Hitzewellen reduzieren

Begrünte Dachflächen können Gebäude kühlen und damit zu niedrigeren Temperaturen in Städten beitragen. Foto: Adobe Stock/Frank

In Städten werden jeden Sommer neue Temperaturrekorde gemessen. Um die Überwärmung zu stoppen oder sogar zurückzuführen, könnten helle Dächer sowie mehr Grün- und Wasserflächen helfen.

Städte sind grundsätzlich wärmer als ihre Umgebung. Eine durch den Klimawandel verursachte Erhöhung der mittleren Temperaturen kann dort deshalb um ein Vielfaches höher sein als in ländlichen Gebieten. Während im Winter ein geringerer Heizenergiebedarf positiv für Geldbeutel und Klima erscheint, steigt im Sommer der Kühlungsbedarf.

Nichtklimatisierte Räume können so warm werden, dass der dauernde Aufenthalt in ihnen mit Gesundheitsrisiken verbunden ist. Das gilt insbesondere für die Nachtruhe, bei der der Mensch einer gewissen Kühle bedarf, um sich richtig zu erholen.

Die Stadtplanung muss daher auch durch bauliche Maßnahmen dafür Sorge tragen, dass die Überwärmung von Städten nicht weiter fortschreitet oder sogar zurückgeführt wird. Denn neben aktivem Klimaschutz werden sich Städte an die heute schon deutlich spürbaren Auswirkungen des Klimawandels anpassen müssen. Wesentliche Handlungsoptionen für die Anpassung von Städten sind unter anderem:

  1. durch helle Gebäudeoberflächen die einkommende Sonnenstrahlung reflektieren, bevor sie den Stadtraum aufwärmen kann,
  2. durch die Anordnung von Gebäuden und Vegetation dafür sorgen, dass die Wärme nicht überall bis zum Bodenniveau vordringt,
  3. durch vermehrte Vegetation und Wasserflächen für eine erhöhte kühlende Verdunstung sorgen.

Bei den nachfolgenden Überlegungen wird als Energiequelle für die Überwärmung der Städte nur von der einkommenden solaren Strahlung und deren Wechselwirkung mit der bebauten Umwelt ausgegangen. Durch Heizen im Sommer, Kühlen im Winter sowie die Abwärme von Industrie und Verkehr kann aber noch zusätzliche Energie in den Stadtraum eingetragen werden.

Zwei Grad kühler

Hellere Gebäudeoberflächen können beispielsweise Dach- und Fassadenflächen sein. Bei Dachflächen erfolgt die Reflektion der einkommenden Sonnenstrahlung weitgehend nach oben. Simulationsrechnungen mit Stadtklimamodellen haben gezeigt, dass man hierdurch Wärmereduzierungen in der Stadt um ein bis zwei Grad Celsius am Boden erreichen kann.

Hellere Fassadenflächen reflektieren hingegen einen größeren Teil der einkommenden Sonnenstrahlung in den Straßenraum, sodass kein Kühlungseffekt für die Stadt zu erwarten ist. Darüber hinaus könnte von diesen Flächen eine unangenehme Blendwirkung für die Bewohner ausgehen.

Simulationsrechnungen haben zudem gezeigt, dass die Erzeugung bodennahen Ozons durch die Reflektion der Sonnenstrahlung in den Stadtraum hinein befördert wird, wenn ausreichend Stickoxide aus Verbrennungsvorgängen und Kohlenwasserstoffe aus Industrieprozessen, Verkehr und Vegetation in der städtischen Luft vorhanden sind. Quellen für diese Kohlenwasserstoffe können auch bestimmte Baumarten wie die Platane sein.

Fassaden- und Dachbegrünung

Neben der Reduktion der Blendwirkung und bodennahem Ozon liegt ein zusätzlicher Nutzen von richtig ausgewählten Straßenbäumen und Fassadengrün in ihrer Filterwirkung, wodurch ein Teil des Feinstaubs aus der städtischen Atmosphäre abgeschieden wird.

Der Hauptkühlungseffekt städtischer Vegetation geht neben dem Schattenwurf vor allem von der Verdunstung aus: Pflanzen nehmen Wasser mit ihren Wurzeln auf und geben die überschüssige Feuchtigkeit über ihre Blätter wieder ab. Dieser Prozess verbraucht einen Teil der Sonnenenergie, setzt aber auch eine gute Wasserverfügbarkeit und bei Fassadenbegrünung zusätzlich eine statische Eignung des Gebäudes voraus.

Auch begrünte Dachflächen können zur Kühlung der Gebäude und damit der Stadtatmosphäre als Ganzes beitragen. Dies funktioniert allerdings nur in Regionen, in denen genügend Niederschlag eine ausreichende Wasserversorgung der Begrünung garantiert. Zudem muss die Statik der Gebäude auf solche zusätzlichen Dachlasten ausgelegt sein.

Parks miteinander verbinden

Neben der Nutzung von Dachterrassen durch die Bewohner kommen vermehrt energetische Nutzungen der Dachflächen durch Solarthermie und Photovoltaik ins Spiel. In einigen Gebieten sind sie bereits teilweise vorgeschrieben. Bei aufgeständerten Solarthermie- und Photovoltaikzellen ist eine gleichzeitige Dachbegrünung durch niedrig wachsende und trockenresistente Pflanzen vorstellbar.

Innerstädtische Parks mit Baumbestand und kleineren Wasserflächen können kühle Oasen im überwärmten Stadtraum darstellen und der Bevölkerung zur Erholung dienen. Die Kühlungswirkung reicht allerdings nur wenige hundert Meter in dichte Umgebungsbebauung hinein.

Für einen gesamtstädtischen Effekt ist es deshalb wichtig, diese „kühlen Orte“ miteinander zu verbinden – zum Beispiel durch begrünte Straßenbahntrassen. Des Weiteren gilt: Nicht jede Baumart wird mit den zukünftigen Klimabedingungen zurechtkommen. Ein Umdenken in der Artenwahl ist in Zukunft unumgänglich.

Windtürme ziehen warme Luft heraus

Eine ausreichende Durchlüftung mit kühlerer Luft aus der Umgebung kann ebenfalls die Überwärmung von Städten reduzieren. Hierzu muss die Stadtplanung ausreichende „Frischluftschneisen“ von blockierender Bebauung freihalten.

Eine Belüftung von Gebäuden und Stadtquartieren durch sogenannte Windtürme stellt ein weiteres, interessantes stadtplanerisches Element dar. In den Wüstenregionen des Vorderen Orients gibt es solche Windtürme teilweise bereits seit mehreren Jahrhunderten.

Wenn ausreichend Wind verfügbar ist, was in Küstenregionen und in der Nähe größerer Gebirge fast immer der Fall ist, zieht die über die Windtürme hinwegstreichende Luft über die Schlote in diesen Türmen die warme Luft aus den Gebäuden und dem Straßenraum heraus. Wenn man zusätzlich die nachströmende Luft unterirdisch über teilweise mit Wasser gefüllte Kanäle heranführt, kann man auch für eine angenehme Befeuchtung der Luft sorgen und so das Innenraumklima deutlich verbessern. Das Attraktive an einer solchen Lösung: Hierfür ist kein Energieaufwand notwendig.

Lösungen für die Stadt der Zukunft gibt es also. Nun ist es wichtig, diese Optionen gezielt für die jeweiligen Standortbedingungen anzuwenden. Eine Hilfestellung dafür kann das neue numerische Stadtklimamodell Palm-4U bieten, das den Nutzen der oben genannten Maßnahmen simulieren und abschätzen kann.

Die Autoren: Dr. Joachim Fallmann und Dr. Stefan Emeis sind Forscher am Karlsruher Institut für Technologie, Institut für Meteorologie und Klimaforschung, in Karlsruhe und Garmisch-Partenkirchen.