Dem Niederschlagswasser den Abfluss ermöglichen

Eine im Bau befindliche Rigole: ein unterirdischer oder teilweise oberirdischer Pufferspeicher, um eingeleitetes Regenwasser aufzunehmen und zu versickern. Foto: IFB Eigenschenk

Niederschlagswasser darf nur in Ausnahmefällen in die Kanalisation eingeleitet werden, eine Versickerung ist wasserwirtschaftlich sinnvoller. Je nach lokalen Gegebenheiten gibt es passende Lösungen.

Eine Ableitung von Niederschlagswasser in die Kanalisation ist nur in Ausnahmefällen erlaubt. Daher bieten sich zwei Möglichkeiten, das Wasser zu beseitigen: Versickerung oder Einleitung in ein Oberflächengewässer. Für eine nachhaltige Grundwasserbewirtschaftung wird meist eine Versickerung angestrebt. Nur wenn dies nicht möglich ist, wird die Einleitung in ein Gewässer genehmigt. Ob und wie die Versickerung umsetzbar ist, hängt von der Sickerfähigkeit des Untergrundes ab. Diese wird von den Materialeigenschaften beeinflusst: Je höher die effektive Porosität, desto durchlässiger und sickerfähiger ist ein Boden. Neben einer zu geringen Durchlässigkeit kann auch eine zu hohe Durchlässigkeit eine Versickerung behindern, da bei einer zu schnellen Bodenpassage keine ausreichende Reinigungswirkung des Regenwassers erzielt wird.

Niederschlagswasser muss vorgereinigt werden

Die Länge der Sickerstrecke bis zum Erreichen des Grundwassers spielt eine wichtige Rolle bei der Vorreinigung des Niederschlags: Der Abstand einer Versickerungsanlage zum mittleren höchsten Grundwasserstand (MHGW) muss mindestens einen Meter betragen. Sollte dies auf einem Gelände mit hohem Grundwasserstand nicht gewährleistet sein, sind alternative Entwässerungslösungen oder Vorreinigungsmaßnahmen erforderlich.

Der für die Bemessung einer Versickerung anzusetzende Durchlässigkeitsbeiwert des Untergrundes (kf-Wert) wird im Optimalfall direkt mittels Vor-Ort-Untersuchungen wie Sicker- oder Infiltrationsversuchen bestimmt. Näherungsweise kann der kf-Wert auch anhand der Korngrößenverteilung aus Siebanalysen ermittelt werden. Der MGHW wird meist aus Langzeitaufzeichnungen von Grundwasserständen in der Umgebung des Baugeländes errechnet. Wenn solche Messungen nicht in ausreichender Qualität zur Verfügung stehen, wird er von erfahrenen Fachleuten festgelegt.

Anhand der Untersuchungsergebnisse wird ein Entwässerungskonzept aufgestellt. Die Bemessung der Versickerungsanlage erfolgt auf Grundlage technischer Regelwerke, wie den DWA-Merk- und Arbeitsblättern M 153 und A 138. Dabei lässt sich durch gezielte Planung der zu entwässernden Flächen, z. B. durch sickerfähige Beläge oder Gründächer, die Dimension der Anlage optimieren.

Entscheiden für die Wahl der Anlage sind Platz- und Bodenverhätnisse

Bei der Wahl der Anlage sind neben den Untergrundeigenschaften die Platzverhältnisse entscheidend. Zwei Versickerungsmöglichkeiten stehen, teils auch in Abwandlungen oder Kombination, zur Wahl: die oberirdische (flächige Versickerung, Sickermulden/-becken) und die unterirdische (Rigolen, Sickerschächte).

Bei oberirdischen Anlagen erfolgt die Versickerung durch eine bewachsene Oberbodenschicht, sie sorgt für die Reinigung des Niederschlagswassers und stellt aus wasserwirtschaftlicher Sicht das Optimum der Entwässerung dar. Bei unterirdischen Anlagen ist eine technische Niederschlagswasserbehandlung in Abhängigkeit des Verschmutzungsgrades vorzuschalten. Oberirdische Versickerungsanlagen sind in Herstellung und Betrieb kostengünstiger als unterirdische, brauchen aber mehr Platz. Ist dieser Mangelware, bieten sich unterirdische Lösungen an. Sie sind aufgrund der notwendigen Behandlungsanlagen bei der Herstellung und bei der späteren Wartung mit höheren Kosten verbunden.

Eine Niederschlagsversickerung stellt eine Gewässerbenutzung dar, welche bei der Kreisverwaltungsbehörde zu beantragen ist. In einigen Bundesländern gibt es Freistellungsverordnungen für Kleinanlagen. Jonas Böhmer, Matthias Zeitlhöfler

Die Autoren:
Jonas Böhmer M. Sc. und Dr. Matthias Zeitlhöfler sind Experten für Georisiken und Hydrogeologie bei IFB Eigenschenk in Deggendorf.