Extremwetter: Wie schützt sich eine Kommune vor Starkregen?

Braunsbach am Tag nach der Flut vom 29.5.2016. Foto: privat

2016 wurden Teile der Gemeinde Braunsbach von einer Masse aus Wasser, Schlamm und Geröll zerstört. Die Bilder gingen um die Welt.
Wie sieht es heute, fünf Jahre danach, aus? Wir haben Bürgermeister Frank Harsch danach gefragt.

Falls sich ein Starkregenereignis wie vor fünf Jahren noch einmal über Braunsbach zusammenbrauen sollte: Wie würde es diesmal ausgehen?

Frank Harsch: Wenn es nochmal so extrem wäre, wäre es nicht zu halten. Dafür können wir uns nicht wappnen. Der mittlere Neckar ist damals durch unseren Ort geflossen. Wenn Sie heute hinschauen, läuft durch die Klingen oberhalb des Ortes nur ein Rinnsal. Wie machen unseren Ort aber fit für ein „normales“ Extremwetter.

Wie sehen diese Schutzeinrichtungen aus?

Harsch: Wir haben die Klingen von zu viel Gestein und Holz befreit. Außerdem haben wir dort Geröllfänge installiert, denn ganz entfernen lassen sich die Naturmaterialien, von denen wir überflutet wurden, nicht. Innerorts haben wir die Verdohlung größer dimensioniert. Eine Verdohlung ist nie optimal, sie stellt einen Eingriff dar. Aber an manchen Stellen ist sie unumgänglich, bei Straßen beispielsweise. Außerdem haben wir Mauern zur Lenkung des Wassers gebaut und die Gebäude mit passenden Maßnahmen verbessert.

Gibt es ein Starkregenrisikomanagement?

Harsch: Wir sind gerade dabei, eines zu erstellen, es soll noch dieses Jahr den Bürgern zur Verfügung stehen. Dann kann jeder Grundstückseigentümer nach dem individuellen Gefahrenpotential seines Grundstücks oder Gebäudes schauen, ganz einfach per App. Aber ein Selbstläufer ist das nicht, dem sollten dann auch Taten folgen. Ich habe beispielsweise an meinem eigenen Haus die Lichtschächte einen halben Meter höher setzen lassen. Eine einfache Maßnahme, aber sie sorgt dafür, dass das Wasser nicht sofort in den Keller läuft, wenn bei einem Starkregen das Wasser in der Straße steht.

Schutzmaßnahmen brauchen Zeit

Experten des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung waren für Untersuchungen vor Ort. Welche Erkenntnisse brachte das?

Harsch: Die Wissenschaftler haben uns die Schritte empfohlen, die wir gehen und gegangen sind: die Geröllfänge, mehr Versickerungsflächen schaffen, Gebäude besser sichern. Mit ihren Untersuchungen haben sie uns die mathematische Gewissheit geliefert: Durch die Topografie und die Gegebenheiten hier vor Ort kann das Wasser bei einem Starkregen nur durch die Klingen ablaufen. Wir müssen daher auf der Ebene oberhalb des Ortes ansetzen und hier dafür sorgen, dass das Wasser besser und schneller versickern kann. Gespräche mit den Grundstücksbesitzern laufen schon. Aber das braucht Zeit.

Welche Arbeiten stehen in der Gemeinde und ihren Teilorten noch an?

Harsch: Wir investieren in ein Pumpwerk in einem Teilort. Auch das soll bei einem Starkregenereignis unterstützend wirken. In einem anderen Teilort stehen noch Arbeiten an der Infrastruktur an. Außerdem muss noch eine Klinge ausgebaut werden. Wir werden dort einen sieben Meter hohen Geröllfang installieren, sicherlich einen der größten in ganz Baden-Württemberg.

Unterstützung vom Land und vielen Privatpersonen

Wie stark hat der Wiederaufbau die Gemeindekasse belastet?

Harsch: Wir haben viel Unterstützung bekommen, viele Spenden aus ganz Deutschland haben uns erreicht. Für die Einzelmaßnahmen des Wiederaufbaus gab es auch hohe Förderquoten, bis zu 90 Prozent. Aber wenn die Straße schon offen ist, dann legen wir natürlich auch gleich Breitband. Wir haben auch in ein Nahwärmenetz investiert. Die Heizungen waren 30 Jahre alt, eine Erneuerung ohnehin notwendig. Wir haben also ein Problem gelöst, dass ohnehin auf uns zugekommen wäre. Aber diese Investitionen werden eben nicht so hoch bezuschusst und belasten die Gemeindekasse.

Sie nehmen in Ihrer dritten Amtszeit mit der Corona-Pandemie eine zweite große Krise mit. Wo sehen Sie Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen 2016 und 2020?

Harsch: Ich sehe durchaus Gemeinsamkeiten. Beide Ereignisse sind völlig außergewöhnlich und bei beiden sind schnelle Entscheidungen notwendig. Aber die Corona-Krise erlaubt uns als kleiner Kommune fast keine eigene Entscheidung. Braunsbach hat viele Handwerksbetriebe, die trotz Corona gut laufen. Wir kommen also hoffentlich mit einem blauen Auge davon.
Interview: Denise Fiedler

Zur Person
Frank Harsch (CDU) ist in dritter Amtszeit Bürgermeister der Gemeinde Braunsbach (2400 Einwohner) in Baden-Württemberg.