Experimente für die Wasserqualität

Auf dem Versuchsfeld in Marienfelde sind Simulationsanlagen für Fließ- und Stillgewässer sowie für Ufer- und Langsamsandfiltration untergebracht, ebenso wie mehrere Speicherteiche. Foto: Claus-Gerhard Bannick/Umweltbundesamt

Das Umweltbundesamt forscht aktuell auf dem Versuchsfeld in Berlin-Marienfelde an der chemikalienfreien Aufbereitung von Trinkwasser. Getestet werden Filtersysteme und Desinfektionsverfahren.

Die Frage, wie und in welchen Mengen Chemikalien oder Krankheitserreger bis zum Wasserhahn der Verbraucher kommen, ist in der Forschung unbeantwortet. Experimente im Labormaßstab liefern zwar schnell belastbare Informationen, reichen aber zur Beantwortung der Frage oft nicht aus. So liefern Toxizitätstests mit ausgewählten Organismen im Labor zur Beurteilung einer möglichen Gefährdung des gesamten ökologischen Systems nur punktuelle Hinweise.

Daher ist es nötig zu prüfen, ob die aufgrund der Laborergebnisse erwarteten Zusammenhänge auch in realen Systemen zutreffen. Mit den Technika auf dem Versuchsfeld des Umweltbundesamtes in Marienfelde ist das möglich: Sie bilden die komplexe Realität des Wasserkreislaufs ab, erlauben eine Beherrschung der Bedingungen und eine definierte Dosierung der zu untersuchenden Mikroorganismen. Somit bilden sie die Brücke zwischen Laborexperiment und Freilandversuchen.

Zu den Technika des Umweltbundesamtes gehören eine Fließ- und Stillgewässer-Simulationsanlage, Simulationsanlagen für Ufer- und Langsamsandfiltration im Aquifer, eine Lysimeteranlage zur Simulation der Bodenpassage sowie ein Teststand zur Wirksamkeitsprüfung von Trinkwasser-Desinfektionsverfahren und Anschluss zur Gewinnung von Rohabwasser aus dem Berliner Kanalnetz. Hinzu kommen Versuchsteiche und eine Aquakulturanlage. In den gut ausgestatteten Laboratorien werden zahlreiche aquatische Biotestverfahren angewandt und die notwendige chemische und biologische Analytik durchgeführt. Das eigene Wasserwerk dient insbesondere der Versorgung der Technika mit den jeweilig erforderlichen Wasserqualitäten. Auf dem Versuchsfeld des Umweltbundesamtes forschen rund 60 Mitarbeiter, davon viele über Drittmittel finanzierte Zeitkräfte. Wichtig ist eine enge Zusammenarbeit mit Hochschulen und Forschungseinrichtungen.

Pro Stunde können bis zu 180 Kubikmeter Wasser aus rund 50 Metern Tiefe gefördert werden. Durch Enthärtung, Entsalzung sowie gezielte Zugabe von Salzen kann man für die Experimente die gewünschte Wasserqualität einstellen. Dabei werden für die Trinkwasseraufbereitung biologische Filtersysteme eingesetzt, die die Ausfällung von Eisen und Mangan bewirken. Beides kommt im anaeroben Grundwasser in hohen Konzentrationen vor und muss vor der Nutzung entfernt werden. Im Wasserwerk wird auch an der Elimination anderer Ionen geforscht, die geogen vorkommen können. Aktuell sind Experimente zur Entfernung von Chrom in Vorbereitung. Auch andere Verfahren für Kleinanlagen wurden getestet, beispielsweise Membranfiltrationsmodule für die Entfernung von Viren und eine transportable, stromfrei betreibbare Filteranlage für Katastropheneinsätze.

Prüfmethode ist EU-Standard

Wenn Rohwasser zur Trinkwassergewinnung aus Oberflächengewässern stammt, ist zur zusätzlichen Sicherheit vor Krankheitserregern eine kontinuierliche Desinfektion notwendig. Für die Entwicklung und Prüfung der Wirksamkeit neu beantragter Desinfektionsmittel und -verfahren hat das Umweltbundesamt einen Teststand entwickelt, der eine realitätsnahe Dosierung ermöglicht und in einer Rohrschlange die Reaktionsbedingungen im Wasserwerk nachstellt. Er ermöglicht die Probenahme zur Bestimmung der verbleibenden Aktivität verschiedener Mikroorganismen nach unterschiedlichen Reaktionszeiten bei Aufzeichnung von Daten wie pH-Wert, Redoxspannung, Temperatur, Chlordioxidkonzentration und Leitfähigkeit.

Mit den am Teststand gewonnenen Ergebnissen hat das Umweltbundesamt Kriterien für die Bewertung der Wirksamkeit von Bioziden für die Trink- und Badebeckenwasserdesinfektion entwickelt und diese in die Europäische Zulassung von Bioziden nach EU-Biozidverordnung als „Technical Guidance Dokument“ eingebracht. Die entwickelte Prüfmethode ist nun in der EU für die Wirksamkeitsprüfung bei der Zulassung neuer Trinkwasserdesinfektionsmittel als Standard anerkannt. Derzeit entwickelt das Umweltbundesamt einen weiteren Teststand zur Untersuchung der Biofilm-Bildung an den Innenwänden von Trinkwasserleitungen im Hinblick auf Legionellen und Pseudomonaden.