Die Kläranlage in Husum muss mit stark variierenden Abwassermengen umgehen: durch einen Schlachthof, den Tourismus und Regengüsse. Jetzt wurde umgerüstet – die Lösung bietet Flexibilität, hohe Leistung und Energieeffizienz.
Kläranlagen haben vielfältige Herausforderungen zu lösen. Eine davon ist die oft hohe Verschiedenartigkeit der Einleiter und die dadurch stark variierenden Abwassermengen. Oft ist dabei eine enorme Flexibilität und Anpassungsfähigkeit der Belüftungssysteme gefragt – zum Beispiel bei der Kläranlage in Husum, die inzwischen umgerüstet ist und in punkto System-Elastizität ein Vorzeigebeispiel in Deutschland darstellt.
Grundsätzlich ist die Anlage der Nordseestadt ausgelegt auf eine Abwassermenge von rund zwei Millionen Kubikmeter pro Jahr und einem Einwohnerwert von 110.000 EW. Davon jedoch beansprucht allein der größte Schlachthof der Region, der am anderen Ende der Stadt liegt, bis zu 60 Prozent der Anlagenkapazität – und das vor allem tagsüber.
Nach den Schlachtungen am Morgen kommen die ersten Abwassermengen etwa eine Stunde später in der Kläranlage an. Dabei gibt es meist sehr hohe Stickstofffrachten im Abwasser, die in der Anlage gereinigt werden müssen.
Die Einträge schwanken über den gesamten Tag hinweg, bis am Abend das Schlachtzentrum gereinigt wird und es zu einer weiteren Eintragungsspitze kommt. Danach sinken Abwassermenge und Fracht oft jäh ab und bleiben die Nacht hindurch bei deutlich unter 50 Prozent der Anlagenleistung – so auch an Wochenenden und an Feiertagen.
Im Sommer sind zudem punktuelle Steigerungen durch touristische Aktivitäten zu verzeichnen, die sich in der Nordseestadt ergeben können. Dazu kommen die für die Region typischen Regengüsse, die aufgrund des verbauten Mischkanals im Altstadtbereich eine Menge Fracht mit sich bringen.
Die Kläranlage muss also hochflexibel ausgelegt sein und enorme Unterschiede in der Eintragung bewältigen. Diese Aufgabe ist von hoher Bedeutung, denn der Ablauf der Kläranlage verläuft über den Außenhafen von Husum in der Nähe eines Badestrandes direkt in die Nordsee. Da- durch erfordert die Abwasserreinigung besondere Sorgfalt.
Mehr Leistung, weniger Strom
Seit Januar 2024 sind in der Husumer Anlage Aerostrip Streifenbelüfter von Aquaconsult im Einsatz: In einem Umrüstungsprojekt wurden in den Sommermonaten 2023 über 450 Belüfter in den beiden Becken der Anlage installiert. Damit wurde die Abwasserbehandlung von Oberflächen- auf Druckbelüftung mittels Streifenbelüfter umgestellt.
Ziel der Stadtwerke war es, durch diese Umstellung die enormen Belastungsspitzen abzufangen und damit die Betriebssicherheit zu erhöhen. Zudem sollten die Reinigungsleistung verbessert und die Energieeffizienz gesteigert werden.
Seit Januar ist die Anlage im stabilen Volllastbetrieb, und schon jetzt zeigen sich in Sauerstoffeintragstests beachtliche Werte von sechs Kilogramm pro kWh. Zudem werden bis zu 30 Prozent Energieeinsparung im geregelten Betrieb prognostiziert.
Mit einer Effizienzsteigerung in dieser Höhe würde sich die Kläranlage in Husum bald vollständig selbst mit Energie versorgen können. Möglich ist das, weil die Windkraftanlage am Klärwerksgelände schon jetzt einen Großteil des notwendigen Stroms liefert. Bislang musste man allerdings für den Klärbetrieb im Jahresverlauf noch zusätzlich rund 700.000 kWh aus dem öffentlichen Stromnetz beziehen. Mit der Umrüstung auf die Streifenbelüfter erhofft man sich nun aber einen großen Schritt in Richtung Autarkie.
Rüdiger Vrabac
Der Autor
Rüdiger Vrabac ist Niederlassungsleiter bei der Aquaconsult Anlagenbau GmbH in Deutschland.