Die grüne Stadt von morgen

Zukunftsbild für ein grünes, klimaresilientes innerstädtisches Bestandsquartier am Beispiel der Landwehrstraße im südlichen Bahnhofsviertel Münchens. Quelle: IÖW, Volker Haese

Extreme Temperaturen und Starkregen werden Kommunen und ihre Bürger in den nächsten Jahren immer mehr belasten. Das Team des Forschungsprojekts „Grüne Stadt der Zukunft“ hat in Münchner Quartieren untersucht, wie Baumbestände, Dach- und Fassadenbegrünung zur Klimaresilienz beitragen.

Durch den Klimawandel erleben wir schon heute höhere Temperaturen und die Zunahme extremer Wetterereignisse. Auch in Zukunft müssen wir mit diesen Extremen rechnen und für sie planen. Großstädte sind wegen ihrer hohen Versiegelung stärker betroffen, doch auch kleinere Kommunen leiden bereits unter Hitzewellen und Starkregen. Hitzestress betrifft alle Gruppen der Bevölkerung, vulnerabel sind insbesondere Menschen mit Vorerkrankungen und mit bestimmten soziodemografischen Merkmalen und Lebenssituationen, die Anpassung erschweren.

Ein möglicher Lösungsansatz ist grüne Infrastruktur. Diese umfasst öffentliche und private Grün- und Freiräume sowie Gebäudegrün, die durch Verschattung, Verdunstungskühlung und Regenwasserversickerung zur Klimaresilienz beitragen. Im Rahmen des Projekts „Grüne Stadt der Zukunft“ wurde deutlich, dass der Erhalt des Baumbestandes den größten Einfluss auf das städtische Mikroklima hat, da Großbäume sowohl Freiflächen als auch Gebäudefassaden effektiv beschatten.

Fassaden- und Dachbegrünungen kühlen nur in ihrer unmittelbaren Nähe, können aber einen wichtigen Beitrag zur Biodiversität und Starkregenvorsorge leisten. Vitale Altbäume haben eine deutlich größere Kühlwirkung als junge Bäume. Daher ist es essentiell, alten Baumbestand zu erhalten – Ersatzpflanzungen brauchen oft Jahrzehnte, bis sie die gleiche Klimawirkung erreichen.

Klimaresilienz aktivieren

Für das Projekt wurden Bürger nach ihrem Hitzestressempfinden befragt. Den größten Hitzestress spüren die Befragten im öffentlichen Raum, in der Arbeit und zu Hause, den geringsten in öffentlichen Grünflächen. Der am häufigsten geäußerte Wunsch für den öffentlichen Raum waren Großbäume – denn diese spenden „echten“ Schatten, im Gegensatz zu jungen Bäumen oder Sonnenschirmen. Kombiniert mit Bänken ermöglichen sie vulnerablen Gruppen kühlende Ruhepausen. Doch auch Fassadenbegrünung kann die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum erhöhen, „psychologisch kühlen“ und so Hitzestress vorbeugen.

Um die Hitzeanpassung der Bevölkerung zu unterstützen, empfiehlt sich:

  • öffentliche Grün- und Freiflächen erhalten, aufwerten und ausbauen,
  • öffentlichen Raum begrünen und „entstressen“ (zum Beispiel den Pkw-Verkehr reduzieren),
  • Hitzebelastung in Gebäuden senken durch effektive und energieneutrale Maßnahmen wie Außenverschattung, Quer- und Nachtlüften.

Stadtgesellschaft für Begrünung mobilisieren

Durch gezielte Aktivierung kann die Stadtgesellschaft für Begrünung mobilisiert werden. Wenn das Grün den Bedürfnissen und Wünschen vor Ort entspricht, wird es auch eher genutzt. Grüne Infrastrukturmaßnahmen sollten Verantwortliche frühzeitig und in einem durch verschiedene Fachstellen abgestimmten Prozess in die Planung integrieren. Konkret kann man zum Beispiel im Auslobungstext städtebaulich-landschaftsplanerischer Wettbewerbe den Schutz des vorhandenen Baumbestandes als Bewertungskriterium ansetzen.

Entscheidend ist, dass es genügend Fläche für Grün gibt. Deshalb müssen auch Zielkonflikte wie Mobilität vs. Grün adressiert werden. Pkw-Verkehr erhöht die Hitzebelastung, oberirdisches Parken nimmt Platz weg und Tiefgaragen verhindern, dass Bäume die nötige Größe für effektive Kühlung erreichen. Hier sind auch strukturelle Veränderungen wichtig, wie eine Reduzierung des Stellplatzschlüssels.

Um eine genauere Vorstellung der lebenswerten, hitzeangepassten Stadt zu erhalten, lohnt sich die Arbeit mit Zukunftsbildern. Diese können Gestaltungsmöglichkeiten aufzeigen und helfen, Lösungen für Zielkonflikte zu finden. Amelie Bauer, Sabrina Erlwein, Simone Linke, Johannes Rupp, Teresa Zölch

Die Autoren: Amelie Bauer ist wissenschaftliche Mitarbeiterin des Instituts für Soziologie der Ludwig-Maximilians-Universität München. Sabrina Erlwein ist wissenschaftliche Mitarbeiterin des Lehrstuhls für Strategie und Management der Landschaftsentwicklung der Technischen Universität München. Dr. Simone Linke gehört zum Lehrstuhl für energieeffizientes und nachhaltiges Planen und Bauen der Technischen Universität München. Johannes Rupp ist wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung Berlin. Dr. Teresa Zölch arbeitet beim Referat für Klima- und Umweltschutz der Landeshauptstadt München.