Es gilt, die Herausforderung anzunehmen, betont Wolfram Rinner: Der eigenwirtschaftliche Netzausbau erfordert einen hohen Einsatz, sorgt aber maßgeblich dafür, dass es mit der Breitbandversorgung zügig vorangeht.
Die Glasfaserabdeckungsquote liegt in Deutschland aktuell bei 26 Prozent – und bezogen auf das jährliche absolute Wachstum beim Ausbau der Glasfaserinfrastruktur in Europa auf dem dritten Platz. Die Deutsche Telekom realisierte 30 Prozent (homes passed). Die alternativen Netzbetreiber kommen zusammen auf einen Anteil von 70 Prozent.
Deren hohes Investitionsvolumen macht mehr als die Hälfte – 59 Prozent – vom Gesamt-volumen aus (Quelle: BREKO-Marktanalyse 2022). Unternehmen, die eigenwirtschaftlich Netze bauen, leisten einen signifikanten Beitrag für schnelles Internet.
Viele Telekommunikationsunternehmen kombinieren Fördermittel mit eigenwirtschaftlichen Investitionen. Die Bundesregierung unterstützt den Breitbandausbau seit Jahren mit einem Förderprogramm, das maßgeblich auf eingenommenen Steuergeldern basiert. Ein hoher Anteil des Budgets bleibt ungenutzt, was auch an dem komplexen Vergabe-verfahren liegt. Die konfliktäre Lage der staatlichen Förderung gegenüber den hohen Investitionen privater TK-Unternehmen, Infrastrukturanbietern und Anbietern für Venture Capital- oder Private Equity-Engagements bleibt gegeben.
Die Zahl der Risikofaktoren steigt
Die Politik stellt seit Jahren in ihrer Gigabit-Strategie die Bedeutung des eigenwirtschaft-lichen Ausbaus heraus: als Variante, die es zu priorisieren gilt. Trotzdem agierte die Bundesregierung mit der Ausgestaltung der Regularien kontraproduktiv, so auch aktuell mit der anstehenden „Gigabit Förderung 2023“. Im Interesse der Geschwindigkeit beim Netzausbau und der Effizienz bedarf es einer zielführenden Ausgestaltung der Regularien, um eigenwirtschaftliche Initiativen nicht zu behindern.
Der Risiko-Level steigt durch Überbau und überflüssigen Einsatz von Fördergeldern auf gleicher Wegstrecke. Fördermittel dürften für den Breitbandausbau nur da eingesetzt werden, wo es eigenwirtschaftlich nicht darstellbar ist, digitale Infrastrukturen mit entsprechendem Kundenpotenzial und Umsatzprognose zu erschaffen.
In diesem Jahr ändern sich die Voraussetzungen für die TK-Branche. Die Business Cases und Planungssicherheit für die Finanzierung leiden unter kritischen wirtschaftlichen und weltpolitischen Einflüssen, die durch die Lage in der Ukraine ausgelöst sind. Eine Kostensteigerung beim Netzausbau, bedingt durch den Krieg in der Ukraine, bestätigen 93 Prozent der befragten Mitgliedsunternehmen des Bundesverband Breitband-kommunikation e.V. (BREKO). Der negative Kosteneffekt bleibt mittelfristig bestehen und erstreckt sich über Glasfaserkabel, Leerrohr, Asphalt und weiter steigende Tiefbaukosten.
Mit dieser Perspektive erfordert es wirtschaftliche Substanz der Unternehmen und noch mehr unternehmerischen Mut, den kapitalintensiven Netzausbau weiterhin zu forcieren. Gasline, ein Unternehmen mit zehn Gesellschaftern aus dem Energiesektor, ist seit 25 Jahren im hiesigen Markt etabliert – und gehört zu den wenigen Infrastrukturanbietern, die konsequent eigenwirtschaftlich den Backbone ausbauen. Bis 2026 werden weitere 5500 Kilometer folgen.
Vorteile des eigenwirtschaftlichen Ausbaus
Unter den Kunden sind aktuell 75 Stadtwerke, acht Zweckverbände sowie 144 Städte und Kommunen. Mit den Investitionen in das Weitverkehrsnetz zwischen Städten, in die Anbindungen von Kommunen und an den Internetaustauschknoten DE-CIX leisten wir als Infrastrukturanbieter für unbeleuchtete Glasfaserkapazitäten einen wesentlichen Beitrag für die Versorgung mit schnellem Internet.
Das Netz erstreckt sich bis in ländliche Regionen hinein. Der individuelle Netzbedarf der Kommunen, Stadtwerke, Carrier und Großkunden aus der Wirtschaft wird durch einen Bauauftrag an den Anbieter realisiert, Glasfasern und Leerrohre des aktuell über 32.000 Kilometer großen Bestandsnetzes werden langfristig an Kunden vermietet.
Die Umsetzung des Netzausbaus ist schneller, da er in Eigenregie stattfindet. Die lange Zeitspanne, bis über die Vergabe von Fördermitteln beschieden wird, entfällt. Der Netzausbau unterliegt nicht dem restriktiven Konzept der staatlichen Planung, diversen Kontrollmechanismen und Abstimmungstorturen. Die Baukosten sind geringer, da keine Verpflichtung besteht, das von der Bundesregierung vorgegebene Materialkonzept zu nutzen, und über den Einkauf autark entschieden wird. Wolfram Rinner
Der Autor: Wolfram Rinner ist Geschäftsführer des LWL-Infrastrukturanbieters Gasline mit Sitz in Straelen.