Hell oder dunkel – wo genau verläuft der Weg zwischen Sicherheit, Attraktivität der (Innen-) Stadt, Naturschutz und Energieeinsparung? Christoph Schmid antwortet für die Landeshauptstadt Stuttgart.
Aktuell wird unser Lichtmasterplan von 2006 überarbeitet: Er soll als neuer Leitfaden „Stadtbeleuchtung“ die wichtigen Aspekte Sicherheit, Gestaltung, Natur- und Umweltschutz sowie Energieeinsparung intensiv betrachten. Zahlreiche städtische Ämter sind involviert: Amt für Umweltschutz, Amt für Stadtplanung, Garten-, Friedhofs- und Forstamt und Tiefbauamt.
Ebenso sind die Kommunale Kriminalprävention KKP, der Dienstleister Stuttgart Netze und das Land Baden-Württemberg als Eigentümer von großen Plätzen und Parkanlagen in der Innenstadt an der Erstellung des Leitfadens beteiligt.
Momentan erarbeiten wir, in welchen Bereichen zu welchen Zeiten wieviel Licht benötigt wird und wo eventuell auf Straßenbeleuchtung verzichtet werden kann. Bei unserer Neukonzeption ist uns eine qualitativ hochwertige und bedarfsangepasste Beleuchtung wichtig, die den heutigen Anforderungen an Sicherheit, Gesundheit, Naturschutz und Energieeffizienz gerecht wird.
Umrüsten auf LED
Das Thema Energieeinsparung steht bei der Stadt Stuttgart schon lange im Fokus. Durch die fortlaufende Umrüstung auf LED konnten wir unseren Energieverbrauch in den letzten Jahren spürbar senken. Allein im Jahr 2021 haben wir um mehr als ein GWh oder gut fünf Prozent an Energie im Vergleich zum Vorjahr reduzieren können. Im Vergleich zu 2009 haben wir damit mehr als ein Viertel unseres Energieverbrauchs eingespart.
Weiter verbrauchen wir weniger Energie mit der sogenannten Halbnachtschaltung: Damit kann die Helligkeit auf bereits umgerüsteten Hauptverkehrsstraßen in den späteren Nachtstunden bei geringeren Verkehrsstärke reduziert werden.
Derzeit werden bei allen Leuchtentausch-Projekten die Schaltschränke und die Verkabelung der Straßenbeleuchtung dementsprechend umgerüstet – so kann das Beleuchtungsniveau in Zeiten mit geringerer Verkehrsbelastung auf 70 Prozent abgesenkt werden.
Licht nur dann, wenn es gebraucht wird
Diese Zeiten wurden vor dem Hintergrund stark steigender Energiepreise neu festgelegt. Von Sonntag bis Mittwoch wird nun um 21 Uhr auf 70 Prozent reduziert und von Donnerstag bis Samstag um 23 Uhr. Die Halbnachtschaltung spart aber nicht nur Energie, sondern sorgt auch für eine längere Lebensdauer der Leuchten und Leuchtmittel.
Derzeit sind bereits 42 Prozent der Hauptstraßenleuchten auf LED umgerüstet und damit für eine Halbnachtschaltung geeignet. Insgesamt hat die Stuttgarter Straßenbeleuchtung einen LED-Anteil von 31 Prozent. Nach kompletter Umrüstung und mit der Halbnacht-schaltung an allen Hauptstraßen wird etwa die Halbierung des derzeitigen Stromverbrauchs erwartet. Im Detail hängt dies natürlich auch von den weiteren Entwicklungen der LED-Technologie ab.
Ursprünglich war im stadtinternen Projekt LED 2030 eine Umrüstung aller konventionellen Leuchten bis 2030 geplant. Durch die Neufassung des Landesnaturschutzgesetzes Baden-Württemberg ist dies nun eine gesetzliche Forderung, muss also zwingend erfüllt werden. Die dafür anfallenden Kosten werden zu großen Teilen durch ein stadtinternes Contracting-Programm übernommen. Es finanziert sich durch die in Zukunft eingesparten Energiekosten und ermöglicht somit langfristige und zukunftsweisende Investitionen.
Keine Rathausbeleuchtung
Schon vor der gesetzlichen Neuregelung haben wir in Stuttgart reine Gebäude-Anstrahlungen abgeschaltet. Dazu gehört unter anderem die Rathausbeleuchtung oder die Anstrahlung bekannter Denkmäler. Beleuchtungen, die der Aufhellung von Gebäuden dienen – dort, wo es deshalb keine oder weniger Mastbeleuchtung gibt –, werden aus Sicherheitsgründen weiter betrieben.
Zudem ist der gesamte Innenstadtbereich wegen der Sicherheitsproblematik und hoher Besucherfrequenz ausreichend gut beleuchtet. In sicherheitskritischen Innenstadt-bereichen gibt es zum Teil auch hoch- oder zuschaltbare Beleuchtung.
Ein weiteres Thema ist die bedarfsgerechte Beleuchtung. Bereits im Jahre 2011 wurde im Travertinpark in Bad Cannstatt eine erste Strecke in Form einer „mitlaufenden“ Beleuchtung eingeführt. Technologisch hat sich seitdem vieles weiterentwickelt. Nun werden an weiteren Stellen bedarfsgerechte Beleuchtungen eingesetzt, vor allem in Personenunterführungen, die bei fehlender Fußgängerfrequenz auf eine sehr geringe Beleuchtungsintensität herunterschalten, ohne dass es zu einem Sicherheits- oder Komfortverlust kommt.
Dabei können gegenüber dauerhaft beleuchteten Unterführungen nochmals etwa 30 Prozent der Energie eingespart werden. Als Pilotprojekt soll die Beleuchtung im Stuttgarter Hafengebiet so umgebaut werden, dass sie bei fehlender Kfz-Frequenz herunterdimmt. Christoph Schmid
Der Autor: Christoph Schmid ist bei der Abteilung Straßen und Verkehr des Tiefbauamts der Stadt Stuttgart tätig.