Wie sich mit Sensoren smarte Projekte in Regionen umsetzen lassen

Zum LoRaWAN-Netz des ZVO gehören drei Gateways – eines auf dem Wasserturm in der Gemeinde Ahrensbök: Teil der Pilotprojekte, mit deren Ergebnissen der ZVO sich sehr zufrieden zeigt. Foto: ZVO

Intelligente Wasserzähler und Ladesäulen: Der Zweckverband Ostholstein wollte wissen, wie sich Sensoren und LoRaWAN-Netze in der Region sinnvoll einsetzen lassen. Die Ergebnisse aus vier Pilotprojekten liegen nun vor.

Nicht nur urbane Gebiete können smarter werden, sondern auch Regionen. Der Zweckverband Ostholstein (ZVO) als großes Versorgungsunternehmen in Schleswig-Holstein hat sich genau das vorgenommen. Er kümmert sich um die Versorgung mit Gas, Wärme, Wasser und Breitband sowie die Entsorgung von Abwasser, Niederschlagswasser und Abfall. 60 Gemeinden und der Kreis Ostholstein sind Mitglieder.

Der Verband arbeitet stetig daran, Workflows zu verbessern. „Bei der Digitalisierung stehen wir schon ganz gut da“, sagt Sven Christensen, Prokurist bei der ZVO Energie GmbH. „Aber wir wollen sie weiter voranbringen und in unseren Betriebsabläufen bis 2032 CO₂-frei arbeiten.“

550 Mitarbeiter betreuen 60.000 Haushalte in der Abfallwirtschaft und 30.000 bei der Wasser- und Gasversorgung. Weil sich diese über eine große Fläche verteilen, müssen die Beschäftigten weite Strecken zurücklegen, um etwa Wasserzähler zu kontrollieren. Das ist nicht die einzige Herausforderung: Die Region ist ein beliebtes Touristenziel. Im Sommer verbrauchen daher mehr Menschen Wasser oder produzieren Abfall. „Wir müssen unsere Infrastruktur auf diese Spitzen auslegen“, erklärt Christensen.

Ehrgeizige Ziele

Der ZVO wollte herausfinden, ob Sensoren dabei helfen. Vernetzte Messfühler erfassen und senden Daten an eine Internet-of-Things-Zentrale. Daraus können Rückschlüsse gezogen oder automatische Aktionen angestoßen werden.

Eine Gruppe von ZVO-Beschäftigten überlegte sich 2019 zunächst, in welchen Bereichen Sensoren eingesetzt werden könnten. Der Verband benötigte Unterstützung bei Hardware, Funkreichweitenplanung, Montage von Gateways und Sensoren, Netzbetrieb, Wartung und Support.

Vier Unternehmen präsentierten ihre Lösungen vor Ort. Die Wahl fiel schließlich auf die Firma Axians. Im nächsten Schritt wurden verschiedene Anwendungsfälle für einen Proof of Concept festgelegt – mit dem Ziel, die Anwendung zu vereinfachen sowie Zeit, Aufwand und Geld zu sparen.

Die Umsetzung der Pilotprojekte

Um folgende Fragen ging es:

  • Wann sind E-Ladesäulen auf dem ZVO-Betriebsgelände in Sierksdorf belegt und wie viel Strom verbrauchen sie?
  • Können Wasserzähler aus der Ferne abgelesen werden? Mehr als 1.000 Zähler befinden sich in schwer zugänglichen Schächten und die Ablesung ist aufwendig, da Mitarbeiter in den Schacht steigen müssen. Auch bei einer Erfassung per Nahfunk muss trotzdem jemand alle Zähler vor Ort ablesen. Weiteres Problem: Ein Rohrbruch wird oft erst spät bemerkt und das Wasser versickert.
  • Kann der Füllstand in Sandfangschächten automatisch geprüft werden? 300 Schächte sammeln Sand, damit er nicht in Niederschlagswasserleitungen gelangt. Sind sie voll, müssen sie geleert werden.
  • Wie viele Autos fahren zum Recyclinghof? Kann daraus die Wartezeit abgeleitet werden?

Zunächst wurde das LoRaWAN-Netz mit drei Gateways aufgebaut. Zudem richteten die Experten ein Dashboard ein, auf dem der ZVO alle Daten abliest. Auch automatische Alarme beim Erreichen von Schwellenwerten wurden aufgesetzt.

Mit den Modellversuchen wollten die Beteiligten testen, was möglich ist. Nicht alle Pilotprojekte erwiesen sich als praktikabel, andere werden ausgebaut. „Wir hatten uns ehrgeizige Ziele gesetzt“, erzählt Christensen. „Wenn Dinge sofort funktionieren, ist das schön – aber der Erkenntnisgewinn gering.“

Die Ergebnisse: Was funktioniert hat – und was nicht

  • Wasserzähler: Für das Pilotprojekt installierte Axians zwei Sensoren an einem Zählerschacht am Strand von Scharbeutz. Dort wird der Wasserverbrauch eines Toilettenhauses und von Strandduschen erfasst. Weil Stahlbetondeckel das LoRa-Signal bremsten, wurden Antennen am Schachtrand ergänzt, die es weiterleiten. Über LoRaWAN funkt der Sensor am Zähler Daten zum Dashboard – er kann so aus der Ferne abgelesen werden. Geht plötzlich Wasser verloren, wird ein Alarm ausgelöst. Die Messwerte stehen bei Bedarf jederzeit zur Verfügung. Das Metering-Projekt war so erfolgreich, dass der ZVO 2022 vier weitere Zähler mit Sensoren ausstatten will und das Pilotprojekt somit in den Regelbetrieb übergeht.
  • E-Ladestationen: Auch die Sensoren zur Stromerfassung wird der ZVO beibehalten. Für das Pilotprojekt wurden vier Sensoren installiert. Sie erkennen, ob Strom fließt und gerade geladen wird oder ob die Station frei ist. Künftig könnten automatische Nachrichten an E-Auto-Fahrer im Betrieb verschickt werden, sobald der Ladevorgang abgeschlossen ist, damit die Fahrer ihre Fahrzeuge von der Ladestation entfernen.
  • Sandfüllstände: Ultraschallsensoren an zwei Sandfangschächten im Niederschlagswassernetz sollten die Sandmenge erfassen, damit die Schächte bei Bedarf geleert werden können. Dadurch könnte die bisherige turnusmäßige Kontrolle der Füllstände durch Mitarbeiter vor Ort entfallen. Das Problem: Wasser in den Schächten reflektiert Ultraschall. Hier wird weiter nach einer Lösung gesucht.
  • Wartezeiten am Recyclinghof: Fünf Radarsensoren erfassten Autos, die sich dem Hof näherten. Rückschlüsse auf die Wartezeit waren aber nicht möglich, etwa weil manche Pkw in andere Straßen einbogen.

Zukunftspläne: Wie der ZVO künftig LoRaWAN einsetzen will

Axians und der ZVO arbeiten weiter an gemeinsamen LoRaWAN-Projekten. Zunächst konzentriert sich der Verband auf die Wasserzähler. Metering-Daten sollen mittelfristig in andere Systeme überführt werden, etwa Abrechnung und Disposition. Zudem möchte der Verband das LoRaWAN für Mitgliedsgemeinden nutzbar machen. Weitere Schritte wären mehr Auswertungen der Daten und Automatisierungen.

Der ZVO ist sehr zufrieden mit den Ergebnissen und dem, was LoRaWAN und Sensoren in der Region leisten können. „Unser Gas- und Wassernetz ist in großen Bereichen bereits fernüberwacht“, sagt Christensen. „Weil LoRaWAN aber deutlich günstiger ist als die Technik, die wir traditionell für Netzüberwachung und -steuerung verwenden, ist es in vielen Bereichen eine sinnvolle Ergänzung.“ Anton Bühl

Der Autor: Anton Bühl ist Fachjournalist aus München.