Kommunale Haushalte 2023 im Defizit

Erstmals seit 2011 waren die Kommunen im Jahr 2023 im Defizit, mit 6,8 Milliarden Euro. Foto: Adobe Stock/wutzkoh

Im Jahr 2023 lagen die Ausgaben der Kommunen bei 364,9 Milliarden Euro. Im Vergleich zum Vorjahr sind sie damit deutlich gestiegen.

Die Gemeinden und Gemeindeverbände (ohne Stadtstaaten) in Deutschland wiesen im Jahr 2023 ein Finanzierungsdefizit von 6,8 Milliarden Euro auf. Das teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) nach vorläufigen Ergebnissen der vierteljährlichen Kassenstatistik mit. Dies war das erste kommunale Finanzierungsdefizit seit dem Jahr 2011.

Der Grund laut Destatis: In den Jahren von 2011 bis 2022 hatten sich durch eigene Steuereinnahmen und Zuweisungen von Bund und Ländern, die während der Corona-Pandemie zeitweilig zur Unterstützung der Kommunen erhöht wurden, stets Finanzierungsüberschüsse ergeben. Im Jahr 2022 hatten die Kommunen noch einen Überschuss von 2,6 Milliarden Euro verzeichnet.

Das Ergebnis setzt sich aus kommunalen Kern- und Extrahaushalten zusammen: Das Defizit der Kernhaushalte belief sich 2023 auf 6,2 Milliarden Euro, nach einem Überschuss von 2,2 Milliarden Euro im Vorjahr. Die Extrahaushalte verzeichneten im Jahr 2023 ein Defizit von 0,7 Milliarden Euro. Im Vorjahr hatte sich ein Überschuss von 0,5 Milliarden Euro ergeben.

Ausgaben um zwölf Prozent gestiegen

Die bereinigten Ausgaben der Gemeinden und Gemeindeverbände stiegen im Jahr 2023 im Vergleich zum Jahr 2022 sehr stark um 12,0 Prozent beziehungsweise 39,2 Milliarden Euro auf 364,9 Milliarden Euro.

Treiber der Ausgabenseite waren vor allem die Sozialausgaben. Sie stiegen um 11,7 Prozent auf 76,0 Milliarden Euro. Hauptgrund für den Anstieg waren die zum 1. Januar 2023 erhöhten Regelsätze für das Bürgergeld nach SGB II und für die Sozialhilfe nach SGB XII. Aber auch die Berechtigung von Schutzsuchenden aus der Ukraine zum Bezug von Bürgergeld trug dazu bei, wenngleich im Gegenzug die Ausgaben nach dem Asylbewerberleistungsgesetz im Jahr 2023 mit 3,7 Milliarden Euro um 7,9 Prozent niedriger ausfielen als im Vorjahr.

Die kommunalen Leistungen nach SGB II entfielen zum größten Teil auf Unterkunft und Heizung und waren in der Folge ebenfalls vom Anstieg der Energiepreise betroffen. Die Leistungen lagen im Jahr 2023 mit +14,7 Prozent deutlich höher als im Vorjahr und beliefen sich auf 14,8 Milliarden Euro. Im Gegenzug stieg die Beteiligung des Bundes an den Kosten der Unterkunft und Heizung um 19,0 Prozent auf 9,4 Milliarden Euro.

Höhere kommunale Ausgaben

Auch die übrigen wesentlichen kommunalen Sozialleistungsausgaben stiegen 2023 beträchtlich: Die Ausgaben für Eingliederungshilfen nach SGB IX erhöhten sich gegenüber dem Vorjahr um 10,9 Prozent auf 19,9 Milliarden Euro, die Leistungen der Sozialhilfe nach SGB XII um 12,5 Prozent auf 18,7 Milliarden Euro und die Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe nach SGB VIII um 15,2 Prozent auf 15,7 Milliarden Euro.

Neben den Ausgaben für Sozialleistungen wuchsen auch andere wichtige Ausgabearten: In den Kernhaushalten stiegen die Personalausgaben um 7,4 Prozent auf 80,9 Milliarden Euro. Das ist vor allem auf den Tarifabschluss 2023 im öffentlichen Dienst zurückzuführen, insbesondere auf die Sonderzahlung zum Inflationsausgleich im Juni 2023.

Die laufenden Sachaufwendungen stiegen um 8,2 Prozent, die Sachinvestitionen um 12,3 Prozent, was ebenfalls auf die allgemeine Teuerung zurückzuführen ist. Der sprunghafte Anstieg der Zinsausgaben der Kernhaushalte um 37,4 Prozent 2023 ist mit der Refinanzierung und Neuaufnahme von Verbindlichkeiten zu höheren Zinssätzen als in den Vorjahren zu erklären.

Steuereinnahmen und Zuweisungen wachsen langsamer als Sozialleistungen

Die bereinigten Einnahmen der kommunalen Kern- und Extrahaushalte waren im Jahr 2023 mit 358,1 Milliarden Euro zwar um 9,0 Prozent oder 29,7 Milliarden Euro höher als im Vorjahr. Sie konnten damit aber den Anstieg auf der Ausgabenseite nicht ausgleichen.

Die Einnahmen aus Steuern (netto) waren mit 130,3 Milliarden Euro 2023 um 7,3 Prozent höher als 2022. Die Einnahmen aus der Gewerbesteuer (netto) stiegen dabei stärker als erwartet um 7,3 Prozent. Während die Gewerbesteuereinnahmen (netto) in Rheinland-Pfalz im Vergleich mit besonders hohen Einnahmen im Vorjahr um 26,9 Prozent zurückgingen, stiegen sie in den übrigen Ländern um durchschnittlich 9,5 Prozent.

Die von den Ländern an die kommunalen Kern- und Extrahaushalte gezahlten Zuweisungen für Investitionen stiegen im Jahr 2023 um 15,6 Prozent und damit fast im gleichen Umfang wie die von den Kommunen verausgabten Sachinvestitionen (+15,7 Prozent). Dagegen blieb der Anstieg der Schlüsselzuweisungen der Länder zur allgemeinen Finanzierung der kommunalen Haushalte (+6,1 Prozent) ebenso wie das Wachstum der von den Ländern gezahlten Zuweisungen für laufende Zwecke und Kostenerstattungen (+6,2 Prozent) hinter dem allgemeinen Anstieg der Ausgaben zurück.

red.