Die Gigabitstrategie sieht das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) als den zentralen Kompass auf dem Weg zu digitalen Hightech-Netzen in Deutschland. Welche Maßnahmen sind dafür vorgesehen?
Ob Verkehr und Mobilität, Wirtschaft und Verwaltung, Arbeit und Alltag: Die Digitalisierung ist der Booster für mehr Fortschritt, für mehr Klimaschutz, für neue Chancen. Flächendeckende, hochleistungsfähige digitale Infrastrukturen sind die Voraussetzung dafür, dass die digitale Transformation Deutschlands gelingt. Die Gigabitstrategie wird der zentrale Kompass auf dem Weg zu digitalen Hightech-Netzen in Deutschland sein.
Das Ziel für ein modernes Deutschland ist klar: Bis 2030 soll es Glasfaser bis ins Haus und den neuesten Mobilfunkstandard überall dort geben, wo Menschen leben, arbeiten oder unterwegs sind. In einem ersten Schritt wollen wir bis Ende 2025 die Anzahl der Glasfaseranschlüsse verdreifachen.
Bis dahin wollen wir außerdem, dass mindestens die Hälfte der Haushalte und Unternehmen mit FTTB/H versorgt ist. Diese ambitionierten Ziele wollen wir erreichen, indem wir Verfahren beschleunigen und vereinfachen, die Förderpolitik für den Glasfaserausbau optimieren und alles tun, um Lücken im Mobilfunknetz zu schließen. Auf diesem Weg verfolgen wir vier Strategien:
1. Förderung ohne Aufgreifschwelle
Trotz angekündigter eigenwirtschaftlicher Investitionen im ländlichen Bereich wird es auch zukünftig Gebiete geben, die wirtschaftlich nicht erschlossen werden können und staatliche Unterstützung benötigen. Ab 2023 gibt der beihilferechtliche Rahmen die Möglichkeit, ohne Aufgreifschwelle auch Haushalte zu fördern, die bereits mit 100 Mbit/s versorgt sind. Unser Gigabit-Förderprogramm ist damit europaweit einzigartig.
Wir setzen mit Blick auf die große Zahl förderfähiger Anschlüsse auf eine gestaffelte Förderung. Gebiete mit einer vergleichsweise schlechten Versorgungsperspektive sollen schneller in die Förderung kommen als solche mit einem höheren Potenzial für eine privatwirtschaftliche Erschließung. Als Indiz dafür kann ein hoher Anteil an weißen Flecken als einfach feststellbares Formalkriterium dienen. Ein dem Markterkundungsverfahren vorgeschaltetes, weiteres Verfahren ist dann entbehrlich.
Künftig sollen die Länder eine entscheidende Rolle spielen. Sie können entscheiden, in welchen Regionen ein geförderter Ausbau stattfinden soll. Etablierte Verfahren bleiben möglichst weitgehend erhalten, Änderungen an den Fördersätzen sind nicht beabsichtigt. Künftig sollen größere Fördercluster gebildet werden, um eine stärkere Abdeckung zu erreichen. Bis Mitte 2022 werden wir die offenen Fragen im Dialog mit unseren Partnern klären. So können sich die Kommunen auf die konkrete Ausgestaltung der Förderkulisse ab 2023 einstellen und bekommen Planungssicherheit.
2. Förderverfahren beschleunigen und Kommunen unterstützen
Wir werden die Antragstellung im Förderverfahren schrittweise voll elektronisch ausgestalten (digital in – digital out). Die Antragsteller müssen künftig nur vertraglich verbindliche Ausbaumeldungen im Markterkundungsverfahren berücksichtigen. Die verschiedenen Ausschreibungen im Betreibermodell für Bau, Planung und Betrieb sollen zukünftig parallel geführt werden können. Dies kann für das Förderverfahren zu einer Zeitersparnis von mehreren Monaten führen. Musterverträge vereinfachen und beschleunigen den Förderprozess für die Kommunen erheblich, weil die zeitraubende und komplexe Vertragsgestaltung zum Netzausbau/-betrieb einer jeden Kommune mit den TK-Unternehmen entfällt und eine sachgerechte Verteilung von Rechten und Pflichten gewährleistet wird.
Ein Mustervertrag, wie er für das Wirtschaftlichkeitslückenmodell bereits verbindlich vorgegeben wird, wird auch für das Betreibermodell eingeführt werden, um das Verfahren zu vereinfachen und um die Attraktivität des Betreibermodells deutlich zu stärken. Darin sehen wir eine große Hilfe für die kommunale Verwaltung. Die wirkungsvolle Unterstützung der Kommunen werden wir auch im Hinblick auf die Neuausrichtung des Förderverfahrens konsequent fortsetzen.
Die Instrumente dafür sind etwa der Einsatz von Förderlotsen der Projektträger und das Angebot von Handreichungen zur Verfahrensführung und Muster-Dokumenten für die Kommunen. Das Gigabitbüro des Bundes wird in Abstimmung mit den entsprechenden Stellen der Länder die beteiligten Kommunen hierbei aktiv unterstützen, etwa durch Roadshows.
3. Anreize für den Ausbau setzen
Das KfW-Förderprogramm, das über zinsverbilligte Kredite den marktlichen Breitbandausbau unterstützt, nimmt zunehmend Fahrt auf, so dass bis Mitte März 2022 bereits rund 180 Millionen Euro an zinsverbilligten Darlehen durch die KfW zugesagt werden konnten. Dieses Instrument werden wir mit den erforderlichen weiteren Haushaltsmitteln ausstatten.
Gutscheine kommen grundsätzlich als Instrument zur Stärkung der Nachfrage und Verbesserung der Versorgung als Überbrückung bis zur Gigabiterschließung in Betracht. Die Ausgestaltung eines möglichen Gutscheinprogramms werden wir noch prüfen.
Nachfragestimulierend können auch Informationskampagnen für Bauherren und Architekten wirken, die die Erschließung oder Ausstattung von Gebäuden mit Hochleistungsanschlüssen von Anfang an einplanen sollten. Das Gleiche gilt für die Verpflichtung zur Ausstattung von neuen oder umfangreich renovierten Mehrfamilienhäusern mit passiven Infrastrukturen für Netze mit sehr hoher Kapazität (Inhouse-Verkabelung).
4. Moderner europäischer Rechtsrahmen
Auf europäischer Ebene setzen wir uns dafür ein, dass die Richtlinie 2014/61/EU über Maßnahmen zur Reduzierung der Kosten des Ausbaus von Hochgeschwindigkeitsnetzen für die elektronische Kommunikation modernisiert und an den Ausbau von „Very High Capacity“-Netzen angepasst wird.
Im Rahmen der Überarbeitung der europäischen Breitbandbeihilfevorschriften machen wir uns intensiv dafür stark, dass wir in Deutschland rechtssicher und ambitioniert den flächendeckenden Ausbau von Gigabitnetzen und leistungsstarken Mobilfunknetzen dort unterstützen können, wo kein privatwirtschaftlicher Ausbau stattfindet.