Landau will Vorbild sein

Die kreisfreien Städte in Rheinland-Pfalz schauen auf Landau! Davon ist Oberbürgermeister Thomas Hirsch überzeugt. Seine Stadt ist der Pionier im Modellprojekt „Kommune der Zukunft“. Darin sollen neue Chancen vor allem der dörflichen Entwicklung im ländlichen Raum eröffnet werden.

Acht plus eins: So lautet die Erfolgsformel der Stadt Landau (rund 46 000 Einwohner) in der Pfalz. Während die Kernstadt ihrer Funktion als Mittelzentrum nachkommt und Einkaufs-, Bildungs-, Freizeit- und Kulturangebote für die Region bereithält, sind die acht Landauer Stadtdörfer ländlicher geprägt und setzen vor allem auf Weinbau und Tourismus. Gemeinsam machen die attraktive Innenstadt und die Stadtdörfer als in sich geschlossene, dörfliche Einheiten mit ihrer Weinkultur, ihrem aktiven Vereinsleben und ihrem ausgeprägten Gemeinschaftssinn die Südpfalzmetropole Landau aus.

Doch Arzheim, Dammheim, Godramstein, Mörlheim, Mörzheim, Nußdorf, Queichheim und Wollmesheim, so die Namen der Dörfer, die oft weit älter sind als die Stadt Landau selbst, haben ein Problem: Als Zwitter zwischen Stadt und Dorf profitieren sie bislang weder von der Städtebauförderung noch von Dorfentwicklungsprogrammen. Auf Anregung der Stadt Landau möchte das Land Rheinland-Pfalz diese Förderlücke städtischer Dorfentwicklung schließen und hat das Projekt „Kommune der Zukunft“ ins Leben gerufen – mit Landau und seinen Stadtdörfern als Modellkommune.

Im Herbst 2016 gestartet, hat das Projekt zum Ziel, in einem offenen, moderierten Prozess gemeinsam mit der örtlichen Bevölkerung die Stärken und Schwächen der Stadtdörfer herauszuarbeiten sowie Zukunftsthemen zu identifizieren und anzustoßen. Der Prozess ist zunächst auf drei Jahre angelegt. Die Kosten betragen rund 500 000 Euro, wovon das Land 75 Prozent übernimmt. Zudem führt es mit Unterstützung der Universität Kaiserslautern eine prozessbegleitende Evaluation durch, um die Ergebnisse künftig landesweit anwenden zu können.

Bürger setzen sich zusammen

Die Erfahrungen, die die Stadt Landau als Pionier auf diesem Weg gemacht hat, sind positiv. Im Programm finden die Bürger zusammen, vernetzen sich und gestalten gemeinsam die zukünftige Entwicklung ihres Dorfs. In den acht Stadtdörfern haben sich 67 Arbeitsgruppen mit rund 160 Mitwirkenden gebildet, die zentrale Themen der Dorfentwicklung bearbeiten. Begleitet wird der Prozess von den Ortsvorstehern sowie von zwei Dorfentwicklungspartnern, die für den Projektzeitraum beim städtischen Bauamt angesiedelt sind und als Bindeglied zwischen Stadtverwaltung und Stadtdörfern fungieren.

Wichtig: Im Zuge von „Kommune der Zukunft“ werden nicht einzelne Maßnahmen, etwa baulicher Art, gefördert. Vielmehr haben wir als Modellkommune das „große Ganze“ im Blick. Unter Einbindung aller Akteure wollen wir individuelle Konzepte für die Zukunftsfähigkeit der Landauer Stadtdörfer entwickeln, Schlüsselmaßnahmen einleiten und Fördermöglichkeiten aufzeigen. Zahlreiche Projekte konnten bereits angegangen werden, etwa die Gründung eines Dorfladens, ein interkultureller Abend und ein Kindertreff. Das Thema Nahversorgung spielt in fast allen Stadtdörfern eine Rolle, ebenso machen sich die Menschen in den Dörfern Gedanken um die Herausforderungen des demografischen Wandels. Zum Ideenaustausch fand ein erstes Vernetzungstreffen der Arbeitsgruppen aus allen Stadtdörfern statt, weitere sollen folgen.

Dörfer entwicklen eigene und gemeinsame Projekte

Zudem hat jedes Stadtdorf ein Leuchtturmprojekt entwickelt, das in seiner Umsetzbarkeit meist über den dreijährigen Zeitraum des Modellprojekts hinausgeht. Die Bandbreite reicht von der Belebung der Dorfmitte über die Aufwertung des Sportgeländes bis hin zum neuen Dorfgemeinschaftshaus. Dazu kommt ein neuntes, stadtdorfübergreifendes Projekt, das alle acht Stadtdörfer über Grünzüge mit der Kernstadt verbinden möchte.

Alle diese Vorhaben und deren Entstehungsgeschichte wurden von uns in einer Broschüre zusammengefasst und an das Land Rheinland-Pfalz übergeben. Die Stadtspitze hofft, dass die Bemühungen zur Belebung der Stadtdörfer auch nach Ablauf des dreijährigen Projektzeitraums Unterstützung vom Land erfahren.

Alle Projekte, egal ob sie bereits umgesetzt werden konnten oder noch auf den Wunschzetteln der Stadtdörfer stehen, wurden nicht von oben vorgegeben, sondern sind von den Menschen vor Ort identifiziert und erarbeitet worden. Die übrigen kreisfreien Städte in Rheinland-Pfalz schauen auf Landau! Mit „Kommune der Zukunft“ sollen neue Chancen der kommunalen Entwicklung im ländlichen Raum eröffnet werden. Wir sind überzeugt, dass andere Kommunen von den bei uns gewonnenen Erkenntnissen profitieren können.

Thomas Hirsch

Der Autor
Thomas Hirsch ist Oberbürgermeister der rheinland-pfälzischen Stadt Landau in der Pfalz