E-Recruiting: digital einfach

Ein Kennenlerngespräch virtuell abzuhalten macht auch über die Corona-Pandemie hinaus Sinn: Dem Bewerber entfällt die Anreise, die Vorbereitungen für den Personaler fallen geringer aus. Foto: Adobe Stock/fizkes

Wie kann eine moderne und wirksame Personalgewinnungsstrategie für die öffentliche Verwaltung weiterentwickelt werden? Die Antwort darauf ist eine wichtige Stütze, um auch in Zukunft die notwendigen Fachkräfte gewinnen zu können, findet Personalexperte Andreas Junt.

Was ist E-Recruiting? E-Recruiting umfasst den gesamten Personalbeschaffungsprozess mit Hilfe elektronischer Medien und Programme. Aufgrund der rasanten Entwicklung der digitalen Welt und dem damit verbundenen gesellschaftlichen Wandel muss die Personal-gewinnungsstrategie regelmäßig angepasst werden. Der Wandel wurde durch die Corona-Pandemie deutlich beschleunigt.
Bei der Umsetzung des E-Recruiting kommt es nicht darauf an, dass man alle Handlungs-felder ganzheitlich und perfekt umsetzt, sondern dass die Strategie wirksam ist und sukzessive ausgebaut wird. Es ist wichtig, die zentralen und zwingend notwendigen Punkte wirksam umzusetzen. Dazu gehören Social Media, Employer Branding, Arbeit-geber-Landingpage und das virtuelle Vorstellungsgespräch.

Jobbörsen entwickeln sich zu sozialen Medien

Gegen Social Media gibt es bei öffentlichen Arbeitgebern oft eine Abwehrhaltung. Dies liegt daran, dass der Begriff häufig mit Facebook, Instagram oder Twitter verbunden wird. Diese Plattformen sind interessant, aber zeit- und ressourcenintensiv und deshalb ein „Nice-to-have“.
Die klassischen Jobbörsen entwickeln sich jedoch weiter in Richtung Social Media. Plattformen wie Linkedin oder Xing haben schon seit Jahren die Möglichkeit, dass man sich ein Profil anlegt und in diesem eine Jobsuche hinterlegt. Die Nutzer müssen nicht mehr aktiv auf Jobsuche gehen, sondern die Portale informieren sie über neue attraktive Angebote, die zu ihnen passen könnten.

Business-Plattform mit Mehrwert

Diese Portale können aber noch mehr. Beispielsweise ist die Business-Plattform Xing mit der Arbeitgeberbewertungsplattform Kununu verknüpft, sodass die Interessenten nicht nur auf eine attraktive Stelle hingewiesen werden, sondern auch gleich noch eine Bewertung des Arbeitgebers erhalten.
Es ist wichtig, dass Arbeitgeber diese Plattformen aktiv nutzen oder zumindest im Blick haben und auf Bewertungen reagieren, sodass auch in der virtuellen Welt kein negativer Eindruck unkommentiert stehen bleibt. Eine interessante Plattform ist auch „goodjobs“. Dort soll es bei der Stellensuche nicht um den Profit, sondern die Sinnhaftigkeit gehen. Gerade bei der Suche nach IT-Spezialisten hat sich das Portal bei den öffentlichen Arbeitgebern als hilfreich erwiesen.
Wichtig ist aber auch die Personalbindung, denn sie ist gleichzeitig der erste Schritt zur Personalgewinnung. Der Arbeitgeber muss sich seiner Stärken und Schwächen bewusst sein und seine Stärken gezielt im Rahmen einer Arbeitgebermarke (Employer Branding) nach innen und außen vermarkten. Dabei ist es wichtig, dass die Trümpfe erfolgreich ausgespielt werden.

Vorteile klar benennen

Gerade in der Corona-Pandemie hat sich gezeigt, wie flexibel öffentliche Arbeitgeber beim Homeoffice und der Gestaltung der Arbeitszeiten sind. Nahezu jeder machbare Wunsch der Bediensteten wurde und wird umgesetzt. Es reicht nicht aus, wenn man auf der Homepage „familienfreundlicher Arbeitgeber“ schreibt. Das macht die private Wirtschaft auch.
Vielmehr muss man erklären, was man alles zu bieten hat, von A wie Arbeitszeit bis Z wie Zukunftsmöglichkeiten. Dies kann man in einer Stellenanzeige nicht unterbringen, daher müssen die Inhalte auf der Webseite des Arbeitgebers attraktiv dargestellt werden. Bei den Arbeitgebern hat sich die sogenannte „Karriereseite“ etabliert. Wichtig dabei ist, dass direkt von der Startseite ein Link auf die Karriereseite führt.
Eine Arbeitgeber-Landingpage ist aber mehr als nur eine Karriereseite. Unter Landing-page versteht man eine zielgruppenorientierte Webseite, wo die Interessenten aufgrund einer Suche oder eines konkreten Interesses landen. Auf dieser Seite sollten alle notwendigen Informationen intuitiv, attraktiv und modern dargestellt werden.

Chat-Funktion oder Messenger-Dienst

Neben einem Arbeitgebervideo ist eine grafische Darstellung der Mitarbeitenden-Benefits genauso wichtig wie die Darstellung der offenen Stellen und eines einfachen Kommunikationsweges für Fragen. Für die Interessenten ist es motivierend, wenn sie bei Fragen ungezwungen per Chatmöglichkeit oder Messenger-Dienst mit dem Arbeitgeber in Kontakt treten können.
Ob der Arbeitgeber eine Landingpage als erweiterte Karriereseite gestaltet oder die eigentliche Karriereseite mit mehreren Landingpages je nach Zielgruppe untergliedert, muss jeder Arbeitgeber für sich selbst entscheiden. Eine Differenzierung zwischen Auszubildenden und Fachkräften ist in der Regel immer sinnvoll.

Kennenlernen 4.0

Ein weiterer Baustein ist das virtuelle Vorstellungsgespräch. Jede Krise bietet zugleich auch eine Chance. Zu Beginn der Corona-Pandemie waren die Videokonferenzen noch ungewohnt, aber zwischenzeitlich sind diese bei den öffentlichen Arbeitgebern etabliert. Gerade im Vorstellungsgespräch sollte diese Chance nicht ungenutzt bleiben.
Bei mehrstufigen Verfahren oder wenn Teilnehmende aufgrund einer langen Anfahrt einen Termin nicht oder nur erschwert wahrnehmen können, ist es ein sehr wichtiges Angebot, das Gespräch digital zu führen.
Zig Ziglar sagte einmal: „Du musst nicht großartig sein, um anzufangen. Aber du musst anfangen, um großartig zu werden.“ Jeder Arbeitgeber kann eine modernen und wirksame Personalgewinnungsstrategie (weiter-) entwickeln. Sie ist nicht die Lösung auf alle Probleme, aber ein wichtiger Ansatz, um auch für die Zukunft die notwendigen Fachkräfte gewinnen zu können.
Wichtig ist, die aktuelle Situation zu analysieren, sich seiner Stärken bewusst zu werden und diese weiter auszubauen. Mit dieser Erkenntnis kann dann mit eigenen Bordmitteln oder einer externen Begleitung eine Strategie entwickelt werden, die den Ressourcen und Anforderungen entspricht.

Der Autor: Andreas Junt ist Leiter der Stabstelle Kommunal- und Rechnungsprüfung beim Landkreis Freudenstadt sowie Dozent und Autor für die Themen Arbeits- und Tarifrecht des öffentlichen Dienstes, Personalmanagement, Organisation- und Führungskräfteentwicklung.