Erfolg auf ganzer Linie im Rhein-Hunsrück-Kreis

Beim zielgerichteten Aufbau von Wärmenetzen gehört der Rhein-Hunsrück-Kreis zu den Vorreitern. 15 kommunal organisierte Nahwärmeverbünde sind derzeit in Betrieb. Sie nutzen lokale Biomasse für die Energieerzeugung und reduzieren so die Heizöl-Importmenge um 2,4 Millionen Liter.

 

Bereits seit Beginn seines Agenda-21-Prozesses im Jahr 1997 beschreitet der Rhein-Hunsrück-Kreis (102.000 Einwohner, Rheinland-Pfalz) den Weg, Referenzregion für Klimaschutz und innovative Energiekonzepte zu werden. Seit 1999 betreibt der Landkreis ein Energiecontrolling für seine Gebäude. Aus den dabei gewonnenen Erkenntnissen wurden ehrgeizige Rückschlüsse in Bezug auf das energieeffiziente Bauen und Sanieren gezogen. Seit 2002 werden die kreiseigenen Gebäude Schritt für Schritt auf die Wärmeversorgung mittels erneuerbarer Energien umgerüstet. Im Jahr 2011 hat der Kreistag einstimmig das integrierte Klimaschutzkonzept beschlossen.

Seit Mitte 2012 ist der Landkreis bilanzieller Stromexporteur, aktuell werden über 270 Prozent des Strombedarfs aus erneuerbaren Energien (überwiegend Windkraft) gedeckt. Das nächste ambitionierte Ziel ist, spätestens bis zum Jahr 2020 bilanzieller „Null-Emissions-Landkreis“ zu werden. Zur Akzeptanzstärkung wird seit 2010 die Wertschöpfung aus erneuerbaren Energien systematisch ermittelt. Der Ansporn besteht darin, 250 Millionen Euro jährliche Energieimportkosten mithilfe von Energieeffizienzmaßnahmen und dem Einsatz erneuerbarer Energien in regionale Arbeitsplätze und Wertschöpfung umzuwandeln.

Die dynamische Entwicklung basiert auf zahlreichen pioniermäßig entwickelten Vorzeigeprojekten privater, gewerblicher und öffentlicher Akteure. Daher lautet das Motto der Klimaschutzinitiative des Kreises: „Im Rhein-Hunsrück-Kreis steckt viel Energie … wir machen was draus!“ Neben den enormen Potenzialen, die Sonne, Wind, Wasser und Biomasse bereithalten, ist hiermit auch die menschliche Energie gemeint, welche die Projekte Wirklichkeit werden lässt.

Großes Bürgerengagement im Rhein-Hunsrück-Kreis

Dank dieser Entschlossenheit machen sich immer mehr der insgesamt 137 Ortsgemeinden im Landkreis auf den Weg, die fatale Abhängigkeit vom Heizöl im Rhein-Hunsrück-Kreis zu beenden. Bereits im Jahr 2006 wurde in Fronhofen (rund 230 Einwohner) der erste nachbarschaftlich organisierte Nahwärmeverbund in Betrieb genommen. Mittlerweile sind 15 kommunal organisierte Nahwärmeverbünde in Betrieb, darunter drei von der kreiseigenen Rhein-Hunsrück-Entsorgung in Schulzentren betriebene Anlagen, für die aus der Region stammender Baum- und Strauchschnitt als Brennstoff dient.

Wurden durch den ersten Verbund sieben Häuser beheizt, sind aktuell (Juli 2017) bereits insgesamt 461 Gebäude im Kreis an Nahwärmenetze angeschlossen. Vor elf Jahren konnte in einer Schule eine erste Hackschnitzelheizung 60.000 Liter Heizöl im Jahr ersetzen. Gegenwärtig werden 2,4 Millionen Liter Heizölimporte durch Energieerzeugung auf Basis lokaler Biomasse vermieden.

Die Realisierung des nächsten Nahwärmeverbundes ist bereits beschlossen und es haben weitere 18 Gemeinden ihr Interesse an einer „erneuerbaren“ Wärmeversorgung bekundet und entsprechende Planungen initiiert – zum Nutzen der Umwelt und der regionalen Wertschöpfung.

Ihre mühevollen und de facto autodidaktisch erarbeiteten Lösungswege haben die lokalen „Macher“ in einem Praxisleitfaden „Bürgernahwärmenetze im Rhein-Hunsrück-Kreis“ öffentlich dokumentiert. Für komplizierte technische und kaufmännische Fragestellungen gibt es damit seit 2015 eine kompakte Arbeitshilfe, die interessierte Kommunen nutzen können. So muss nicht jede Ortsgemeinde „das Rad neu erfinden“. Der Leitfaden wurde durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Kreis-Projektes „ZukunftsiDeeen“ finanziert.

Von Alexander von Humboldt stammt der Satz: „Ideen können nur nützen, wenn sie in vielen Köpfen lebendig werden“. Er passt zu den Dorfwärmeprojekten im Rhein-Hunsrück-Kreis, in deren Rahmen sich engagierte Bürger sowie Gemeinden mit viel Herzblut in die lokale Energiewende einbringen.

Frank-Michael Uhle

Der Autor
Frank-Michael Uhle ist Klimaschutzmanager des Rhein-Hunsrück-Kreises in Rheinland-Pfalz

Info: Praxisleitfaden Bürgerwärmenetze und weitere Informationen
Der Rein-Hunsrück-Kreis verfügt im Zusammenhang mit der Etablierung von Wärmeverbünden über umfangreiche Erfahrung. Dokumentiert ist dies im „Praxisleitfaden Bürgernahwärmenetze“, der im Internet zum Download (kostenlos) Verfügung steht. Dort gibt es auch eine Nahwärmenetz-Checkliste.

Ein Ziel des Rhein-Hunsrück-Kreises in Sachen Klimaschutz ist, im Rahmen des internationalen Qualitätsmanagementsystems European Energy Award (EEA) Referenzkommune zu werden. Mehr dazu finden interessierte Leser auf dem Portal „Klima-Log – Gute Beispiele von Kommunen für Kommunen“ (Suche: Rhein-Hunsrück-Kreis)

Informationen zur kommunalen Wertschöpfung durch erneuerbare Energie, aufgezeigt auch am Beispiel des Rhein-Hunsrück-Kreises, gibt es auf dem Portal „Gute Nachbarn – Starke Kommunen mit erneuerbaren Energien“