Uni Freiburg entwickelt Index um lokale Sturzfluten vorherzusagen

Die Menschen in den kürzlich betroffenen Hochwassergebieten kämpfen nach wie vor mit den Folgen. Bei solchen Extremereignissen bergen neben Flusshochwassern auch Sturzfluten eine große Gefahr. Diese sind schwer vorherzusagen, da bei ihrem Auftreten neben dem Niederschlag viele weitere Faktoren entscheidend sind. Ein Team unter der Leitung von Wissenschaftlern der Universität Freiburg hat nun einen Index entwickelt, der die jeweils erwartete lokale Gefahr von Sturzfluten angibt.

Sturzflut
Grundsätzlich wird als Sturzflut die plötzliche Überschwemmung eines Gebietes bezeichnet. So können Sturzfluten auch abseits von Flüssen auftreten, etwa nach Starkregenereignissen, wenn Boden und Kanalisation in der kurzen Zeit kein Wasser mehr aufnehmen können. Foto: Adobe Stock/burnstuff2003

In den sogenannten Sturzflutindex (SFI) fließen neben dem Niederschlag außerdem die Eigenschaften des jeweiligen Gebiets mit ein. Relevant ist etwa, wie viel Wasser die lokalen Böden aufnehmen können: Handelt es sich um versiegelte Flächen? Ist der Boden bereits feucht oder gesättigt? In welchem Maße ist er mit Pflanzen bedeckt?

Eine weitere Frage ist, wie das Wasser abfließt: Ist die Gegend flach oder hügelig? Treffen mehrere spontan gebildete Flüsse an einer Stelle aufeinander? Auf der Basis von Bodenkarten und Daten etwa zu Landnutzung und Versiegelung berechnen die Forschenden diese lokalen Gegebenheiten mit Hilfe von hydrologischen und hydraulischen Computermodellen.

Vier Risiko-Klassen für eine erwartete Sturzflut

Besonders gefährlich sind Sturzfluten, wenn das Wasser mit hoher Geschwindigkeit fließt, der Wasserstand hoch ist, oder bei einer Kombination aus beiden Faktoren. In solchen Fällen könnten Fußgänger oder Fahrzeuge den Halt verlieren und weggeschwemmt werden. Um die Gefahr in einem bestimmten Gebiet abzuschätzen, haben die Wissenschaftler vier Risiko-Klassen definiert: Keine bis geringe Gefahr, mäßige Gefahr, erhebliche bis große Gefahr oder sehr große Gefahr. Bei dieser Einordnung beziehen die Wissenschaftler historische Erfahrungswerte mit ein. In welche Klasse ein Gebiet fällt, hängt davon ab, welcher Anteil der lokalen Flächen laut Modell von gefährlichen Sturzfluten betroffen sein wird.

Rechtzeitig warnen und langfristig vorsorgen

Um den SFI zu testen, bestimmten die Forschenden Gefahren bei früheren Hochwassern anhand historischer Daten. Tatsächlich sagte der Index die jeweils betrachteten Sturzfluten korrekt vorher. „Der SFI bietet einen deutlichen Mehrwert gegenüber bloßen Starkregenwarnungen“, sagt Professor Dr. Markus Weiler, Professor für Hydrologie an der Universität Freiburg, der das Projekt koordiniert. „Mit Hilfe der Vorhersagen können Bewohner betroffener Gebiete in Zukunft hoffentlich rechtzeitig gewarnt, Alarm- und Einsatzpläne objektiviert und verbessert werden. Langfristig hilft der Index, vorzusorgen und die lokalen Gefahren durch Sturzfluten zu verringern. Um seinen Einsatz voranzutreiben, sind wir bereits mit mehreren Landesämtern im engen Kontakt.“

Entwickelt wurde der SFI im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekts AVOSS (Auswirkungsbasierte Vorhersage von Starkregen und Sturzfluten auf verschiedenen Skalen: Potentiale, Unsicherheiten und Grenzen). An der Forschung beteiligt sind Wissenschaftler mehrere Universitäten und Forschungseinrichtungen aus ganz Deutschland, die mit Meteorologen und Ingenieurbüros zusammenarbeiten.

Red.