Die Änderungen im Bundesnaturschutzgesetz werden Kommunen zu Investitionen zwingen, meint Gastautorin Lena Kreggenfeld. Sie rät dazu, bei Ausschreibung und Kauf auf insektenfreundliche Beleuchtungsmittel zu achten.
Am 18. August 2021, im Schatten des Bundestagswahlkampfes, wurde das „Gesetz zum Schutz der Insektenvielfalt in Deutschland und zur Änderung weiterer Vorschriften“ verabschiedet. Außerhalb des Radars der betroffenen Akteure fügt es sich in die Themen Klima- und Umweltschutz nahtlos ein. Es trat zum 1. März diesen Jahres in Kraft. Höchste Zeit, die Folgen der neuen Regelungen für die kommunale Straßenbeleuchtung in den Fokus zu nehmen. Die nachfolgend dargestellten Änderungen im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) werden zahlreiche Kommunen zu hohen Investitionen zwingen.
Naturschutzgebiete im Außenbereich sollen nach den Neuregelungen künftig besonders vor künstlichem Licht geschützt werden. Um dies zu erreichen, wird folgender § 23 Abs. 4 BNatSchG eingefügt: „In Naturschutzgebieten ist im Außenbereich nach § 35 BauGB die Neuerrichtung von Beleuchtungen an Straßen und Wegen sowie von beleuchteten oder lichtemittierenden Werbeanlagen verboten. Von dem Verbot des Satzes 1 kann auf Antrag eine Ausnahme zugelassen werden, soweit
- die Schutzzwecke des Gebietes nicht beeinträchtigt werden können oder
- dies aus Gründen der Verkehrssicherheit oder anderer Interessen der öffentlichen Sicherheit erforderlich ist. Weitergehende Schutzvorschriften, insbesondere […] des Landesrechts, bleiben unberührt.“
Beleuchtungen in Naturschutzgebieten sind somit nur noch in begründeten Ausnahmefällen möglich. Noch ist unklar, welche Hürden an diese Ausnahmefälle zu stellen sind. Da es sich um eine Verbotsvorschrift handelt, sollte seitens der Behörde restriktiv mit Ausnahmegenehmigungen umgegangen werden. Zuständig soll nach dem Gesetzesentwurf die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständige Behörde sein.
Nachrüstung für Bestandsanlagen
Änderungen gelten künftig nicht nur in Naturschutzgebieten, sondern auch für die kommunale Straßenbeleuchtung. Zum Schutz von Tieren und Pflanzen vor den Auswirkungen von Beleuchtungen wurde § 41 a neu in das BNatSchG eingefügt. Danach sind neu zu errichtende Beleuchtungen an Straßen und Wegen – ebenso wie Außenbeleuchtungen baulicher Anlagen und Grundstücke und beleuchtete oder lichtemittierende Werbeanlagen – technisch und konstruktiv so zu gestalten und mit Leuchtmitteln auszustatten, dass Tiere und Pflanzen vor Lichtimmissionen umfassend geschützt werden.
Der Gesetzgeber erstreckt diese Verpflichtung auch auf Fälle der wesentlichen Änderung von Beleuchtungen und ordnet für Bestandsanlagen Um- oder Nachrüstung an. Gerade Letzteres hat es in sich. Kommunen können im Hinblick auf ihre vorhandene Straßenbeleuchtung nicht auf einen Bestandsschutz hoffen.
Aktuell noch unklar ist, welche Anforderungen an die Straßenbeleuchtung zum Schutz von Tieren und Pflanzen gestellt werden. Hierzu enthält § 41a Abs. 1 BNatSchG zahlreiche Verordnungsermächtigungen. In Sicht sind diese Verordnungen, etwa zu Lichtfarbe, Reflektion, Dimmung und Temperatur des Lampenkopfes, nicht. Nach Aussage des zuständigen Ministeriums ist vor Herbst diesen Jahres auch nicht damit zu rechnen. Bis dahin bleibt Zeit für Spekulationen.
Insektenfreundliche Straßenbeleuchtung
Anhaltspunkt kann die in Baden-Württemberg bereits geltende Regelung in § 21 NatSchG BW sein. Danach ist die Beleuchtung von Fassaden baulicher Anlagen der öffentlichen Hand von April bis September ganztägig verboten und in der Zeit von Oktober bis März in den Stunden von 22 Uhr bis 6 Uhr. Ausnahmen sind nur aus Gründen der öffentlichen Sicherheit zulässig.
Weiterhin müssen ab Januar 2021 neu errichtete Straßenbeleuchtungsanlagen grundsätzlich insektenfreundlich sein. Dies gilt ebenfalls für Um- und Nachrüstungen, wobei der Landesgesetzgeber hierfür eine Frist bis zum Jahr 2030 einräumt. Ähnliche Regelungen finden sich in Bayern für Beleuchtungen im Außenbereich und Fassadenbeleuchtungen (Art. 11a BayNatSchG; Art. 9 BayImSchG).
Im Kontext der Diskussion um § 41a Abs. 1 BNatSchG scheint ein zeitlich begrenztes Anstrahlungsverbot von Fassaden unausweichlich. Kommunen wird dies technisch vor keine größeren Herausforderungen stellen. Die Beleuchtung von besonderen Bauwerken ist jedoch oft Bestandteil kommunaler Marketingstrategien, sodass Auswirkungen des Verbots in diesem Kontext zu betrachten sind, denn die Beleuchtung dient keinem besonderen Sicherheitsinteresses nach § 23 Abs. 4 BNatSchG n.F.
Die richtige Lichtfarbe wählen
Ebenso kann davon ausgegangen werden, dass den Kommunen mit Blick auf die finanzielle Belastung ein gewisser Zeitkorridor für die Um- und Nachrüstung ihrer Beleuchtung eingeräumt wird. Der in Baden-Württemberg gewählte Bestandsschutz bis zum Jahr 2030 kann als Richtwert herangezogen werden. Dies kann nur kurzfristig zu einem Aufatmen führen, sollte die Um- und Nachrüstung der Beleuchtung in einer Kommune doch systematisch und bestenfalls im Einklang mit weiteren Infrastrukturmaßnahmen durchgeführt werden.
Ungeklärt sind die technischen und konstruktiven Anforderungen an Straßenbeleuchtungsanlagen und Leuchtmittel. Kommunen, die sich aktuell dem Thema widmen, tun gut daran, solche Leuchtenköpfe zu wählen, die kein Licht in oder über die Horizontale abstrahlen. Weiterhin sollten Leuchten dimmbar sein und über standardisierte Schnittstellen verfügen, um künftige Anforderungen bedienen zu können.
Lichtfarben bis 3000 Kelvin gelten als insektenfreundlich. Leuchtenhersteller versichern, dass auch Lichtfarben größer 3000 Kelvin den Anforderungen an Natur- und Insektenschutz genügen können. So umstritten die Frage nach der Lichtfarbe ist, so wichtig ist sie für eine Kommune. Häufig setzen Kommunen zur Beleuchtung ihrer Straßen auf Lichtfarben von 4000 Kelvin, um ein besseres Konturensehen zu ermöglichen. Ob diese Leuchten der Umrüstungspflicht unterfallen, bleibt abzuwarten.
Trotz Geltung der neuen Regelungen des BNatSchG ab März 2022 bleibt für Kommunen eine erhebliche Unsicherheit im Hinblick auf ihre Straßenbeleuchtung und künftige Finanzierungsbedarfe. Kommunen sollten aktuelle Maßnahmen daher auf möglichst sichere Füße stellen und Straßenbeleuchtungsanlagen so natur- und insektenfreundlich wie möglich gestalten.
Stellt der Verordnungsgeber geringere Anforderungen, vermeidet die Kommune wenigstens die Umrüstung. Auch in aktuellen Ausschreibungsverfahren lässt sich die Ungewissheit nach unserer Erfahrung abbilden. Lena Kreggenfeld
Die Autorin: Lena Kreggenfeld ist Rechtsanwältin bei Wolter Hoppenberg Rechtsanwälte Partnerschaft.