Gefahrenkarten für ein besseres Starkregenmanagement

Absolute Sicherheit gibt es nicht – aber man will auf Extremwetterereignisse wie hier im August 2020 in Bad Soden (Main-Taunus-Kreis) besser vorbereitet sein. Foto: Freiwillige Feuerwehr Bad Soden am Taunus

Um sich vor Starkregen und Überschwemmungen zu schützen, wollen die Städte und Gemeinden im Main-Taunus-Kreis unter anderem Fließpfadkarten verwenden. Sie zeigen, welche Gebiete besonders gefährdet sind.

Wasser droht von oben, Wasser droht von unten: Katastrophen wie das Hochwasser an der Ahr im Jahr 2021 und vermehrte Starkregenereignisse in den vergangenen Jahren zeigen, dass Kommunen sich nicht in falscher Sicherheit wiegen dürfen. Lokale Klimaanpassung ist eine große Herausforderung dieses Jahrzehnts, effiziente Strukturen der Zusammenarbeit im Dienst der Sicherheit von allen ist das Gebot für die Kommunen.

Wir haben es dabei mit zwei unterschiedlichen Gefahren zu tun: Hochwasser und Starkregen. Hochwasser drohen in kalkulierbaren Risikozonen an Flüssen und Bächen. Karten können solche Risikogebiete definieren und Kommunen sowie private Bauherren auf lange Sicht mit Informationen für bauliche Maßnahmen versorgen. Starkregen kann dagegen jederzeit und überall fallen, er kann fließen, ohne zu versickern, und für Überflutungen sorgen.

Überschwemmungen werden sich nicht zu 100 Prozent vermeiden lassen, und Wasser macht nicht vor den Gemarkungsgrenzen halt. Deshalb sind sich der Main-Taunus-Kreis und seine Kommunen einig, hier auf den verschiedenen Ebenen gemeinsam zu wirken. Die Städte und Gemeinden sind dabei im Rahmen ihrer Selbstverwaltung zuständig für die Starkregenvorsorge und Gefahrenabwehrmaßnahmen für den Hochwasserfall.

Fließpfadkarten für das gesamte Kreisgebiet

Die Kommunen sorgen beispielsweise für Notfallpläne und dezentrale Rückhaltung, kümmern sich um die Gewässerunterhaltung und den baulichen Hochwasserschutz. Wenn der Kreis Stellung zu Bebauungsplänen nimmt, beurteilt er auch, ob Hochwasserschutz und Starkregenvorsorge ausreichend berücksichtigt wurden.

Bauvorhaben in festgesetzten Überschwemmungsgebieten werden zum Beispiel nur genehmigt, wenn die Hochwasserrückhaltung nicht beeinträchtigt wird. Der Kreis übernimmt darüber hinaus die Prüfung von Förderanträgen, etwa nach der Richtlinie zur Förderung von Maßnahmen zur Gewässerentwicklung und zum Hochwasserschutz.

Der Main-Taunus-Kreis koordiniert, vernetzt und fördert zudem den Austausch der Kommunen untereinander. Wir beraten die Kommunen in rechtlicher, fachlicher und fördertechnischer Hinsicht. Zudem lassen wir so genannte Fließpfadkarten für das gesamte Kreisgebiet erstellen. Sie zeichnen vor, auf welchen Wegen das Wasser bei Starkregen laufen könnte. In Auftrag gegeben haben wir diese Karten beim Hessisches Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG).

Kommunaler Abwasserverband Main-Taunus

Auf diesen Karten aufbauend können die Kommunen von Ingenieurbüros detailliertere Starkregen-Gefahrenkarten erstellen lassen. Denn bei starker Bebauung sind die Fließpfadkarten nicht verlässlich genug. Für die Starkregen-Gefahrenkarte erhalten Kommunen Fördermittel des Landes Hessen in beträchtlicher Höhe.

Im Main-Taunus-Kreis haben sich mehrere Kommunen zum Abwasserverband Main-Taunus zusammengeschlossen, der den Hochwasserschutz als Verbandsaufgabe koordiniert. Der Abwasserverband hat unter dem Vorsitz von Christian Seitz (CDU), Bürgermeister der Gemeinde Kriftel (rund 10.000 Einwohner), bereits vor Jahren begonnen, Konzepte zu erstellen. Dabei wurden auch Kosten von zusätzlichem Hochwasserschutz für die Kommunen berechnet. Bis in die beginnenden 2030er Jahre werden Investitionen in zweistelliger Millionenhöhe nötig sein.

Dass die Kommunen im Abwasserverband das Thema gemeinsam vorantrieben, ist vorbildlich. Auch über den Verband hinaus sind sie mit dem Kreis darüber im Austausch: Im vergangenen Jahr wurde das Thema in einer Bürgermeisterdienstversammlung im Landratsamt aufgegriffen.

Wie gut die Zusammenarbeit im Hochwasserschutz klappt, wollen wir im kommenden Jahr überprüfen: Der Katastrophenschutz des Main-Taunus-Kreises bereitet dazu eine Übung vor. In dieser Stabsrahmenübung sollen vor allem Strukturen, Abläufe und Schnittstellen identifiziert und erprobt werden. Mit gemeinsamen Anstrengungen können wir alle dazu beitragen, den Schutz von Leib und Leben im Main-Taunus-Kreis zu sichern. Michael Cyriax

Der Autor: Michael Cyriax (CDU) ist Landrat des Main-Taunus-Kreises in Hessen.