-Orla-Kreises in Thüringen.