In vielen Gremien der Verwaltung, in Führungspositionen der Kommunen und bei den kommunalen Unternehmen ist der Anteil von Frauen nach wie vor gering. Die Gleichstellung voranzubringen, ist vorrangige politische Aufgabe und kreative Zumutung gleichermaßen. Ein Blick nach Brandenburg.
Geschlechtergerechtigkeit ist eine gesellschaftspolitische Herausforderung und eine generationsübergreifende Aufgabe, die wir gemeinsam angehen müssen, wenn wir in eine chancenreiche Zukunft gehen wollen. Zur Umsetzung der im Grundgesetz fundierten Gleichberechtigung (s. Info) in die kommunale Praxis ist es wichtig, gleichstellungspolitische Ziele zu definieren, den Zielen Maßnahmen und Handlungsoptionen zuzuordnen, diese zu evaluieren und fortzuschreiben. Der Dialog mit Politik, Verbänden, Institutionen und der Zivilgesellschaft hat einen hohen Stellenwert.
Die Kommunen in Brandenburg wie auch bundesweit müssen den Wandel hin zu einer geschlechtergerechten Gesellschaft gestalten und die Bedingungen schaffen, damit die Gleichstellung der Geschlechter im Arbeitsalltag der Verwaltungen gelebt werden kann. Dieses wird nur durch eine auskömmliche personelle und finanzielle Situation der Personaldezernate und Gleichstellungsbeauftragten gelingen. Das Ziel ist, die Gleichstellung von Frauen und die Geschlechtergerechtigkeit im gesamten Handeln der Kommunalverwaltung nach innen und außen zu verankern.
Zurzeit gibt es dazu leider keine bundes- und landesweit einheitlichen Standards. Somit ergibt sich in Brandenburg ein „Flickenteppich“ zur Situation der Gleichstellung in den Kommunalverwaltungen. Die Kommunalverfassung schreibt vor, dass in Kommunen ab 30.000 Einwohnern hauptamtliche Gleichstellungsbeauftrage bestellt werden. Diese Praxis wird im Land sehr unterschiedlich gehandhabt.
Landkreisspezifische Praxis
So gibt es im Landkreis Dahme-Spreewald eine auskömmliche Situation. Die Stelle der Gleichstellungs- und Behindertenbeauftragten ist mit 40 Stunden besetzt, darüber hinaus gibt es zwei unterstützende Mitarbeiter (je 36 Stunden). Es gibt allerdings auch Kommunalverwaltungen, in denen die Gleichstellungsbeauftragten lediglich in Teilzeit beschäftigt sind und somit die Tätigkeit nach innen und außen schwer möglich ist.
Die Gleichstellungsbeauftragte im Landkreis Uckermark ist zugleich Behinderten- und Seniorenbeauftragte und führt außerdem noch die Rentenberatung durch und vertritt seit einiger Zeit die Pressestelle. Die Gleichstellungsbeauftragte im Landkreis Spree-Neiße ist zudem Beauftragte für sorbische/wendische Angelegenheiten, sie hat keine Mitarbeiter. Die vorgenannten Bedingungen wirken ausgesprochen behindernd auf die Durchsetzung des Verfassungsauftrages.
Gelingende Gleichstellungspolitik entscheidet mit über die Zukunftsfähigkeit der Kommunen. Themen wie familien- und pflegefreundliche Arbeitsmodelle, die den Bedürfnissen von Männern und Frauen gleichermaßen gerecht werden, spielen eine große Rolle. Lebenswerte Kommunen werden zunehmend solche sein, die die Ansprüche von allen Mitarbeitern und Einwohnern berücksichtigen. Beispiele sind die Stadt- und Verkehrsplanung, das Mitspracherecht in Politik und Verwaltung zur Besetzung von Führungspositionen und die gendergerechte Verwendung von kommunalen Geldern.
Kommune soll Vorbild sein
Eine Kommune mit Zukunft muss unmittelbare und mittelbare Diskriminierung von Frauen und Mädchen beseitigen und gleiche Verwirklichungschancen für alle schaffen, unabhängig vom Geschlecht. Die Gleichstellung zwischen Männern und Frauen in allen Bereichen und bei allen kommunalpolitischen Entscheidungen ist zu berücksichtigen. Frauen und Männer sollen von veränderten Arbeitsbedingungen gleichermaßen profitieren. Die Kommune der Zukunft tritt gegen Benachteiligungen in der Verwaltung, auf dem Arbeitsmarkt und gegen Gewalt und Diskriminierung ein und ist Vorbild für eine gerechte Gesellschaft.
Damit die Gleichstellungspolitik in der Praxis gelingen kann, muss es verbindliche und klare Festlegung zu den Aufgaben und Kompetenzen der Gleichstellungsbeauftragten in den Hauptsatzungen der Kommunen geben. Diese werden durch die kommunalen Vertretungen beschlossen.
Ein Beispiel ist das Personal in Verwaltungen. Für jede Dienststelle ist ein Gleichstellungsplan zu erstellen, der die Förderung der Gleichstellung und den Abbau von Unterrepräsentanz von Frauen zum Gegenstand hat. Er enthält Maßnahmen zur Personalentwicklung für die Übernahme von Führungspositionen durch Frauen.
Grundlagen des Gleichstellungsplanes sind eine Bestandsaufnahme und die Analyse der Beschäftigtenstruktur sowie eine Schätzung der im Geltungszeitraum zu besetzenden Stellen und möglichen Beförderungen und Höhergruppierungen. Der Plan enthält für jeweils zwei Jahre verbindliche Zielvorgaben bezogen auf den Anteil der Frauen bei Einstellungen, Beförderungen und Höhergruppierungen.
Dieser Gleichstellungsplan ist einvernehmlich von der Leitung der Dienststelle und der Gleichstellungsbeauftragten zu erstellen. Die Mitglieder der Vertretung sollten den Plan zur Kenntnis, Information und Dirkussion erhalten, um zukunftsweisende Personalentwicklung betreiben zu können.
Gesellschaftlichen Rückschritt vermeiden
Ein anderes Beispiel ist die Parität in der Kommune. Weil Frauen in Gremien der Verwaltung, in Führungspositionen der Verwaltung und bei den kommunalen Töchtern nicht paritätisch vertreten sind und die Parität sich erfahrungsgemäß nicht freiwillig einstellt, braucht es die Festlegung (Beschluss) der politischen Gremien und Vertretungen. Hiermit sind Gremien wie Gesellschafterversammlungen von Verkehrsgesellschaften, Tourismusverbänden, Wirtschaftsförderungsgesellschaften oder auch Verwaltungsräte der Arbeitsagenturen gemeint.
In den genannten Beispielen sind die Verwaltung, insbesondere Bürgermeister und Landräte sowie die politischen Vertretungen der Kommunen in der Pflicht. Gerade in Zeiten von erstarkenden populistischen Tendenzen besteht die Gefahr des gesellschaftlichen Rückschrittes. Dieser geht besonders zu Lasten von Frauen und Mädchen. Gleichberechtigte Rollenbilder treffen somit wieder auf Konzepte, die wir längst als veraltet geglaubt hatten.
In dieser Situation erfordert eine zukunftsfähige Kommune eine klare Positionierung von Politik und Verwaltung für eine lebenswerte Gesellschaft für Frauen und Männer.
Beispiel: Hauptsatzung Paragraf …. zur Umsetzung der Ziele:
-
Die Gleichstellungsbeauftragte unterstützt die Dienststelle bei der Durchsetzung der tatsächlichen Glerichstellung der Geschlechter. Ihr ist bei allen personellen, organisatorischen und sozialen Angelegenheiten der Dienststelle mit Auswirkung auf die Gleichstellung von Frauen und Männern während des gesamten Verfahrens Gelegenheit zur aktiven Teilnahme zu geben, insbesondere bei:
-
Einstellungen, Beförderungen, Eingruppierungen, Höhergruppierungen, Versetzungen und Umsetzungen von mehr als sechs Monaten, bei Abordnungen von mehr als drei Monaten sowie Übertragungen höherwertiger Tätigkeiten einschließlich der Formulierung von Stellenausschreibungen, beim gesamten Auswahlverfahren sowie bei Vorstellungsgesprächen,
-
sozialen, baulichen und organisatorischen Maßnahmen, die weibliche Beschäftigte in besonderem Maße oder anders als männliche Beschäftigte betreffen,
-
Fortbildungs- und Personalentwicklungsmaßnahmen,
-
Arbeitsplatzgestaltung,
-
Analyse der Beschäftigtenstruktur sowie Erstellung des Gleichstellungsplanes,
-
der Besetzung von Gremien
(2) Die Gleichstellungsbeauftragte ist zu den Sitzungen des Kreistages und der Ausschüsse einzuladen, in denen Tagesordnungspunkte behandelt werden, die Auswirkung auf die Gleichstellung von Mann und Frau, öffentlichem Leben, Bildung und Ausbildung, Familie sowie in den Bereichen der sozialen Sicherheit haben.
(3) Die Gleichstellungsbeauftragte hat das Recht, ihre von der des Landrates abweichende Auffassung zu allen Tagesordnungspunkten nach § 131 Abs. 1 in Verbindung mit § 18 Abs. 3 BbgKVerf, nachdem sie den Landrat vorher über diese Absicht unterrichtet hat, in den betreffenden Sitzungen darzulegen.
Elke Voigt
Die Autorin
Elke Voigt ist Gleichstellungs-, und Behindertenbeauftragte beim Landkreis Dahme-Spreewald in Lübben und Bundessprecherin kommunaler Frauenbüros- und Gleichstellungsstellen