Grüner Wasserstoff: ein Problemlöser?

Regenerativ erzeugter Strom und Speichermöglichkeiten werden dringend gebraucht. Grüner Wasserstoff ist beides: Energieträger und Speichermedium. Foto: Adobe Stock/magann

Grüner Wasserstoff ist der Schlüssel zur Energiewende: Das betont Wissenschaftsjournalistin Monika Rößiger im Gespräch mit „der gemeinderat“. Sie will das Thema einer größeren Öffentlichkeit zugänglich machen.

Eine kräftige Brise wehte, aber die Windräder standen still: Dieser Moment in Nordfriesland im Bürgerwindpark Ellhöft war entscheidend für Monika Rößiger – und führte dazu, dass sie sich intensiv mit dem Thema grüner Wasserstoff zu beschäftigen begann. Also mit Wasserstoff, der aus Wasser mit Hilfe von Ökostrom hergestellt wird (Elektrolyse).

Damals im Jahr 2019 in Nordfriesland standen die Windräder still, weil der Strom gerade nicht ins Netz eingespeist werden konnte. Und weil es keine Speichermöglichkeiten gab. „Das ist eine Verschwendung von Ökostrom, den wir doch dringend brauchen“, betont Rößiger. „Deshalb ist es besser, ihn zur Produktion von Wasserstoff zu nutzen.“ Der lasse sich vielseitig einsetzen, zum Beispiel im Verkehrssektor oder in der Industrie.

Oder man speichert den grünen Wasserstoff im Erdgasnetz, für Zeiten, wenn die Sonne nicht scheint, der Wind nicht weht. Das sei ein Vorteil gegenüber Batterien: „Im Gasnetz kann die Energie sehr lange gespeichert werden. Bei der Wasserspaltung entsteht zudem Wärme, die wir für die Wärmewende nutzen können.“ Und Sauerstoff, der etwa für Kläranlagen interessant ist. „Die Nutzung von überschüssigem Ökostrom für die Elektrolyse wird uns auf dem Weg der Energiewende entscheidend weiterbringen“, so Rößiger: „Weil Wasserstoff Energieträger und Speichermedium zugleich ist. Weil er uns die Chance gibt, auf Erdöl, Kohle und Erdgas zu verzichten.“

Das Thema Wasserstoff neu denken

In ihrem Buch berichtet sie über Menschen, die sich in diesem Bereich engagieren, und über deren Projekte, erklärt, was sie antreibt, was sie aktuell tun und wie weit sie mit ihren Plänen sind. Zum Beispiel Bürgermeister Jörg Singer, der sich auf Helgoland dafür einsetzt, die Wasserstoffwirtschaft voranzubringen. Oder das Großforschungsprojekt Norddeutsches Reallabor, das fossile Energieträger in industriellen Prozessen durch Wasserstoff und dessen Folgeprodukte ersetzen will.

„50 Partner aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik beteiligen sich am Norddeutschen Reallabor. Geplant sind acht Elektrolyseure mit einer Wasserstoff-Erzeugungskapazität von insgesamt 42 MW“, erklärt die Autorin. „Das klimaneutral erzeugte Gas geht dann zum Beispiel an Zapfsäulen für schwere Nutzfahrzeuge oder in die metallverarbeitende Industrie, wo es Erdgas als Reduktionsmittel ersetzt.“

Das Thema Wasserstoff aus den Fachkreisen herausholen und einer größeren Öffentlichkeit nahebringen: Darum geht es Rößiger. Aber auch darum, dass Wasserstoff nur ein Baustein in einem großen Ganzen ist – hier zeigt sich die studierte Biologin, die bereits Bücher über Wälder, Meere und Wildtiere geschrieben hat.

„Für den Klimaschutz brauchen wir nicht nur eine Energiewende, sondern auch mehr Grün in den Städten, Solaranlagen auf möglichst vielen Dächern. Gerade Kommunen könnten da bei öffentlichen Gebäuden mit gutem Beispiel voran gehen. Oder etwas gegen die enorme Flächenversiegelung unternehmen, etwa indem Gebäude umgenutzt werden, statt neue zu bauen.“ Die Energiewende ist äußerst komplex − und was in Sachen Wasserstoff aktuell geht, ist in Rößigers neuem Buch nachzulesen.

Sabine Schmidt

Zum Nachlesen: Monika Rößiger: Die Wasserstoff-Wende. So funktioniert die Energie der Zukunft. Edition Körber, 2022.