So dunkel wie möglich, so hell wie nötig

Ein ehemals unansehnliches Kraftwerk in Schwerin wird durch gezielte Beleuchtung zum nächtlichen Schmuckstück. Foto: Stadtwerke Schwerin

Ein angemessener Einsatz von Licht im öffentlichen Raum hilft nicht nur die Kosten zu reduzieren, sondern wirkt auch einer Lichtverschmutzung und Störung der Umwelt entgegen. Dabei müssen Kommunen verschiedene Interessensgruppen im Blick behalten.

In vielen Städten und Gemeinden ist die Umstellung auf LED-Beleuchtung in vollem Gange oder bereits abgeschlossen. Durch die Umstellung wird die Effizienz der Beleuchtungsanlagen enorm gesteigert. Energieeinsparungen von mehr als 50 Prozent wurden erreicht. Mit einem deutlich geringeren Aufwand werden die gleichen oder bessere Ergebnisse erzielt. Es wird aber nicht hinterfragt, welche Beleuchtung im öffentlichen Raum wirklich angemessen, wirklich nachhaltig und „suffizient“ ist. Suffizienz in der Beleuchtung bedeutet den übermäßigen Einsatz von Licht, also von Energie und Material, und schädliche Einflüsse nächtlicher Beleuchtung zu vermeiden. Suffizienz meint also den „Konsum von Licht“ zu verringern. Was ist dafür das entscheidende Maß? Wie wenig Licht im öffentlichen Raum ist vertretbar?

Vor dem Hintergrund der Diskussion um den Verlust der Nacht wird die Vermeidung von Lichtsmog, die Verhinderung unnötiger Beleuchtung zu einem erstrebenswerten Ziel in den Planungsabteilungen der Städte und Gemeinden. Das Ziel ist die Beibehaltung des natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus, beispielsweise um den Lebensraum nachtaktiver Tiere zu erhalten, Flora und Fauna im Allgemeinen zu schützen, aber auch die Lebensqualität der Menschen zu erhöhen. In diesem Zusammenhang wird den saisonalen Unterschieden in der Länge der Tage zunehmend Beachtung geschenkt. Das „Recht auf Dunkelheit“ hat in dieser Diskussion an Bedeutung gewonnen.

WANN BEGINNT DIE NACHT?

Demgegenüber steht, dass der moderne Lebensrhythmus nichts mehr mit den natürlichen Helldunkelphasen zu tun hat, sondern das ganze Jahr über gleichmäßig von der Uhr gesteuert wird. Durch Digitalisierung und die wachsende weltweite Vernetzung der Menschen verliert in neuerer Zeit dieser Tagesablauf seine lokale gesellschaftliche Verbindlichkeit. Einfach gesagt, die Zeiträume, in denen der öffentliche Raum genutzt wird, werden immer individueller. Die einfache Definition, wie sie in einigen kleinen Gemeinden noch gelebt wird, dass ab 22 Uhr die Straßenbeleuchtung abgeschaltet werden kann, verliert an Bedeutung.

Wieviel Licht ist im öffentlichen Raum erforderlich? Nähert man sich der Frage, was suffiziente Beleuchtung ist, von der anderen Seite, dann ist schnell klar, dass die sichere Benutzbarkeit des öffentlichen Raumes oberste Priorität hat. Das „Recht auf Zugänglichkeit“ rund um die Uhr wird eingefordert. In Europa und insbesondere in Deutschland wird die Straßenbeleuchtung als Teil der Fürsorgepflicht des Staates gegenüber seinen Bürgern angesehen. Fürsorge, die auch Kontrolle und Kontrollierbarkeit beinhaltet.

Daneben stehen andere Anforderungen an die Beleuchtung, wie die Fortsetzung der wirtschaftlichen Tätigkeit, sprich eine hohe Attraktivität der Innenstädte, die Erhaltung, vielleicht sogar Steigerung der touristischen oder Identität stiftenden Erlebnisse und ganz allgemein die Erhaltung der Aufenthaltsqualität in den Städten. Licht kann dabei helfen, das Bild einer Stadt zu prägen, weil es Räume und Wege einzigartig zur Geltung bringen kann. Gerade die emotionalen Reaktionen der Betrachter werden durch die Gestaltung des Lichts, durch Variation von Intensität, Richtung und Farbe sowie Verteilung beeinflusst.

NACHHALTIG PLANEN

Wie kann man Suffizienz in der öffentlichen Beleuchtung definieren? Die Frage der Angemessenheit lässt sich vielleicht am einfachsten beantworten, wenn man die Kriterien für Nachhaltigkeit an das öffentliche Umfeld anlegt. In einer nachhaltigen Stadt spielt auch die Beleuchtung eine wichtige Rolle. Sie beeinflusst das Erscheinungsbild der Stadt in sozialer, ökologischer und wirtschaftlicher Hinsicht.

  • In sozialer Hinsicht kann die Beleuchtung helfen, ein sicheres Umfeld und Orte der Begegnung zu schaffen.
  • Ökologisch ist die möglichst geringe Beeinflussung der Flora und Fauna, die Vermeidung von Lichtsmog und schließlich auch die Reduktion des Energie- und Materialeinsatzes relevant.
  • Ökonomisch ist natürlich die Effektivität der Beleuchtung interessant. Viel wichtiger ist es jedoch, durch eine den Ort aufwertende Beleuchtung die wirtschaftlichen Möglichkeiten zu steigern.

Um eine suffiziente Beleuchtung zu planen, ist es notwendig, dass die Anforderungen an die Beleuchtung präzise formuliert werden. Je nachdem, welche Rolle die Beleuchtung im jeweiligen Umfeld spielt, sind die Anforderungen andere und die Gewichtung der Kriterien muss eine andere sein.

In dem Forschungsprojekt „Dynamic Light“ gab es beispielsweise das Projekt, die Beleuchtung eines Fahrradweges in Rostock zu planen und zu realisieren, der durch einen bis dahin unbeleuchteten Naturraum führt. Da diese Verbindung wichtig für die Erreichbarkeit der Werften ist, war eine Beleuchtung wünschenswert, die eine sichere Benutzung während der Dunkelstunden zum jeweiligen Schichtwechsel ermöglicht.

Es wurde eine Beleuchtung mit Präsenzmelder realisiert, die garantiert, dass der für den Radfahrer einsehbare Abschnitt des Weges beleuchtet ist. Bei Nichtbenutzung bleibt der Weg dunkel. Dadurch wurden die ökologischen Ziele, Flora und Fauna nicht zu stören, so gut wie möglich umgesetzt, gleichzeitig wurde für einen sicheren Arbeitsweg mit dem Fahrrad gesorgt.

Die soziale Komponente, in diesem Fall das Sicherheitsgefühl, wurde erreicht und damit auch die ökologische, den Fahrradverkehr zu stärken, sowie der ökonomische Aspekt, wenig Energie zu verbrauchen. Auch die Attraktivität des Wohnumfeldes wurde gesteigert, da der Arbeitsplatz nun mit dem Fahrrad gut erreichbar ist.

AUFGEWERTET DURCH LICHT

Ein anderes Beispiel ist die Beleuchtung des Kraftwerks in Schwerin. Auf den ersten Blick eine überflüssige, nicht suffiziente Beleuchtungsanlage. Hier soll die Beleuchtung des Kraftwerks dazu dienen, den Schwerinern die technologischen Veränderungen von „dreckiger“ Kraftwerkstechnik hin zu einer sauberen, umweltschonenden Strom- und Wärmeerzeugung deutlich zu machen. Außerdem sollte der Standort aufgewertet werden und eine positive Identifikation der Anwohner erreicht werden.

Da der angestrebte soziale Nutzen die ökologischen Defizite überwiegt und auch ein ökonomischer Nutzen für das Unternehmen und das Umfeld erwartet wurde, kann hier von einer suffizienten Beleuchtung gesprochen werden, zumal durch die Ausführung der Beleuchtung der ökologische Schaden minimiert wurde.

Durch ein besseres Verständnis des räumlichen Kontextes und der Anliegen der Nutzer sowie aller weiteren relevanten Akteure kann durch die Gestaltung der Beleuchtung des abendlichen und nächtlichen Raumes dessen Attraktivität, die Identität des jeweiligen Ortes sowie der Erlebniswert des Stadtraums gesteigert werden, ohne dabei ökologische Belange zu vernachlässigen. Besonders eine dynamische, sich entsprechend der Anforderungen ändernde Beleuchtung kann dazu beitragen.


Prof. Dr.-Ing. Thomas Römhild, Studiengangsleiter Architectural Lighting Design an der Hochschule Wismar.