Clearingstelle für Glasfaserausbau

Bestandsaufnahme zum Glasfaserdoppelausbau im Auftrag des BMDV: 93 Fälle wurden für die Studie ausgewertet, geclustertert und rechtliche Handlungsoptionen dargestellt. Foto: Adobe Stock/Thomas Heitz

Versachlichen, informieren, beraten: Eine Clearingstelle soll bei der Klärung von Glasfaser Doppelausbauvorhaben Kommunen und Unternehmen unterstützen. Initiiert ist sie vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV), eingerichtet ist die Clearing- stelle beim Gigabitbüro des Bundes – Leiter Sven Butler erläutert die Anliegen.

Der eigenwirtschaftliche Ausbau von Glasfasernetzen erfolgt in Deutschland hauptsächlich durch privatwirtschaftliche Telekommunikationsunternehmen, die im Wettbewerb um Ausbaugebiete stehen. Mitunter kommt es dazu, dass gleich mehrere Telekommunikationsunternehmen Interesse am Ausbau einer bestimmten Region zeigen.

Folglich müssen die Anbieter unter dem Wettbewerbsdruck ein attraktives Produktportfolio für die Bürgerinnen und Bürger anbieten, um sie von einem Vertragsabschluss zu überzeugen. Insgesamt führt dieser Wettbewerb zu einem beschleunigten Glasfaserausbau, der auch vom Bund begrüßt wird. Problematisch kann hingegen ein strategischer Doppelausbau zur Sicherung einer Monopolstellung eines bestimmten Anbieters sein, durch den andere Anbieter im Markt verdrängt werden.

Rückzug bei Überschneidung?

Sobald zwei Telekommunikationsunternehmen das gleiche Gebiet ausbauen wollen oder sich zumindest teilweise in ihren Ausbaugebieten überschneiden, gewinnt das Thema Doppelausbau an Bedeutung. Letztendlich kann es zu einer Anpassung der geplanten Ausbaugebiete oder dem kompletten Rückzug eines Anbieters kommen, sodass in einer Kommune weniger Gebiete oder nur Teilgebiete eigenwirtschaftlich erschlossen werden.

Wie stellt sich Doppelausbau dar?

Dies hat zur Folge, dass das eigenwirtschaftlichen Ausbaupotenzial, das durch die Potenzialanalyse des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) ermittelt wird, nicht vollumfänglich ausgeschöpft werden kann und gegebenenfalls eine größere Anzahl an Haushalten unter dem Einsatz von Fördergeldern erschlossen werden muss. Kündigen mehrere Telekommunikationsunternehmen einen Ausbau an, ruft dies nicht selten Fragen in der Bevölkerung und auch auf Seiten der Kommunen hervor.

Wie in der Gigabitstrategie angekündigt, führt das BMDV eine Bestandsaufnahme zum Thema Glasfaserdoppelausbau durch. Hierbei hat zunächst das Wissenschaftliche Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste (WIK-Consult) Unterstützung geleistet: In einem umfassenden Sachstandsbericht, der im Oktober veröffentlicht wurde, wurden 93 Fälle ausgewertet, geclustert sowie rechtliche Handlungsoptionen dargestellt.

Des Weiteren hat das BMDV gemeinsam mit der Bundesnetzagentur eine Monitoringstelle zur Erfassung von doppelten Glasfaserausbauvorhaben eingerichtet. Sie geht der Frage nach, inwieweit mit einem Doppelausbau Wettbewerber an einem eigenen Ausbau gehindert werden sollen und ob dabei missbräuchliche oder unlautere Methoden zur Anwendung kommen. Sowohl für ausbauende Unternehmen als auch für kommunale Gebietskörperschaften steht auf der Webseite der Bundesnetzagentur ein strukturierter Erhebungsbogen zur Verfügung.

Was tun bei destruktiver Konkurrenz?

Eine wichtige Funktion im Zusammenhang mit der Glasfaserdoppelverlegung kommt zudem der Clearingstelle zu, die beim Gigabitbüro des Bundes eingerichteten ist. Sie wird auf Initiative von betroffenen Kommunen oder Unternehmen aktiv und agiert als Vermittler zwischen den Beteiligten. Dabei erfolgt eine Einzelfallbetrachtung mit dem Fokus auf die persönliche Beratung unter Einhaltung kartellrechtlicher Vorgaben.

Die Clearingstelle übernimmt in diesem Prozess eine moderierende Rolle unter Berücksichtigung aller Gesichtspunkte, getreu dem Motto „versachlichen, informieren und beraten“. Die Expertinnen und Experten weisen auf Möglichkeiten zur Kooperation hin, dazu gehört unter anderem die Nutzung von Open Access oder die Mitverlegung passiver Netzinfrastrukturen.

Angebote für Kommunen

Zudem bietet die Clearingstelle den Kommunen Unterstützung bei der Aufklärung und Informationen ihrer Bürgerinnen und Bürger zum Thema Glasfaserausbau an, etwa durch Unterstützung bei Informationsveranstaltungen sowie durch Aufklärungsbroschüren und -Flyer.

Die Clearingstelle verfolgt einen kooperativen, freiwilligen Ansatz, um das eigenwirtschaftliche Ausbaupotenzial im Einzelfall optimal zu nutzen. Dabei dient die Potenzialanalyse des BMDV als Maßstab. Die Clearingstelle arbeitet eng mit der Monitoringstelle für den Glasfaserdoppelausbau der Bundesnetzagentur zusammen, wobei klare Abgrenzungen und eine prozessuale Unabhängigkeit gewährleistet sind.

Bisher sind der Clearingstelle unterschiedliche Fälle von Doppelausbau in Gemeinden und Städten gemeldet worden. Diese Meldungen wurden sowohl von betroffenen Kommunen als auch von Telekommunikationsunternehmen eingereicht.

Erste Fälle werden nun in einer Pilotierungsphase betrachtet. Dazu gab es bereits Gespräche mit den betroffenen Kommunen und Telekommunikationsunternehmen, um so ein klares Bild über die Situation vor Ort zu erhalten und alle Blickwinkel in die Lösungsfindung mit einbeziehen zu können.

Sven Butler


Der Autor

Sven Butler leitet das Gigabitbüro des Bundes.