Auf dem Weg zur digitalen Verwaltung

Bequem vom Sofa aus Verwaltungsdienstleistungen in Anspruch nehmen: Das sollen öffentliche Verwaltungen ihren Bürgerinnen und Bürgern bis Ende des Jahres ermöglichen. Foto: Adobe Stock/Song_about_summer

Bis Ende 2022 sollen alle Kommunen ihre Prozesse und Dienstleistungen digitalisieren – doch noch gibt es einiges zu tun. Hilfreich insbesondere für kleinere Städten und Gemeinden sind die interkommunale Zusammenarbeit sowie die Unterstützung durch externe Expertinnen und Experten.

Das Auto ummelden, einen neuen Personalausweis beantragen oder den neuen Wohnsitz angeben – jederzeit, überall und mit nur einem Klick: So soll es für Bürgerinnen und Bürger im Kreis Höxter bald sein. Um die Vorgaben des Onlinezugangsgesetzes (OZG) möglichst fristgerecht zu erfüllen, haben sich die zehn Städte und Gemeinden im nordrhein-westfälischen Landkreis bereits 2019 zusammengeschlossen, um eine interkommunale Digitalisierungsstrategie zu entwickeln – unter dem Motto: „Digitale Zukunft gemeinsam gestalten“.

„Die digitale Transformation betrifft viele Sektoren und wirft komplexe Fragestellungen auf“, so fasst Antonia Schöning, Smart Region Managerin des Kreises Höxter, die grundlegende Problematik zusammen. „Deshalb haben der Kreis und seine Kommunen einhellig beschlossen, die Themen rund um Digitalisierung gemeinsam zu bearbeiten.“

Vor der Herausforderung der Digitalisierung stehen zur Zeit alle Städte, Gemeinden und Kreise in Deutschland: Schließlich soll bis Ende 2022 das OZG umgesetzt sein – doch wie weit sind die Kommunen inzwischen gekommen? Wo gibt es Nachholbedarf – und welche Rolle spielt der kommunale Austausch?

Individuelle Herausforderungen

„Wie weit die Kommunen bei der Umsetzung des OZG sind, hängt stark von ihrer Größe und den damit verfügbaren Ressourcen ab“, beobachtet Martin Bart-els, Abteilungsleiter „Bürgerservice, Wahlen, Verkehr & Mobilität“ beim IT-Dienstleister dataport.kommunal und Experte für das Thema Bürgerservice. Seit mehreren Jahren begleitet er Kommunen bei der Digitalisierung ihrer Verwaltung.

Ein wesentlicher Grund für die Unterschiede: Vor allem Kommunen mit niedrigen Einwohnerzahlen hätten – im Gegensatz zu großen Städten – weniger Anfragen aus der Bevölkerung und daher weniger Terminstress. Daher hätten viele Kommunalverwaltungen digitale Dienstleistungen lange nicht als notwendig angesehen. „In vielen Fällen wird die Umsetzung des OZG verzögert, weil bei den Vorgaben die Vielfältigkeit der Kommunen nicht berücksichtigt wird“, sagt Bartels.

Aus seiner Sicht gibt es noch einen weiteren wichtigen Grund, warum die Umsetzung des OZG bislang eher schleppend voranging: In vielen Fällen funktioniere die Kommunikation zwischen den Kommunen und den jeweiligen Ländern nicht störungsfrei. Absichten, Informationen, Sachstände und Vorgehensweisen der beteiligten Stellen seien vielfach nicht synchronisiert.

Positivbeispiel Hamburg

„Manchmal erhalte ich Anfragen von Kommunen, die einen Onlinedienst einführen wollen, und muss ihnen erklären, dass sie erst mit dem Digitalisierungsprojekt ihres Landes sprechen müssen beziehungsweise sollten“, sagt Bartels. „Da merkt man, dass Kommune und Land oft noch nicht sauber ineinandergreifen.“

Als Positivbeispiel für OZG-Umsetzung und digitalen Bürgerservice nennt er die Stadt Hamburg (rund 1,8 Millionen Einwohner). Die Hansestadt hat beispielsweise die Zuständigkeit für den Onlinedienst Elektronische Wohnsitzanmeldung (EWA) übernommen. Noch in diesem Jahr soll der Dienst ersten Nutzern zur Verfügung stehen.

Das liegt nicht zuletzt an der besonderen Rolle Hamburgs als Stadtstaat, erklärt Bartels: „Hier hat die Verwaltung eine Allzuständigkeit – und die Verantwortlichen sind bereit für Veränderungen, weil schon kleine Anstöße eine große Wirkung zeigen.“

Investitionen in die digitale Verwaltung lohnen sich

Längst aber haben auch die meisten anderen Städte, Gemeinden und Kreise erkannt, wie wichtig digitale Verwaltungsdienstleistungen sind – nicht nur, weil das OZG sie dazu zwingt. „Wir wollen den Bürgerinnen und Bürgern einen verbesserten Service anbieten, den sie jederzeit und ortsunabhängig nutzen können“, betont Antonia Schöning für den Kreis Höxter.

Über die bereits bestehenden Onlinedienste hinaus baue die Kreisverwaltung Höxter daher zur Zeit ein Serviceportal auf. Dafür werde die Anbindung der einzelnen Abteilungen an ein neues Dokumentenmanagementsystem forciert. Nicht nur die Bürger profitieren von einer digitalen Verwaltung, sondern auch die Mitarbeitenden, so Schöning: „Prozesse können so einfacher und schneller durchlaufen werden.“ Das spart Zeit, Aufwand – und nicht zuletzt Geld.

Eine Studie der Bundesarbeitsgemeinschaft der Kommunalen IT-Dienstleister e. V. (Vitako) von Mai 2022 zeigt: Digitale Angebote steigern nicht nur die Effizienz der Verwaltung, sondern ermöglichen auch Kosteneinsparungen von rund 5,1 Milliarden Euro pro Jahr. Allein 2,4 Milliarden Euro an Einspareffekten fallen dabei auf die Verwaltungen zurück – die Investition in die Digitalisierung lohnt sich also.

Vernetzen und voneinander lernen

Die Kommunen im Kreis Höxter jedenfalls haben noch einiges vor: „In der Digitalisierungsstrategie sind mehr als 30 Projektentwürfe festgehalten, die im Großteil über die reine Verwaltungsdigitalisierung hinaus gehen“, sagt Antonia Schöning. Rund die Hälfte dieser Projekte sei derzeit in Umsetzung. „Für einige Digitalisierungsprojekte haben wir bereits erfolgreich Fördermittel des Bundes eingeworben.“

Um die vielen großen und kleinen Projekte künftig besser zu koordinieren, baut der Kreis Höxter aktuell ein Digitalnetzwerk auf. Es soll den Städten und Gemeinden sowie der Kreisverwaltung ein Forum bieten, in dem sie sich über die Fortschritte austauschen können.

„Außerdem soll künftig eine Person die Digitalisierungsbeauftragten der Kommunen unterstützen, gemeinsam mit ihnen Konzepte für die verwaltungsinterne Digitalisierung entwickeln und umsetzen“, erläutert Schöning.

Baustelle IT-Sicherheit

Die digitale Kompetenz der Verwaltungsmitarbeitenden: Das ist ein wichtiger Aspekt, den es bei der OZG-Umsetzung zu beachten gilt, ebenso die Gewährleistung der Datensicherheit und DSGVO-Konformität. Auch dabei helfen IT-Dienstleister wie dataport.kommunal. „Wir unterstützen unsere Kunden nicht nur in den rein technischen Fragen, sondern bieten ebenfalls fachliche Beratung für die Umsetzung von Innovations- und Organisationsprojekten bis hin zu Schulungen für die Mitarbeitenden an“, so Martin Bartels.

Das Thema IT-Sicherheit sieht er als eine der größten Baustellen der Kommunen: „Spezialisten für IT-Sicherheit sind auf dem Markt kaum verfügbar, und es ist eine Herausforderung, die möglicherweise versäumten Hausaufgaben der Vergangenheit nachzuholen.“ Bartels und seine Kollegen unterstützen auch den Austausch und die Zusammenarbeit der kommunalen Akteure.

„Unser Ziel ist es, für Kommunen Orte der Zusammenarbeit zu schaffen – Zentren der Digitalisierung, an denen sich Interessierte zusammenfinden.“ Auf dem Weg zur digitalen Verwaltung bleibt einiges zu tun; bis das OZG vollständig umgesetzt ist, wird es noch dauern. Doch ebenso klar ist: Die ersten Schritte sind getan – und Unterstützung ist möglich.

Hannah Henrici