Erwartungsgemäß wurde die Novellierung der Kommunalabwasserrichtlinie im EU-Parlament verabschiedet. „der gemeinderat“ fasst die wesentlichen Punkte zusammen, Professor Uli Paetzel, Präsident der DWA Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall, ordnet sie aus wasserwirtschaftlicher Sicht ein.
Klimawandel und (chemische) Rückstände gehören zu den wesentlichen Bedrohungen des Wassers. Um hier gegenzuwirken, haben sich der Rat der EU-Staaten und das Europäische Parlament geeinigt, die Vorgaben zur Behandlung von kommunalem Abwasser zu überarbeiten. Das Ziel: die menschliche Gesundheit und die Umwelt besser vor schädlichen Wassereinleitungen zu schützen.
Die Richtlinie wird eine größere Anzahl von Gebieten abdecken, da sie nun auch für kleinere Gemeinden ab 1000 Einwohnern gilt. Sie sieht vor, dass mehr Nährstoffe und Mikroschadstoffe aus kommunalem Abwasser entfernt werden müssen, insbesondere solche, die aus Arzneimitteln und Kosmetika stammen.
Ebenso sieht sie eine systematische Überwachung von Mikroplastik an den Zu- und Abläufen von kommunalen Abwasserbehandlungsanlagen sowie von Klärschlamm vor. Die zusätzliche Überwachung von „ewigen Chemikalien“ wie PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) soll das vorhandene Wissen zur Verbreitung dieser Chemikalien über das kommunale Abwasser verbessern.
Mit der neuen Richtlinie soll das Verursacherprinzip in der Wasserwirtschaft erstmals konkret umgesetzt werden. Pharmaunternehmen und Kosmetikhersteller müssen mindestens 80 Prozent der Kosten für die Beseitigung von Mikroschadstoffen tragen. Zudem müssen wichtige gesundheitsbezogene Parameter im kommunalen Abwasser regelmäßig überwacht werden, einschließlich antimikrobieller Resistenzen oder SARS-COVID-Erreger im Falle einer Pandemie.
Die neuen Maßnahmen sollen den sich wandelnden klimatischen Bedingungen Rechnung tragen. Dabei sehen sie in Bezug auf einen besseren Umgang mit Starkregenereignissen klare Verpflichtungen für die Mitgliedstaaten vor. Denn die jüngsten Ereignisse in verschiedenen Mitgliedstaaten wie Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Belgien hätten gezeigt, dass sich die Niederschlagsverhältnisse nicht nur im Sommer, sondern auch im Winter drastisch ändern müssen. Dringend nötig seien Maßnahmen, um die Anpassung des kommunalen Abwassersektors an diese neue Realität sicherzustellen.
Für Großstädte müssen die Mitgliedstaaten systematisch integrierte Bewirtschaftungspläne für den Umgang mit Niederschlagswasser aus starken Regenfällen entwickeln. Für kleinere Städte müssen sie dies tun, wenn solches Niederschlagswasser ein Risiko darstellt. In diesen Plänen müssen konkrete Bewirtschaftungsmaßnahmen festgelegt werden, wobei naturbasierte Lösungen bevorzugt werden sollen.
Die Richtlinie soll zur Kreislaufwirtschaft beitragen: indem sie die Qualität von Klärschlamm und behandeltem Abwasser verbessert, eine stärkere Wiederverwendung in der Landwirtschaft ermöglicht und sicherstellt, dass wertvolle Ressourcen nicht verloren gehen.
Zustimmung
Die Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA) begrüßt die neue Kommunalabwasserrichtlinie. „Sie ist ein Meilenstein für den Gewässerschutz“, betont DWA-Präsident Professor Uli Paetzel anlässlich der Verabschiedung der Novellierung der Kommunalabwasserrichtlinie am 10. April im EU-Parlament.
Paetzel verweist allerdings auch auf die Folgen: „Die Umsetzung der novellierten Kommunalabwasserrichtlinie wird allein in Deutschland in den nächsten 20 Jahren Investitionen von 20 bis 25 Milliarden Euro auslösen.“ Etwa die Hälfte dieser Summe entfalle auf die weitergehende Abwasserbehandlung, die mit der Erweiterten Herstellerverantwortung von der Humanarzneimittelindustrie und Kosmetikherstellern übernommen werden soll.
Sobald der EU-Ministerrat die novellierte Kommunalabwasserrichtlinie final verabschiedet hat — dies ist für den Herbst 2024 vorgesehen – müsse Deutschland die Richtlinie pragmatisch umsetzen. Dies gelte vor allem für die Erweiterte Herstellerverantwortung. Paetzels Appell: „Die deutsche Abwasserwirtschaft braucht Planungs- und Rechtssicherheit, um die für den Gewässerschutz absolut sinnvollen Maßnahmen umfassend und fristgerecht umsetzen zu können.“
Wichtig sei für die deutsche Abwasserwirtschaft zudem eine Anpassung der Überwachungsmethodik für Stickstoff und Phosphor im Kläranlagenablauf an die europäischen Vorgaben. „Wenn die derzeit bestehende erheblich strengere Überwachungsmethodik fortgesetzt wird, werden die deutlich strengeren neuen Grenzwerte kaum eingehalten werden können“, so Paetzel. „Zudem fehlt dann weiter jegliche europaweite Vergleichbarkeit. Der deutsche Sonderweg bei der Überwachungsmethodik muss beendet werden.“
Red.