Bei der Modernisierung von bislang 85 Straßen hat sich das Pirmasenser Modell wiederkehrender Beiträge bestens bewährt. Im Ergebnis präsentiert sich ein gut kalkulierbarer und solide zu finanzierender Straßenunterhalt nach einheitlichen Standards. Diesem Beispiel folgen immer mehr Kommunen.
Bis 2020 sieht der Ausbauplan der rheinland-pfälzischen Stadt weitere 42 Anliegerumlagen-finanzierte Projekte vor. Das Straßennetz der Stadt Pirmasens (rund 40000 Einwohner, Rheinland-Pfalz) umfasst 513 Straße und eine Länge von rund 182 Kilometer. Anfang der 1990er-Jahre herrschte in der Straßenunterhaltung eine prekäre Situation. So scheiterten immer wieder trotz grundsätzlicher Zustimmung der Anlieger geplante Sanierungen, weil die einmaligen Ausbaubeiträge zu hoch waren.
In der Folge lag das Ausbauvolumen zwischen 1991 und 2000 bei nur rund 300 000 Euro pro Jahr, was einen Ausbaustau von gut 75 Millionen Euro nach sich zog. Damit einher gingen steigende Kosten zur Verkehrssicherung und eine allgemeine Verschlechterung des Stadtbilds, zumal viele Hauseigentümer angesichts der Gesamtsituation nur verhalten in Fassadenerneuerungen und Verschönerungen investierten.
Auf der Suche nach einer nachhaltigen Lösung kamen die Verantwortlichen auf die im Kommunalabgabengesetz verankerten wiederkehrenden Beiträge (WKB), wie sie seit Ende der 1990er-Jahre in anderen kommunalen Bereichen wie beispielsweise der öffentlichen Abwasserbeseitigung möglich sind. Die Idee lag im Einsatz der WKB auch in der Finanzierung der Straßensanierung.
Zusammen mit Frankenthal gilt Pirmasens hier als Pionier in Rheinland-Pfalz, auch wenn es zunächst noch zu verwaltungsgerichtlichem Widerstand kam. Statt hohe Einmalsummen zahlen dabei die Anrainer vergleichsweise niedrige jährliche Beträge als Anliegeranteile an der Straßensanierung.
35 Millionen Euro für die Stadtkasse
Seit ihrer Einführung im Jahr 2001 zahlt jeder Grundstückseigentümer Cent-Beträge pro Quadratmeter und Jahr für die Erneuerung von Verkehrsanlagen. In 15 Jahren sind so 35 Millionen Euro in die städtische Kasse geflossen. Ergänzt um den kommunalen Anteil konnte man in Pirmasens bereits 85 Straßen mit Gesamtmitteln in Höhe von 62 Millionen Euro sanieren, größtenteils inklusive der zugehörigen Kanalisation. Bis zum Jahr 2020 sollen weitere 42 Straßen folgen.
„Das System der wiederkehrenden Beiträge zur Finanzierung von Straßenausbaumaßnahmen ist für Pirmasens eine absolute Glückskonstellation“, betont Michael Schieler, hauptamtlicher Beigeordneter der Stadt Pirmasens. „Es hilft uns, die Herausforderungen zur Unterhaltung und Instandsetzung der kommunalen Infrastruktur ganzheitlich und dauerhaft tragfähig anzugehen.“
Die Grundlage der Planung bildete die technische Zustandserfassung und Bewertung der anstehenden Projekte in einer Prioritätenliste, auf deren Grundlage die konkreten Straßenunterhalts- und Straßenausbauprogramme festgelegt wurden. Im Ergebnis konnten auch viele Synergien geschaffen werden wie eine gesteigerte Bürgerbeteiligung bei Planungs- und Entscheidungsprozessen. Zudem haben die frei werdenden Investitionen wirtschaftliche Impulse gesetzt. Über 80 Prozent der Aufträge gingen an regionale Unternehmen. Nicht zu unterschätzen ist darüber hinaus die sehr hohe Bürgerakzeptanz, Widersprüche tendieren gegen null. Auch die privaten Investitionen sind wieder angelaufen.
Dabei stellte natürlich das Pirmasenser Problem mit dem Straßenunterhalt keinen Einzelfall dar. Auch andere Kommunen können aus wirtschaftlicher und stadt-entwicklungspolitischer Sicht von einem gut kalkulierbaren und solide zu finanzierender Straßenunterhalt nach einheitlichen Standards und ohne „faule“ Kompromisse profitieren. Und auch die äußerst positiven Effekte auf die Bürgerakzeptanz und Qualität des Stadtbilds, so die Überlegungen der Westpfälzer, lohnen eine Adaption ihres Modells.
Stadt macht ihr Modell bekannt
Vor diesem Hintergrund betrieb die Stadt entsprechende Öffentlichkeitsarbeit. Unter anderem brachte dies 2011 dem Straßenunterhaltungsmanagement einen Sonderpreis beim ADAC-Städtewettbewerb zum Thema „Erfolgskonzepte in der kommunalen Straßenerhaltung“ ein. Eine Vielzahl an Einladungen, Besuchen und Vorträgen, gut funktionierende Amtshilfe und Kooperation auf Fachebene sorgten dafür, dass die gute Idee Schule machte und das Modell insbesondere in Rheinland-Pfalz, aber auch weit darüber hinaus bekannt und übernommen wurde. In Bayern, Thüringen und im Saarland ist das Thema im Jahr 2016 bereits in die Gesetzgebung eingeflossen.
Oberbürgermeister Dr. Bernhard Matheis erklärt: „Das rege Interesse anderer Kommunen hat uns deutlich gemacht, dass wir mit der Problemstellung alles andere als allein dastanden. Zur Freude über die erfolgreiche Umsetzung des Modells bei uns selbst kommt, mit unserem Vorbild sozusagen Schule gemacht und auch anderenorts mit einer guten Idee weitergeholfen zu haben.“
Andreas Becker
Der Autor
Andreas Becker, Rodalben, ist Fachjournalist