Das Problem mit dem Müll – Innovationspreis soll Abhilfe schaffen

Müllberge und kein Ende in Sicht: Mit der richtigen Trennung könnten die Kosten für die Verwertung verringert werden. Dafür braucht es informierte und geschulte Bürger. Foto: Adobe Stock/CrispyMedia

Plastik in der Biotonne und Essensreste im Restmüll, so wird das nichts mit der Wiederverwertung und mit der im Kreislaufwirtschaftsgesetz beschlossenen Erhöhung der Biomüll-Fördermenge. Doch wie kann ein sinnvoller Umgang mit Müll aussehen? Welche Stellschrauben können Kommunen, welche Maßnahme kann jeder einzelne Bürger durchführen, um ein Ende der Müllkrise zu bewirken? Ein Innovationspreis soll Ansporn für Ideen sein.

 

Was bringt die Novellierung des Kreislaufwirtschaftsgesetzes?

Bernd Klinkhammer: Die Novellierung war hochnotwendig. Sie stellt die einschneidendste aller bisherigen Veränderungen dar, was die Abfallvermeidung und -trennung angeht. Sie greift deutlicher das Ziel der Nachhaltigkeit auf, außerdem ist sie sehr operativ. Repaircafés, Tafeln und ähnliche Modelle werden als Ideen genannt. Dies ist dem Umstand geschuldet, dass es vor Ort nicht immer so läuft.

Was machte die Novellierung so unumgänglich? Welche neuen Anforderungen werden gestellt?

Klinkhammer: Nach dem neuen Kreislaufwirtschaftsgesetz soll die Erfassungsmenge von Bioabfällen erhöht werden. Einerseits befinden sich zu viele Lebensmittel im Restmüll, andererseits aber zu viele Störstoffe im Biomüll. 70 bis 80 Kilogramm Lebensmittelabfälle fallen pro Einwohner im Jahr in Deutschland in privaten Haushaltungen an. Seit 10 bis 15 Jahren ist die Summe aller Abfälle in der Landesabfallbilanz weitgehend gleich. Auch das Verbot der Plastiktüten hat daran nichts geändert. Der Gelbe Sack ist generell ein Sorgenkind: Hier finden sich viele Störstoffe, die in riesigen technischen Anlagen aussortiert werden müssen. Die Kosten sind enorm und dadurch ebenso die Belastung für die Bürger.

Wie könnte das geändert werden?

Klinkhammer: In den 1990er Jahren wurde rund um das Thema Abfall und Mülltrennung eine enorme Öffentlichkeitsarbeit betrieben, zehn Jahre später ist das leider versandet. Das Wissen fehlt heute in zu vielen Fällen, es herrscht in der Breite mangelndes Umweltbewusstsein. Vor 20 Jahren war die Abfallberatung eine wirkliche Beratungsstelle. Heute sind die entsorgungspflichtigen Körperschaften mit der Organisation unterschiedlicher Systeme konfrontiert und vielfach mit administrativen Aufgaben überlastet. Dabei sollten sie Multiplikatoren sein für das Wissen rund um Abfallvermeidung und -trennung. Denn verantwortlich ist letztendlich jeder Bürger. Doch wie soll er den Durchblick behalten, bei den ganzen Regularien, über die häufig noch die Fachexperten streiten?

Wie steht es um die Vorbildfunktion öffentlicher Einrichtungen?

Klinkhammer: Hier ist noch Luft nach oben. Wir stellen fest, dass Behörden häufig nicht in die Abfallwirtschaftssysteme hinreichend eingebunden sind. Sie finden zum Beispiel Schulen ohne Abfalltrennung vor. Hierauf lag bislang kein Augenmerk und es besteht enormer Nachholbedarf. Kommunen und Landkreise sollten mit einer Ist-Aufnahmen beginnen. Was tun wir schon? Und wie gut? Wo tun wir noch nichts oder zu wenig? Dann beginnt man mit den ersten Schritten, füllt Lücken. Der Fokus sollte auf Kriterien liegen, die messbar sind. Hier ist auch Mut gefragt. Ein Beispiel sind Müllbehälter aus Recyclaten. Sie bedeuten hohe Kosten und es gibt keine Langzeiterfahrung damit. Das führt zu Unsicherheiten in den Kommunen. Fördergelder der Länder könnten das abmildern und Testläufe ermöglichen. Für Bürgermeister und Landräte ist es wichtig, den Unterschied zu beachten zwischen dem steuerfinanzierten und dem gebührenfinanzierten Haushalt, zu dem die Abfallwirtschaft gehört. Investitionen können hier einfacher finanziert werden.

Wie gehen Kommunen in schwierigen Stadtquartieren vor?

Klinkhammer: Wir geben Milliarden aus, um Müll zu trennen und Störstoffe auszusortieren. Das muss möglichst minimiert werden. Der einzige Weg, der Sinn macht, ist, eine nutzerspezifische Ansprache zu wählen und beispielsweise einen engen Kontakt mit den Hausverwaltungen zu suchen. Gemeinsam sollten erreichbare Ziele gesteckt werden. Wenn es dennoch nicht gelingt, störstoffarme Biotonnenabfälle zu erfassen, muss die Biotonne eben auch einmal abgezogen werden.

Die teamwerk AG lobt einen Innovationspreis für die beste studentische Idee zur Abfallvermeidung aus. Wie kam es dazu?

Klinkhammer: Wir wollen das Thema präsenter machen. Es wird völlig überschätzt, was man in einem Jahr erreichen kann, aber völlig unterschätzt, was man in fünf Jahren erreichen kann. Gerade die Kommunikation mit jungen Menschen schafft einen großen Mehrwert. Schon die Kinder in Kindergarten und Schule erziehen ihre Eltern, wenn man ihnen den richtigen Umgang mit Abfall zeigt. Studenten sind ebenso offen, sie haben gute und innovative Ideen. Das wollen wir uns und der Gesellschaft zu Nutze machen, daher der Innovationspreis.

Wer kann mitmachen?

Klinkhammer: Angesprochen sind Studenten aller Studienrichtungen, dem Gewinner winken 10.000 Euro Preisgeld. Wir werben an verschiedenen Hochschulen dafür und mehrere Landkreise unterstützen uns finanziell. Das Ziel ist es, den Preis jährlich auszuschreiben. Wir sind gespannt, wie die Ideen aussehen werden, es könnten technische Erfindungen sein, smarte Apps, Konzepte oder Gebührensysteme. Ich hoffe auf pfiffige Lösungen und eine Bewusstseinsveränderung.

Interview: Denise Fiedler

 

 

Diplom-Kaufmann Bernd Klinkhammer
ist Vorstandsvorsitzender der
teamwerk AG, Mannheim, einer Managementberatung
für die Öffentliche Hand unter anderem
in Fragen der Abfallwirtschaft