Es gibt Mitarbeiter, die sich angesichts einer Vielzahl neuer digitaler Tools überfordert fühlen. Der Arbeitgeber muss seinen Beschäftigten die nötige Kompetenz im Umgang vermitteln und sie an der Transformation beteiligen.
Die aktuelle Corona-Pandemie hat die Dimension und die Geschwindigkeit der technologischen Entwicklungen stark beeinflusst. Schneller als geplant haben Kommunen und kommunale Unternehmen digitale Tools eingeführt. Die fehlende Beachtung der Benutzerfreundlichkeit und der Bedürfnisse der Arbeitnehmer bei der Auswahl von digitalen Lösungen mündet oft darin, dass sich Mitarbeiter von der Schnelligkeit und Komplexität der Technik überfordert fühlen und eine Fehlbeanspruchung am Arbeitsplatz entsteht.
Der sogenannte digitale Stress bezeichnet ein Ungleichgewicht zwischen der Belastung, die die vermehrte Nutzung moderner Technologien hervorruft, und den individuellen Ressourcen, diese bewältigen zu können. Aktuelle Forschungsarbeiten zeigen, dass der digitale Stress in allen Branchen, Tätigkeitsformen und Altersgruppen auftritt. Sie legen nahe, dass ein unsicherer Umgang mit den digitalen Technologien als größter Belastungsfaktor wahrgenommen wird. Ähnlich stark werden die Leistungsüberwachung und eine Verletzung der Privatsphäre von Mitarbeitern bewertet. Weiterhin beeinflussen Komplexität, Informationsmenge und Dauerpräsenz das Belastungsempfinden der Beschäftigten.
Hoher digitaler Stress am Arbeitsplatz hat negative Konsequenzen für die Gesundheit. So treten bei den Betroffenen vermehrt Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Müdigkeit sowie körperliche und emotionale Erschöpfung auf. Diese Personen zeigen eine schlechtere Leistung, sind unzufriedener mit ihrer Arbeitsstelle und erleben einen Konflikt zwischen Arbeits- und Privatleben. Diese Konsequenzen sind auch für den Arbeitgeber relevant, da die Betroffenen verringerte Performanz zeigen, krankheitsbedingt vermehrt ausfallen und die Arbeitsstelle öfter wechseln.
Präventive Maßnahmen
Organisationale Maßnahmen können digitalen Stress am Arbeitsplatz reduzieren. Der öffentliche Sektor sollte Kompetenzen im Umgang mit den digitalen Tools an seine Mitarbeiter vermitteln, da ein höheres Kompetenzerleben das digitale Stresslevel senkt. Darüber hinaus sind Arbeitgeber in der Verantwortung, die Stressbewältigungsstrategien ihrer Beschäftigten durch Trainings zu fördern.
Unabdingbar ist die Beteiligung der Mitarbeiter in den internen Digitalisierungsprozess, um die technologischen Neuerungen auf die individuellen Wünsche und Bedürfnisse der Nutzer abzustimmen. Das digitale Stresserleben kann auch durch soziale Arbeitsplatzfaktoren beeinflusst werden. So sollten insbesondere Führungskräfte eine gute Beziehung zu ihren Mitarbeitern pflegen und ihnen einen erweiterten Handlungsspielraum einräumen.
Obwohl digitaler Stress sich negativ auf Performanz und Gesundheit der Beschäftigten auswirkt, findet dieses Phänomen bei der Implementierung neuer Technologien und der betrieblichen Gesundheitsprävention bislang kaum Beachtung. Arbeitgeber sind aufgefordert, ihre Mitarbeiter bei der Bewältigung des digitalen Stresserlebens zu unterstützen. Durch präventive Maßnahmen und gesundheitsfördernde Strukturen kann der öffentliche Sektor zur Minimierung des digitalen Stresses beitragen.
Die Autorin: Désirée Verhaert, M. Sc. Psychologie, ist Beraterin beim zfm – Zentrum für Management- und Personalberatung in Bonn.