Desinfektionsroboter reinigt öffentliche Gebäude

Keine Chance für Keime und Viren: Mit seinen Reinigungsbürsten entfernt „DeKonBot 2“ Schmutz von der Türklinke und trägt gleichzeitig flächendeckend Desinfektionsmittel auf. Foto: Fraunhofer IPA/Rainer Bez

Die regelmäßige Desinfektion von Oberflächen hilft dabei, die Belastung durch Erreger und Viren in öffentlichen Gebäuden zu verringern. Zwölf Fraunhofer-Institute haben gemeinsam einen neuen Reinigungsroboter entwickelt, der dieser Aufgabe gerecht wird.

Reinigungs- und Desinfektionsaufgaben in Gebäuden stehen seit Beginn der Corona-Pandemie im Fokus, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern. Die angespannte Personalsituation und die aufwendige Qualitätskontrolle setzen die Reinigungsbranche zudem schon länger unter Druck. Robotische Assistenzsysteme können hier unterstützen. Um für passgenauere Automatisierungslösungen und Unterstützung zu sorgen, entwickelten zwölf Einrichtungen der Fraunhofer-Gesellschaft im Projekt „Mobdi – Mobile Desinfektion“ von Oktober 2020 bis November 2021 neue Schlüsseltechnologien für die roboterbasierte Reinigung und Desinfektion. Das Projekt erhielt Fördermittel aus dem Aktionsprogramm „Fraunhofer vs. Corona“.

Zu den zwölf beteiligten Fraunhofer-Einrichtungen gehört beispielsweise das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung (IPA), das „DeKonBot 2“ entwickelt und aufgebaut hat. Das Fraunhofer-Zentrum für Internationales Wissensmanagement und Wissensökonomie (IMW) entwickelte die graphische Benutzeroberfläche für die intuitive Bedienung. Anvisierte Einsatzbereiche sind öffentliche Gebäude und Einrichtungen im Gesundheitswesen. 2022 soll der Roboter gemeinsam mit der Firma Metralabs zur Produktreife gebracht werden, sodass er ab Anfang 2023 ausgeliefert werden kann.

„DeKonBot 2“ ist die Weiterentwicklung des gleichnamigen Desinfektionsroboters, den das IPA 2020 in erster Generation vorgestellt hat. Basierend auf den gewonnenen Erfahrungen überarbeiteten die Robotikexperten die Hardwarekomponenten. „Ziel der Weiterentwicklung war es, einen kompakten, kostengünstigen und funktionalen Roboter zu gestalten“, erklärt Simon Baumgarten, Wissenschaftler am IPA und verantwortlich für den Aufbau des Roboters. „Herausfordernd war zudem, das Reinigungswerkzeug flexibel, raumsparend und zugleich so zu gestalten, dass es unterschiedliche Objekte effektiv desinfiziert.“

Objekte erkennen mit 2D-RGB-Bildern

Als mobile Basis wird der Scitos X3 eingesetzt: eine Plattform, die mit einem einfachen Differentialantrieb relativ kostengünstig ist und viel Platz für alle nötigen Aufbauten bietet. Der ursprüngliche Scara-Roboter wurde durch einen kollaborativen Sechsachs-Knickarm-Roboter der Firma Universal Robots ersetzt, der sich besser um die zu desinfizierenden Objekte herumbewegen und alle relevanten Kontaktflächen erreichen kann.

Statt des bisherigen Mikrofaserschwamms nutzt „DeKonBot 2“ ein Bürstensystem. Das Eintauchen der Bürsten in den Tank mit Desinfektionsmittel reinigt die Bürsten und verhindert, dass Keime über das Reinigungswerkzeug verschleppt werden. Softwareseitig ist die Erkennung der zu desinfizierenden Objekte eine Schlüsseltechnologie des Roboters.

Die Algorithmen müssen bei unterschiedlichen Umgebungsbedingungen, beispielsweise variierenden Beleuchtungsverhältnissen, zuverlässig funktionieren. Dabei sind Türklinken, Lichtschalter und Aufzugknöpfe in verschiedenen Formen zu erkennen und zu lokalisieren. Möglich machen dies maschinelle Lernverfahren, die Objekte anhand von zweidimensionalen RGB-Bildern erkennen und in verschiedene Objekttypen klassifizieren. Zur Ermittlung der exakten Position und Kontur des zu reinigenden Objekts dient ein neu entwickeltes Sensorsystem.

Einmaliger Einlernprozess

Um den autonomen Betrieb zu ermöglichen, muss „DeKonBot 2“ einmalig eingelernt werden. Hierfür wird der Roboter per Fernsteuerung durch die gesamte zu reinigende Umgebung gefahren und erstellt davon automatisch eine Karte. Nach dem Einlernprozess kann die autonome Reinigung beginnen: Der Roboter fährt selbstständig den festgelegten Bereich ab, bewegt sich zu der vorher eingelernten Position vor dem Objekt und bewegt seinen Arm mit den Sensoren und dem Reinigungswerkzeug nach vorne.

Dabei streift er die Bürsten an einem Gitter ab, um Tropfen zu vermeiden. Er vermisst das Objekt mit seinen Sensoren und plant die nötige Bewegung des Roboterarms, damit die Bürsten das Objekt vollständig desinfizieren. Ist die Desinfektion beendet, positioniert er das Reinigungswerkzeug wieder im Desinfektionsmitteltank und fährt zum nächsten Objekt.

Ein Ziel der Weiterentwicklung des „DeKonBot“ war, die Produktnähe und Praxistauglichkeit zu verbessern. Um diese zu überprüfen, führten die Wissenschaftler des IPA und IMW eine Woche lang Praxistests auf einer Etage in einem Bürogebäude der EnBW durch. „Mit der technischen Zuverlässigkeit und den erzielten Leistungsdaten sind wir sehr zufrieden“, bilanziert Baumgarten. Die autonome Navigation des Roboters in der Einsatzumgebung funktionierte fehlerfrei. Das Erkennen und Desinfizieren von Türklinken und Lichtschaltern verlief ebenfalls erfolgreich. Die Probanden können sich gut vorstellen, mit dem Roboter dauerhaft zusammenzuarbeiten. Karin Röhricht

Die Autorin: Karin Röhricht ist Redakteurin in der Abteilung Roboter- und Assistenzsysteme am Fraunhofer IPA in Stuttgart.