Viele Fahrgäste teilen sich Busse und Bahnen: So bewegen sich die Emissionen je Personen-Kilometer auf einem niedrigen Niveau. Die Kölner Verkehrsbetriebe wollen aber mehr und sind mit komplexen Umbauplänen unterwegs.
Manchmal erscheint es einem wie eine Crux: Die Themen des Klima- und Umwelt-schutzes wechseln sich in ihrer Präferenz ab und fordern immer wieder neue Ausrichtungen. Noch vor wenigen Jahren stand die Stickoxid-Belastung im Mittelpunkt der politischen Diskussionen. Nachdem die Deutsche Umwelthilfe (DUH) Klagen bezüglich der Luftqualität in zahlreichen Kommunen angestrengt hat, wurden mit massivem Nachdruck umfangreiche Programme zur Verbesserung der Luftqualität durchgeführt.
Ein paar Jahre vorher war es der Feinstaub, der die Kommunen und auch die Verkehrs-unternehmen antrieb. Daneben „kämpft“ sich der Lärmschutz immer wieder an die Oberfläche. Und bei alledem wissen wir seit knapp 40 Jahren, dass es höchste Zeit für einen wirkungsvollen Klimaschutz ist.
Schwierig ist das, weil mit der Verschiebung von Präferenzen leider viel zu häufig die politische Unterstützung bei der Bewältigung des einen und des anderen Themas wechselt. Der Fokus wurde und wird immer wieder neu ausgerichtet. Das kann zum Hemmschuh für die Themen werden, die – zumindest zeitweilig – in den Schatten geraten.
Weniger CO2-Emissionen durch bündelnde Wirkung
Dabei ist die darüber liegende Erkenntnis eigentlich einfach: Alle diese Themen sind und bleiben langfristig wichtig. Ihre „Abarbeitung“ erfordert hin und wieder langen Atem und darf nicht unterbrochen werden. Und: Der öffentliche Verkehr besitzt einen nennenswerten Umweltvorteil. Bereits durch seine „bündelnde Wirkung“ – viele Fahrgäste „teilen“ sich Busse und Bahnen – bewegen sich die Emissionen je Personen-Kilometer auf einem vergleichsweise niedrigen Niveau.
Allein das Beispiel Klimaschutz kann das verdeutlichen. Die Kölner Verkehrsbetriebe (KVB) emittieren insgesamt, über das gesamte Unternehmen betrachtet, aktuell laut EMAS-Auditierung des Jahres 2022 33,81 Gramm Kohlendioxid (CO2) je Personen-Kilometer.
Hierin ist sogar noch der Corona-Effekt durch die drastisch zurückgegangene Fahrgast-zahl enthalten. Im Jahr 2030 – so die belastbare Prognose – werden es durch die Umstellung der gesamten Busflotte auf E-Mobilität mit Ökostrom nur noch sieben Gramm CO2 je Personen-Kilometer sein.
Projekt „MuLI“
Und dennoch ruhen sich die Unternehmen des öffentlichen Verkehrs nicht auf ihrem Umweltvorteil aus. Sie wollen ihre Klima- und Umweltbilanz Thema für Thema weiter verbessern. Dabei können die Unternehmen auch dem Verkehr insgesamt dienen, denn – neben der Vorbildrolle – haben sie die Strukturen, neue Technologien in der Praxis zu erproben und zu etablieren.
Nicht ohne Grund hat die Einführung der E-Mobilität im öffentlichen Verkehr dauerhaft begonnen, im Schienenverkehr seit über 100 Jahren, im Busverkehr seit etwa zehn Jahren. Die KVB hat mit ihrem Schwesterunternehmen Rheinenergie und dem Autobauer Ford das Projekt „MuLI – Multimodale Lademodul-Integration“ gestaltet, mit dem die Ladeinfrastruktur für Straßenfahrzeuge an die Stromversorgung des Stadtbahnnetzes angeknüpft wird.
Hierbei wurden unter anderem gebrauchte Autobatterien in sogenannten Batterstacks zusammengefasst und als Speichermedien im stationären Einsatz getestet. Dies ist ein solches Beispiel, auf welche Weise der öffentliche Verkehr zum Pionier für weitere Verkehrssegmente wirkt. Und in der Elektrifizierung der Pkw- und Lkw-Flotte liegt aufgrund deren Masse der Schlüssel für die Erreichung der Klimaschutzziele im Verkehr.
Weniger Luftverschmutzung und Lärm
Ein entscheidender Faktor darf dabei jedoch in keinem Fall übersehen werden: E-Mobilität hat nur dann einen Vorteil gegenüber dem klassischen Einsatz fossiler Treibstoffe, wenn sie mit Ökostrom betrieben wird. Dieser steht im Mittelpunkt der verschiedenen genannten Themenstellungen. Er ist emissionsfrei und reduziert somit den Ausstoß von Klimagasen, Stickoxiden und anderen Stoffen mit Relevanz für die Luftqualität auf null.
Auch Feinstaub in verschiedenen Partikelgrößen wird durch diesen Energieeinsatz deutlich reduziert, bleibt aber noch durch Reifenabrieb, Grafitabrieb und Bremssand in gewissen Anteilen erhalten. E-Mobilität per se reduziert, zumindest im Busbetrieb, zudem den Lärm sehr deutlich. Im Schienenverkehr verbleiben Körper- und Luftschall wie durch das „Kurvenquietschen“ jedoch noch erhalten und bedürfen anderer Lösungen.
Dieser große Bogen führt zu einer wichtige Erkenntnis bezogen auf die verschiedenen genannten Themen: E-Mobilität steht im Mittelpunkt der inzwischen ins Rollen gekommenen Antriebswende des gesamten Verkehrs. Aber es Bedarf vor allem der Mobilitätswende. Nur wenn der Anteil des öffentlichen Verkehrs am Gesamtverkehr deutlich ausgebaut werden kann, dann hat die Energieeffizienz, die angesichts des knapp werdenden Ökostroms sehr notwendig ist, eine Chance. Auch hier ist die bündelnde Wirkung des öffentlichen Verkehrs wieder von großer Bedeutung.
Fahrplan für eine neue Mobilität
Die Stadt Köln hat 2018 einen grundlegenden Beschluss gefasst, der die Umstellung des gesamten Busbetriebs der KVB auf E-Mobilität bis 2030 darstellt. Hierauf aufbauend läuft ein umfangreiches Programm, mit dem inzwischen Busbeschaffungen in Größen von etwa 50 Fahrzeugen je Vergabe stattfinden. Aktuell verfügt die KVB über mehr als 60 E-Busse, ab dem nächsten Jahr kommen rund 50 weitere hinzu.
Die darauffolgende Beschaffung zielt auf die Auslieferung der nächsten ähnlich großen Gruppe in den Jahren 2023/24 ab. Im Stadtgebiet wird die Ladeinfrastruktur an Endhaltestellen aufgebaut, die die nächtliche Ladung auf Betriebshöfen ergänzt und somit den Einsatz von Ökostrom im gesamten E-Bus (nicht nur für den Antrieb) ermöglicht.
Ein neuer Betriebshof für E-Busse wird aufgebaut, der bisherige Betriebshof wurde bereits zum Teil umgebaut, der Umbau des Betriebshofes eines Tochterunternehmens steht vor der Planung.
Geplante Erweiterungen
Zugleich wird die Stadt Köln mit ihrer Roadmap zum Ausbau des Stadtbahnnetzes die Möglichkeiten des Schienenverkehrs durch die KVB deutlich verbessern. In dieser Roadmap ist die Verlängerung und Neuanlage einiger Schienenverbindungen enthalten.
Vor allem sind hier der Ausbau der Nord-Süd Stadtbahn in den Kölner Süden, der aktuell läuft, und die Planungen zur Kapazitätserweiterung der Ost-West-Achse durch das Stadtgebiet zu nennen. Hierdurch kann der Anteil des öffentlichen Verkehrs am Modal Split signifikant gesteigert werden und somit den Themen des Klimaschutzes und Umweltschutzes maßgeblich dienen.
Darüber hinaus ist die Stadt Köln in den Ausbau des Bahnknotens Köln mit Kapazitäts-erweiterungen und neuen S-Bahn-Verbindungen eingebunden. Hier wirken die Deutsche Bahn, der Bund und das Land Nordrhein-Westfalen auf den Ausbau der E-Mobilität über die Schiene und auf die Vergrößerung des ÖV-Anteils im Model Split hin.
Integration von Sharing-Anbietern
Das Kölner Kleeblatt wird durch den Ausbau des Umweltverbundes komplettiert. Die Stadt verbessert in kurzer Zeit die Bedingungen des Radverkehrs wesentlich, was sich in einem deutlich steigenden Anteil des Radverkehrs am gesamtstädtischen Verkehr zeigt.
Die KVB erfüllt ihre Aufgabe als Rückgrat des Umweltverbundes unter anderem durch die Etablierung der KVB-App als das Schlüsselinstrument des Kölner Umweltverbundes und durch die Integration immer weiterer Anbieter des Sharings – von Carsharing über Leihräder, Leihlastenräder, E-Scooter und auch E-Mopeds. Hier entstehen Mobilstationen genauso wie kundenorientierte vertriebliche Kooperationen. Stephan Anemüller
Der Autor: Stephan Anemüller ist Mediensprecher der Kölner Verkehrsbetriebe AG.