Gut managen in Zeiten des digitalen Wandels

Zu den wichtigen Bezugspunkten in den neuen Führungssystemen gehören Partizipation, Kompetenzentwicklung, Innovation, Mitbestimmung und Selbstorganisation. Foto: Adobe Stock/insta_photos

Wie können Führungskräfte den dynamischen Entwicklungen in der modernen Arbeitswelt gerecht werden? Diese Frage beantwortet Bernd Dworschak vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO).

Der digitale Transformationsprozess der Arbeitswelt erlebt durch die Corona-Pandemie und die enormen Entwicklungssprünge immer leistungsfähigerer Technologien eine große Dynamik. Doch nicht erst seitdem immer mehr Beschäftigte im Homeoffice arbeiten, erfordern neue technologische Systeme auch neue Formen der Arbeitsorganisation und Kompetenzentwicklung.

Soziale und technologische Innovationen sind ineinander verwobenen und beeinflussen sich wechselseitig. Im Fokus steht die Frage, wie Führung und Management im digitalen Transformationsprozess der Arbeitswelt soziale und technische Innovationen fördern können. Kompetenzentwicklung, Partizipation, Innovation, Mitbestimmung und Selbstorganisation sind in den neuen Führungssystemen wichtige Bezugspunkte.

Qualifizierung von Führungskräften in neuen Lernwelten

Hier setzt das Projekt „Ella 4.0 – Gute Führung und Arbeit in der soziodigitalen Transformation“ an. Das Projekt zielt darauf ab, Führungskräfte unterschiedlicher Hierarchieebenen im Zuge der digitalen Transformation bei ihren Führungsaufgaben zu unterstützen und zur Gestaltung guter Arbeit in der digitalisierten Welt zu befähigen. Es wird untersucht, wie Führung als Funktion der innovativen Arbeitsorganisation neu betrachtet werden muss und welche Rolle Partizipation und Mitbestimmung sowie die Fähigkeit zur Selbstorganisation und Innovation in neuen Führungssystemen spielen und ermöglicht werden können.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt im Thema „Interaktionskompetenz“ und der Frage, wie digitale Kompetenzen gefördert werden können und wo der größte Qualifizierungsbedarf besteht. Bei Interaktionskompetenz handelt es sich um ein ganzes Kompetenzbündel, bestehend aus:

  • digitale und Medienkompetenz
  • analytische und Planungskompetenzen
  • wirtschaftliche Kompetenzen
  • Führungskompetenzen
  • persönliche Kompetenzen
  • Fachkompetenzen

Für Führungskräfte stellt sich bei den „digitalen Kompetenzen“ beispielsweise vor allem die Auseinandersetzung damit, welches Medium für welche spezifische Situation am besten geeignet ist, als eine wesentliche Kompetenz heraus. Hier steht in der Regel eine große Auswahl an verschiedenen Werkzeugen zur Verfügung, bei der es die Übersicht zu bewahren gilt. Eine gute Auffassungsgabe, um Situationen schnell und möglichst in ihrer Vollständigkeit zu erfassen, wird von den Organisationen bei den „analytischen und Planungskompetenzen“ hervorgehoben.

Bei den „Führungskompetenzen“ ist es der Umgang mit Menschen. Beschäftigte müssen als Individuen betrachtet werden, deren Potenzial zunächst erkannt werden muss, damit diese sich anschließend entsprechend weiterentwickeln können. Hinsichtlich der „Fachkompetenzen“ sind folgerichtig das Fachwissen und Grundverständnis zum Prozesswissen besonders relevant. Bei den „persönlichen Kompetenzen“ werden mit der persönlichen Weiterentwicklung des Führungsstils, der Fähigkeit Unsicherheit ertragen zu können, der sozio-emotionalen Selbstkompetenz sowie der Lernbereitschaft und -fähigkeit einer Führungskraft gleich mehrere spezifische Kompetenzen von den Organisationen als besonders relevant identifiziert.

Führung als Interaktionsarbeit

Auf den ersten Blick überraschend scheint der große Überhang an „persönlichen Kompetenzen“ zu sein, die es zu entwickeln gilt. Mit dem Wandel durch Digitalisierung einhergehend verändern sich auf struktureller Ebene im Unternehmen die Abläufe, Prozesse und Aufgaben, Projektarbeit hält Einzug und verändert somit auch die Art und Weise, wie zusammengearbeitet wird.

Betrachtet man Führung als Interaktionsarbeit, kann diese Entwicklung nicht ohne Auswirkung auf die Art und Weise, wie geführt wird bleiben, da sich Führende und Geführte im Austausch befinden. Es lässt sich also zusammenfassen: Durch Eigenverantwortung und Selbststeuerung wird vermehrt die Autonomie der Beschäftigten in der Leistungserbringung gefördert. Das partizipative Element in der Entscheidungsfindung und Lösungsgestaltung organisationaler Problemstellungen kann zudem die Akzeptanz und das Commitment der Beschäftigten steigern. Bernd Dworschak

Der Autor: Bernd Dworschak ist Leiter des Teams Kompetenzmanagement am Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) in Stuttgart.