Die Bevölkerung erwartet in der Corona-Krise vertrauenswürdige Informationen, insbesondere auf lokaler Ebene. Damit eine kommunale Krisenkommunikation gelingt und nachhaltig überzeugt, muss sie zur Chefsache gemacht werden.
Bei der Ausbreitung von Covid-19 handelt es sich um eine Pandemie, die keine Grenzen kennt! Als sich diese Erkenntnis, wenngleich zögerlich, durchsetzt, ist die Krise längst da. Und wie bei allen Krisen spielt die Kommunikation beziehungsweise deren Wahrnehmung von Beginn an eine entscheidende Rolle. China als Herkunftsland ist weit weg, die internationalen Schlagzeilen erreichen die Titelseiten in der Anfangsphase nicht. Erst Ischgl und die Folgen, wie auch die dramatischen Krankheitsverläufe in Italien, machen aus dem Phänomen einer nicht fassbaren globalen Krise eine akute Bedrohung vor unserer Haustür.
Wie gehen Städte und Gemeinden damit um, vor dem Hintergrund, dass zunächst fast ausschließlich Bundesregierung und Länder im Fokus der Medien stehen? Nationale Krisenstäbe tagen ohne Unterlass. Was am Ende herauskommt, muss europäischen Vorgaben, nationalem Interesse und deutschen föderalen Strukturen Rechnung tragen. Das prägt die Schlagzeilen in Fernsehen, Hörfunk und den nationalen Tageszeitungen.
Bürgermeister und Kommunalpolitiker genießen großes Vertrauen
Menschen fühlen jedoch in Krisen vor allem lokal, suchen dort verlässliche Informationen. Es sind schließlich Entscheidungen in ihrem Landkreis, ihrer Stadt, ihrer Gemeinde, die ihren Alltag in der Ausnahmesituation bestimmen. Wie Entscheidungsträger hier mit dem Virus umgehen, prägt die Stimmung und schafft Vertrauen vor Ort. Die Erwartungen während der Covid-19-Pandemie an die Kommunalpolitik waren von Beginn an hoch. Bürgermeistern und Kommunalpolitikern wird nach den Erkenntnissen einer repräsentativen Bertelsmann-Studie (Mai 2019) schon prinzipiell ein durchaus angemessenes Vertrauen entgegengebracht. Bei immerhin 48,5 Prozent der Befragten ist es „groß“, beziehungsweise „sehr groß“, was die Arbeit einer Verwaltung betrifft. Bei Bürgermeistern liegt die Quote gar bei 63,8 Prozent. Das sind ausgezeichnete Werte, vergleicht man sie mit jenen der Bundespolitiker (23.8 %) und der Europapolitiker (31,8 %).
Auch was die Themen betrifft, spricht die Studie eine eindeutige Sprache. Kindern und Jugendlichen gute Chancen zu ermöglichen, sehen 94,7 Prozent der Bürger als eine „wichtige oder sehr wichtige“ kommunale Aufgabe an, Mobilität (86 %), Umwelt (84,5 %) und Wohnen (83,9 %) stehen ebenso auf der „To-do-Liste“ wie Kinderbetreuung, Sport-, Freizeitangebote und Bildung/Schulen. Just diese Bereiche sind von der Corona-Krise hart getroffen. Deshalb wollen Bürger darüber nicht nur sporadisch informiert werden. Sie suchen täglich, ja fast stündlich Antworten auf ihre drängenden Fragen.
Kommunikation hat als kommunale Aufgabe jetzt höchste Priorität. Die Menschen erwarten angesichts einer Flut ständig neu erlassener Verordnungen und sich medial zum Teil widersprechenden Berichten, profunde Hilfestellung. Die kommunale Kommunikation dazu muss besonderen Anforderungen gerecht werden. Es genügt nicht, in Verwaltungsstäben Dezernate und Ämter zu vernetzen. Um den Menschen das für sie wichtige Gefühl zu geben, dass sich um sie unbürokratisch, schnell und effektiv gekümmert wird, müssen sie darüber nachhaltig informiert werden. Das ist aufwendig und bedarf journalistischer Kompetenz und kann von kommunalen Pressestellen nicht nebenbei erledigt werden.
Authentische und offene Ansprache zählt
Zentrale Fragen müssen beantwortet werden. Wie spreche ich die Bevölkerung an? Welche (zusätzlichen) Kommunikationswege nutze ich? Wie binde ich die regionalen Medien ein? Welchen zeitlichen Aufwand muss ich ansetzen? Welches Personal steht krisenbedingt noch zur Verfügung? Antworten darauf haben sich Städte und Gemeinden auf unterschiedlichste Weise gegeben. Während die einen bestehende Kommunikationswege und -strukturen in den Rathäusern nutzen und mit Aspekten der Krise anreichern, haben andere die lokale Krisenkommunikation zur Chefsache gemacht.
Mit zunehmender Dauer der Krise kristallisiert sich klar heraus – nur die zweite Variante erzielt nachhaltige Wirkung. Krisenkommunikation braucht nämlich ein seriöses Gesicht. Bürgermeister eignen sich dazu bestens. Sie genießen, wie eingangs beschrieben, bei der Bevölkerung einen Vertrauensvorschuss, den sie freilich jetzt in der Krise nicht verspielen dürfen. Voraussetzung für die Akzeptanz in der Öffentlichkeit ist eine absolut ehrliche, authentische und offene Ansprache der Bürger. Eine Kommunikation, die sich deutlich von der täglichen „Krisen-Talkshow-Epidemie “, die in den deutschen Wohnzimmern permanent für Verunsicherung sorgt, unterscheidet.
Die zweite Entscheidung, die zu Beginn einer Krise in den Rathäusern von zentraler Bedeutung ist: Die Städte und Gemeinden müssen selbst zu Medienproduzenten werden. Ihre Informationen müssen zur Nummer Eins der regionalen Informationskette werden. Dies kann gelingen, wenn die kommunale Krisenkommunikation eindeutig als „das einzige, offizielle und vertrauenswürdige Organ“ positioniert wird – aber natürlich keinesfalls in Konkurrenz zur lokalen Presse. Online-Krisen-Portale zum Beispiel können ein profundes Mittel sein, um als „uniques“ Medium von den Menschen wahrgenommen und akzeptiert zu werden. Entscheidend für den Erfolg ist es, den jeweils richtigen strategischen, kommunikativen Weg für eine Stadt oder Gemeinde zu finden. Dieser muss nicht zuletzt auch die medialen Konsumgewohnheiten der Bürger berücksichtigen. Hier kann der profunde Blick von außen durchaus hilfreich sein.
Günter Knappe
Der Autor
Günter Knappe, Karlsruhe, ist Journalist, Kommunikationsexperte und Kommunikationsberater von Stadt und Landkreis Karlsruhe während der Covid-19-Pandemie
Korrekturhinweis: In der Printfassung dieses Artikels in der gemeinderat, Ausgabe Mai 2020, wurde in der Bildunterschrift fälschlicherweise der Karlsruher Oberbürgermeister Mentrup als Geschäftsführer eines Städtischen Klinikums bezeichnet. – Die Redaktion