Exklusiv für „der gemeinderat“: Der ÖPNV-Appell des Verkehrsministers

Bundesverkehrsminister Volker Wissing: „Ein moderner Nah- und Regionalverkehr entlastet nicht nur die Umwelt, er ist eine wichtige Säule der Daseinsvorsorge und erhöht die Lebensqualität in unseren Städten, Landkreisen und Gemeinden.“ Foto: BMDV

Weniger Emissionen, bessere Luft, weniger Lärm: Bundesverkehrsminister Volker Wissing appelliert in „der gemeinderat“ an Kommunen, die Förderung des Bundes für Stadtbusse mit alternativen Antrieben abzurufen. Möglich ist das noch kurzfristig bis 15. Juli.

Ein spontaner Wochenendtrip mit dem Bus aufs Land; einfach in die nächste Regionalbahn steigen und Freunde in einer anderen Stadt besuchen; zur Abwechslung mal mit Buch und Bahn zur Arbeit fahren, statt im Pendelverkehr im Stau zu stehen – all das bedeutet Freiheit und ist in diesem Sommer für viele Menschen in Deutschland eine interessante und vor allem günstige Option.

Denn wir haben einen bundesweiten Modellversuch gestartet: Für neun Euro pro Monat können Bürgerinnen und Bürger von Anfang Juni bis Ende August deutschlandweit im Nah- und Regionalverkehr unterwegs sein.

Das ist ein attraktives Angebot für uns alle und eine Riesenchance für Kommunen und Verkehrsverbünde, neue Kundinnen und Kunden von ihrem Angebot zu überzeugen. Im Idealfall erhalten wir in den 90 Tagen wertvolle Erkenntnisse, ob und wie wir tatsächlich mehr Menschen dazu bringen können, auf den Öffentlichen Personenverkehr umzusteigen.

Bus und Bahn können helfen, die Klimaziele zu erreichen

Klar ist nämlich: Unser großes Ziel „Mehr Klimaschutz im Verkehr“ erreichen wir mit mehr Bus und Bahn. Ein überzeugendes Angebot auf der Schiene und ein attraktiver ÖPNV sind Kernelemente für das Erreichen unserer Klimaziele. Deutschland soll bis zum Jahr 2045 klimaneutral werden. Bis 2030 soll der Verkehrsbereich seine Emissionen von 146 Millionen Tonnen (2020) auf 85 Millionen Tonnen CO2 reduzieren.

Deshalb müssen wir mehr Menschen dafür gewinnen, den klimafreundlichen ÖPNV zu nutzen – und ihn noch nachhaltiger gestalten. Das ist auch ein Ziel des Ausbau- und Modernisierungspakts, auf den wir uns im Koalitionsvertrag verständigt haben. Wir wollen die Länder und Kommunen in die Lage versetzen, Attraktivität und Kapazitäten zu verbessern und dadurch die Fahrgastzahlen deutlich zu steigern.

Mit den Ländern haben wir bereits eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die diesen Pakt vorbereitet. Dabei stehen ein Leitbild für einen zukunftsfähigen ÖPNV sowie der weitere Bedarf an öffentlichen finanziellen Mitteln im Mittelpunkt.

Moderner und effizienter dank Digitalisierung

Um den gesamten Verkehrsbereich moderner und effizienter zu gestalten, setzen wir vor allem auf Digitalisierung und Vernetzung. Daher fördert das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) Projekte von Kommunen und kommunalen Unternehmen, unter anderem mit dem Programm „Digitalisierung kommunaler Verkehrssysteme“.

Neben der Digitalisierung sind alternative Antriebe ein entscheidender Hebel für einen nachhaltigen ÖPNV. Die Schiene ist bereits überwiegend elektrisiert. Im Busverkehr hingegen sind derzeit fast ausschließlich Dieselbusse im Einsatz. Im Klimaschutz-programm 2030 ist deshalb festgelegt, dass bis zum Ende dieses Jahrzehnts rund 50 Prozent der Stadtbusse elektrisch fahren sollen.

Zur Einordnung: Derzeit sind rund 82.000 Busse in Deutschland unterwegs, ungefähr die Hälfte davon im Linieneinsatz. 20.000 davon müssen also innerhalb der nächsten acht Jahre elektrifiziert werden. Die Vorteile liegen auf der Hand: weniger Emissionen, bessere Luft und weniger Lärm.

Förderprogramm für Busse mit alternativen Antrieben

Das größte Hindernis sind bisher die deutlich höheren Kosten: Die Anschaffung eines Batterie- oder Brennstoffzellenbusses ist mindestens doppelt so teuer wie die eines Dieselbusses. Deshalb unterstützt das BMDV die Branche mit der Richtlinie zur Förderung alternativer Antriebe von Bussen im Personenverkehr.

Damit fördern wir anteilig Kauf oder Umrüstung von alternativ angetriebenen Bussen – und zwar technologieoffen, also Batterie- und Brennstoffzellenbusse, Biogasbusse auf 100 Prozent Biomethanbasis sowie batterieelektrische Oberleitungsbusse.

So kann für jede Einsatzmöglichkeit die passende Option genutzt werden. Auch die notwendige Lade-, Betankungs- und Wartungsinfrastruktur sowie Machbarkeitsstudien werden gefördert.

Hohe Nachfrage an Förderprogramm

Die Nachfrage an unserem Förderprogramm ist enorm: Im ersten Förderaufruf haben Antragsteller Interesse an mehr als 5000 Bussen mit alternativen Antrieben signalisiert. Förderbescheide für rund 1700 Busse wurden bereits übergeben. Im Mai 2022 haben wir einen weiteren Aufruf gestartet, Skizzen-Einreichungen sind noch bis zum 15. Juli 2022 möglich.

Daher mein Appell: Nutzen Sie die Chance, den ÖPNV in Ihren Kommunen nachhaltiger, moderner und attraktiver zu gestalten. Davon profitieren wir alle. Denn ein moderner Nah- und Regionalverkehr entlastet nicht nur die Umwelt, er ist eine wichtige Säule der Daseinsvorsorge – und erhöht die Lebensqualität in unseren Städten, Landkreisen und Gemeinden. Volker Wissing

Der Autor: Dr. Volker Wissing (FDP) ist Bundesminister für Digitales und Verkehr.