Fassadenbegrünungen helfen beim Energiesparen und sind sehr vorteilhaft für das Klima, insbesondere in Innenstädten und nicht begrünten Quartieren, sagt der Biologe und Botaniker Hans Georg Edelmann.
Das Klima wandelt sich zusehends weltweit, und nicht nur in den Städten und Gemeinden werden die Auswirkungen zunehmend sicht- und fühlbarer. Besonders dicht bebaute Städte und stark versiegelte Stadtquartiere mit wenig Grünflächen werden in Zukunft von dieser Entwicklung betroffen sein. Die Bemühungen, die Auswirkungen auf das Stadtklima, auf die Gebäude, auf ihr Innentemperaturen und somit auf die (Stadt-) Bewohner, zu minimieren, sind zunehmend in Form von ganzen Batterien von Klimaanlagen an Hauswänden zu beobachten – mit zusätzlich intensivem Stromverbrauch und weiterer Aufheizung der Städte.
Es besteht deshalb dringlich – auch vor dem Hintergrund der derzeitigen Energiekrise – der Bedarf an nachhaltigen, umweltfreundlichen Lösungen, ohne zusätzlichen Energie-verbrauch. Umfangreiche Fassadenbegrünung wird dabei in Zukunft, besonders in den Städten, eine intelligente, nachhaltige Maßnahme darstellen, um optimal den mit dem Klimawandel einhergehenden Herausforderungen gerecht zu werden. Intelligent deshalb, weil sie im Hinblick auf städtebauliche Gegebenheiten mehrere Vorteile aufweisen, wie sie mit rein technischen Maßnahmen nicht nachhaltig geleistet werden könnten.
Neben wichtigen stadtökologischen Aspekten bewirken begrünte Fassaden an beziehungsweise in den Gebäuden selbst in energetischer Hinsicht sehr positive Effekte. Im Sommer werden die Fassadenwände im Tagesverlauf bei weitem nicht so stark aufgeheizt, wie das bei entsprechenden (nicht bewachsenen) Kontrollfassaden gemessen wird – während in kälteren Jahreszeiten umgekehrt ein Dämmungseffekt zu beobachten ist.
Positive Effekte moderner Fassadenbegrünungssysteme
Dabei sind die Wandmaterialeigenschaften (R-Werte/Wärmedurchlasswiderstand) mitentscheidend, wie stark sich die Wirkung der Fassadenbegrünung energetisch „durchpaust“ – relativ zur blanken, nichtbegrünten Fassade. Betontermaßen laufen intakte Fassadenwände nicht Gefahr, durch Begrünungspflanzen wie Efeu beschädigt zu werden; brüchiges, meist altes und vernachlässigtes Putz- und Mauerwerk mit vorhandenen Rissen bietet den Kletterpflanzen natürlich die Möglichkeit, in diese einzudringen und sie zu beschädigen.
Solche Flächen eignen sich ohne vorherige Putzsanierung nicht für eine komplikationsfreie Begrünung. Doch das noch weitläufig vorhandene Vorurteil, (Efeu-) Fassadenbegrünungen schädigten die Hausfassade, wird den modernen Fassaden-begrünungssystemen und dem Knowhow der Branche in keinster Weise gerecht. Die im Sommer gegebene Kühlwirkung beruht wesentlich auf der Beschattung sowie der Wasserverdunstung der Blätter.
Mit diesem als Transpiration bezeichneten Prozess geht eine über den Effekt der sogenannten Verdunstungskälte bewirkte Kühlung der wandnahen Luftschichten einher. Wesentlich für die energetische Wirkung auf die Gebäude ist die mit dem Alter beziehungsweise der Wuchsstärke verringerte Konvektion vor den Fassaden, die den durch Luftbewegungen bedingten Ein- beziehungsweise Abtrag von Energie stark beeinflusst.
Dieser Effekt wird durch eine Begrünungskonstruktion verstärkt, wie sie aktuell im Rahmen eines Forschungs- und Entwicklungsprojekts an der Mensa der Universität zu Köln untersucht wird. Das von der Firma Krebs & Conrads entwickelte und als Pilotprojekt vor der Südfassade der Mensa eingesetzte Fassadenbegrünungsmodul Billy Green zeichnet sich speziell dadurch aus, dass es eine Begrünung auch von Glasfassaden erlaubt, ohne die Sicht durch die damit ausgestattete Fensterfront zu behindern.
Grüne Förderprogramme von Kommunen
Ein oft gegen Fassadenbegrünungen vorgebrachtes Argument besteht in den zu finanzierenden Unterhaltungs- und Pflegemaßnahmen, die zum langfristigen Erhalt wichtig und notwendig sind. Ein möglicher, damit verbundener finanzieller Aufwand ist unbestritten. Er wird jedoch über lange Sicht durch eingesparte Kühlungs- beziehungsweise Heizkosteneinsparungen gemildert, wenn nicht gar aufgewogen – von den anderen, hier nicht thematisierten Vorteilen abgesehen.
In Anbetracht der sich abzeichnenden negativen Auswirkungen des Klimawandels sollten allerdings nicht nur finanzielle beziehungsweise wirtschaftliche Aspekte ausschlaggebend für jetzt anstehende Zukunftsentscheidungen sein. Auf Ebene der Städte und Gemeinden gibt es inzwischen viele Maßnahmen, die nicht nur den Eigentümern der Gebäude zugutekommen, sondern den Städten und dem Stadtklima selbst:
„Die Stadt Bonn fördert Gebäudebegrünungen als Maßnahme zur Anpassung an den Klimawandel. Eigentümerinnen und Eigentümer privat und gewerblich genutzter Gebäude können ab sofort Förderanträge stellen und Zuschüsse zu Dach- und Fassaden-begrünungen von bis zu 50 Prozent erhalten. Gefördert werden Fassadenbegrünungen sowie intensive und extensive Dachbegrünungen an Bestandsgebäuden ab einer Mindestfläche von vier Quadratmetern. Dabei sind Zuschüsse von bis zu 50 Prozent der förderfähigen Kosten – höchstens jedoch 30 Euro pro Quadratmeter bei extensiven Dachbegrünungen und 50 Euro pro Quadratmeter bei intensiven Dach- und Fassadenbegrünungen – möglich. Zur Antragsstellung berechtigt sind Eigentümerinnen und Eigentümer privat oder gewerblich genutzter Gebäude.“
Neben mehreren weiteren, ist auch die Stadt Köln seit einigen Jahren über das Programm „Grün hoch3“ bemüht, „die Stadt grüner zu machen“, was auch mit entsprechenden Energieeinsparungen an den betreffenden Gebäuden einhergehen wird. Das Förderkonzept umfasst ein Finanzvolumen von drei Millionen Euro und ist zunächst bis 2023 angelegt.
Durch die Stadt Köln wird derzeit eines unserer Forschungsprojekte gefördert, das auf die Quantifizierung des Energieeinsparpotentials von Fassadenbegrünung abzielt. Die aktuell vorliegenden Zwischenergebnisse sehen sehr gut aus und deuten auf den erwarteten Kühleffekt im Sommer und auf einen überraschend hohen Dämmeffekt im Winter hin. Hans Georg Edelmann
Der Autor: Prof. Dr. Hans Georg Edelmann leitet Projekte zu Klimawandel und grünen Fassaden am Institut für Biologiedidaktik der Universität zu Köln.