Garten vor der Tür

Der Städter sucht in Parkanlagen nach Erholung. Auch für Insekten sind Pflanzen in urbanen Zonen lebenswichtig. In Baumpatenschaften, Bienen­projekten oder im Gartenschauverein legen Bürger Hand an in der Grünpflege, wie Beispiele aus Crailsheim, Koblenz und Dortmund zeigen.

 

Kommunen begrüßen das Engagement von Bürgern, die sich oft auf ehrenamtlicher Basis für mehr Grünflächen und somit für mehr ökologische Vielfalt einsetzen. Baumpatenschaften, der symbolische Erwerb eines Baumes oder die Pflege verschiedenster Pflanzen – in vielen Städten und Kommunen können sich die Bürger inzwischen in die Pflege von Grünflächen einbringen.

In Crailsheim (Baden-Württemberg)gibt es zwar keine Baumpatenschaften. „Das macht bei uns keinen Sinn“, sagt Michaela Butz, Pressesprecherin der rund 34.000 Einwohner zählenden Kreisstadt. Seit Kurzem gibt es dafür das Projekt „Stadtbiene“, in dessen Rahmen versucht wird, mehr Lebensraum für Insekten zu schaffen. Insekten sind die Nahrungsgrundlage für andere Tiere wie Vögel, Reptilien oder Amphibien. Am Ende einer Nahrungskette steht oftmals der Mensch. Die Crailsheimer Stadtverwaltung, genauer gesagt das Grünwesen, baut zu diesem Zweck rund zehn Hektar intensiv gemähte Rasenflächen in Blumenwiesen um.

Hierzu wurden Wiesenblumen und -kräuter angesät. „Wir sind noch in den Anfängen, werben bei den Bürgern jedoch schon um Akzeptanz, damit keiner sich an den nur zweimal im Jahr gemähten Flächen stört“, erklärt Butz, die aber beruhigen kann: „Es handelt sich meist um zusammenhängende Flächen, die man leicht erkennt, sodass jedem einleuchtet, dass die Flächen nicht beim Mähen vergessen wurden.“ Zusätzlich werden die Flächen mit dem „Stadtbienenlogo“ gekennzeichnet.

Die Bürger werden in dieses Projekt eingebunden, Tütchen mit Samen werden ab Frühjahr verteilt. Die Menschen sollen mitmachen, beispielsweise im eigenen Garten. „Die Crailsheimer sollen ein neues ästhetisches Empfinden für Grünflächen erlangen, frei nach dem Motto: Schafft mehr Platz für Insekten“, sagt Butz.

Die Verwaltung der Grünflächen durch die Stadt verursacht anfangs etwas höhere Kosten. Wenn sich aber alles eingespielt habe, werde mit leicht verminderten Ausgaben gerechnet. Die Zierbeete in der Stadt werden nicht verschwinden, so die Pressesprecherin. „Das eine schließt das andere ja nicht aus.“

Blumenfreunde packen zu

Einen besseren Lebensraum für die Bürger schaffen möchte auch die Stadt Koblenz (112.000 Einwohner) in Rheinland-Pfalz. Hier hat der städtische Eigenbetrieb Grünflächen- und Bestattungswesen enorme Unterstützung durch die „Buga-Freunde“ bekommen, genauer gesagt vom Verein Freunde der Bundesgartenschau Koblenz 2011.

Als die Staudenbeete an der Festung Ehrenbreitstein nach der Bundesgartenschau wieder zurückgebaut werden sollten, weil der Unterhalt zu teuer gewesen wäre, entschloss sich der Verein, diese Pflege ehrenamtlich zu übernehmen.

„Die Buga-Freunde sind für die städtischen Gärtner eine große Hilfe“, sagt Christine Mohr vom städtischen Eigenbetrieb. Über 1000 Mitglieder zählt der Verein – mit steigender Tendenz. Über 5000 ehrenamtliche Arbeitsstunden hat er im Jahr 2015 geleistet, verrät Hermann Josef Schuster, Mitglied und Ehemann der Geschäftsführerin der Buga-Freunde, Anna Maria Schuster.

Mittels eines Spendenaufrufs hat es der Verein zudem geschafft, dass Orangeriebäume entlang der Mittelachse vor dem Kurfürstlichen Schloss aufgestellt werden konnten. Außerdem setzen sich die Buga-Freunde für die Lebens- und Aufenthaltsqualität in Koblenz ein. Der Verein lädt alle Privatpersonen, Vereine, Institutionen, Banken und Unternehmen ein, für die Neupflanzung von Stadtbäumen zu spenden. Die Umsetzung und Pflanzung der Bäume im innerstädtischen Straßenbegleitgrün wird durch Vereinsmitglieder begleitet.

Fachkundige Schulung

Für die Staudenpflege erforderliche Gartengeräte stellt der Eigenbetrieb den ehrenamtlichen Helfern zur Verfügung. Sie brauchen diese aber meistens nicht, da viel Handarbeit vonnöten ist. „Bei größeren Angelegenheiten nehmen wir aber gerne die Gerätschaften der Stadt an“, ergänzt Schuster. Das Team Staudenpflege der Buga-Freunde hat in den Wintermonaten die Möglichkeit, von den städtischen Mitarbeitern durch Fachvorträge geschult zu werden, was dankend angenommen wird.

Grünflächen prägen ein Stadtbild und sind von großer Bedeutung für die Lebensqualität der Bürger, das sieht man auch in Dortmund (Nordrhein-Westfalen) so. Wo die meisten Menschen immer noch nur Staub und Kohle erwarten, gibt es zahlreiche Grünflächen, die es zu pflegen gilt. Auch Baumpatenschaften werden in der 580.000-Einwohnermetropole angeboten. Als Pate betreut der Bürger eine Baumscheibe eines Baums (Bepflanzung um den Baumstamm), den er sich in den meisten Fällen vorher ausgesucht hat. Zu den Aufgaben gehört die Säuberung der Fläche, Beseitigung von Wildkräutern oder das Wässern.

Die Hoheit über die Grünflächen hat das Tiefbauamt. Neben den Baumpatenschaften gibt es auch Spenden- und Pflanzenaktionen, wie Michael Stoeckert erklärt, Fachkoordinator Park- und Grünanlagen in Dortmund. „Der Bürger zahlt den Baum und wir übernehmen die Pflanzung,“ erläutert der Grünexperte.

Die Spenden belaufen sich auf 120 bis 150 Euro. 15 bis 20 solcher Spenden gibt es jährlich, schätzt er. Stoeckert verhehlt nicht, dass damit ein hoher logistischer Aufwand verbunden ist und vor allem keine finanzielle Entlastung entsteht. „Im Rahmen solcher Spendenaktionen engagieren sich manchmal auch Unternehmen, eines spendete neulich 2000 Euro. Damit kann man natürlich etwas anfangen“, sagt Stoeckert. Geld spielt somit immer eine Rolle, ganz gleich wie die Pflege aussieht.Timo Lämmerhirt

Der Autor
Timo Lämmerhirt, Waldstetten, ist Redakteur bei der „Schwäbischen Zeitung“ sowie Autor für verschiedene Medien