Kooperation für bessere Hochwasservorsorge

Hochwassernotgemeinschaft; Hochwasser; Köln; Rhein
Wie Köln waren weitere große und kleine Kommunen entlang des Rheins bereits oft von schweren Hochwassern betroffen. Foto: Adobe Stock/schemev

Gemeinsam für eine bessere Hochwasservorsorge: Gemeinden, Städte und Bürgerinitiativen haben sich zur Hochwassernotgemeinschaft Rhein zusammengeschlossen – bereits vor 30 Jahren waren die ersten dabei. Der Klimawandel macht den Kooperationsansatz noch einmal wichtiger. Ute Eifler stellt ihn vor.

Die Hochwassernotgemeinschaft Rhein e. V. (HWNG) ist mit über 60 Mitgliedern das Sprachrohr von fast einer Million Menschen, die von Hochwasser betroffen sind. Der Zusammenschluss entstand nach mehreren schweren Hochwassern am Rhein in den 1980er und 1990er Jahren.

Um die Interessen der Anlieger zu bündeln und gemeinsam Maßnahmen zur Rückhaltung am Oberrhein zu fordern, verbanden sich Gemeinden, Städte und Bürgerinitiativen im September 1990 zunächst zur Hochwassernotgemeinschaft Mittelrhein.

Lobbyarbeit für kommunale Anliegen

Nach den folgenschweren Extremhochwasserereignissen in den Jahren 1993 und 1995 schlossen sich am 16. November 1996 die Kommunen am Niederrhein an, mit dem Ziel, sich als Hochwassernotgemeinschaft Rhein gemeinsam für eine bessere Hochwasservorsorge stark zu machen. Als anerkannte Interessenvertretung hat die HWNG viel erreicht. Als Sprachrohr ihrer Mitglieder findet sie Gehör für kommunale Interessen in nationalen und internationalen Gremien und kann deren Anliegen erfolgreich vertreten.

Die HWNG bereitet ihre Mitglieder in Workshops auf den Umgang mit Hochwasservor, zum Beispiel in der Bundesakademie für Bevölkerungsschutz und Zivile Verteidigung (BABZ) in Ahrweiler. Foto: Ute Eifler, HWNG Rhein

Seit 1996 nimmt sie als Beobachter regelmäßig an der Arbeitsgruppe Hochwasser (AG H) der Internationalen Kommission des Rheins (IKSR) teil. Ebenso an weiteren Expertengruppen, den jährlichen Plenarsitzungen und den Rheinministerkonferenzen — und kann dort ihre Positionen vertreten, insbesondere wenn es um Aufgaben der Kommunen und Forderungen von Betroffenen geht.

Damit kann sie Lobbyarbeit im klassischen Sinn betreiben, indem sie frühzeitig versucht, die Beteiligten für die eigenen Ziele zu gewinnen. Die HWNG kann bei der IKSR sowie bei Ministerien und Behörden auf eine hohe Akzeptanz verweisen und wird regelmäßig zu Stellungnahmen gebeten. So konnte sie bei allen Novellen im Hochwasserschutz und der -vorsorge, von der EG-HWRM-Richtlinie bis zur Umsetzung in Bundes- und Landesgesetze, ihr Expertenwissen einbringen. 2022 fand die Forderung der HWNG, dass die Staaten zusätzliche Retentionsräume ermitteln und planerisch festschreiben sollen, Eingang in den neuen Arbeitsplan der IKSR.

Ein HWNG-interner Arbeitskreis aus Hochwasserexperten der Kommunen befasst sich regelmäßig mit aktuellen Entwicklungen und erörtert Probleme des Hochwassermanagements der Kommunen. Eine Besonderheit der HWNG ist, dass Bürgerinitiativen hier ein gleichberechtigtes Mitspracherecht haben. Verwaltungen sowie Bürgerinnen und Bürger arbeiten auf Augenhöhe zusammen. So wird das gegenseitige Verständnis gefördert.

Hilfe für neue Partnerschaften

Seit 2009 gibt es unter ihrem Dach das Informations- und Beratungszentrum Hochwasservorsorge Rheinland-Pfalz (IBH). Es wurde gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden sowie dem Innen- und dem Umweltministerium von Rheinland-Pfalz ins Leben gerufen und unterstützt die Kommunen bei der Gründung von Hochwasserpartnerschaften sowie der laufenden Arbeit.

Die HWNG führt regelmäßig Workshops und Seminare zu Themen des Hochwasserschutzes und der -vorsorge durch und kooperiert dabei mit verschiedenen Partnern. Dazu gehören beispielsweise das IBH, die IKSR, das HochwasserKompetenzCentrum (HKC) oder die Stadtentwässerungsbetriebe Köln (StEB).

Der Vorstand der HWNG: Seit Ende 2022 ist Ulrike Franzke (4. v. l.) die neue Vorsitzende. Übernommen hat sie das Amt von Achim Hütten, dem ehemaligen Oberbürgermeister der Stadt Andernach. Foto: Ute Eifler, HWNG Rhein

Akteure im Hochwasserschutz können sich über aktuelle Themen der Hochwasservorsorge informieren, das Verständnis vertiefen und Erfahrungen mit den Fachleuten anderer Gemeinden und Städte austauschen. Die persönlichen Kontakte unterstützen dabei, ein tragfähiges Informationsnetz zwischen den Kommunen aufzubauen, die vom Hochwasser betroffen sind.

Als wichtige Aufgabe für eine umfassende Hochwasservorsorge sieht die HWNG die Information und Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. In flutfreien Zeiten droht die Gefahr, die von Hochwassern ausgeht, bei Verantwortlichen und Betroffenen in Vergessenheit zu geraten – gerade am Rhein, wo es lange kein größeres Hochwasser gab.

Dauerhaft die Gefahr im Blick haben

Die HWNG unterstützt ihre Mitglieder dabei, das Hochwasserbewusstsein zu erhalten und zu fördern. Es erfolgt eine gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit. Zudem werden Ausstellungen oder spektakuläre Aktionen veranstaltet, wie die Hebung eines Feuerwehrrettungsbootes auf Extremhochwasserniveau 2016 in Koblenz und Köln.

In den vergangenen Jahren konnten einige Kommunen am Oberrhein als Mitglieder gewonnen werden. Die bereits spürbaren Folgen des Klimawandels machen eine überregionale Zusammenarbeit wichtiger denn je. Für die HWNG wäre daher ein Lückenschluss bezüglich der Mitglieder am Rhein wünschenswert, auch wenn es nicht immer einfach ist, die Interessen von Ober- und Unterliegern zu vereinbaren. Wenn man die Hochwasservorsorge effizienter voranbringen will, lohnt es sich dennoch, die kommunalen Interessen zu bündeln und ein gemeinsames Sprachrohr auf höherer Ebene zu schaffen.

Vorsitzende der HWNG Rhein ist Ulrike Franzke, Vorständin der StEB Köln. Sie übernahm die Führung des Vereins Ende 2022 vom langjährigen Vorsitzenden und ehemaligen Oberbürgermeister von Andernach, Achim Hütten. Die Geschäftsführung der HWNG ist beim Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz (GStB) angesiedelt.

Ute Eifler


Die Autorin

Dr. Ute Eifler ist Referentin der Hochwassernotgemeinschaft Rhein (HWNG) in Mainz.