Erfolgsstory Glasfaser

Der Spatenstich zum großangelegten Glasfaserausbau im Landkreis Calw. Foto: Innenministerium BW

Schneller voran dank Generalunternehmerausschreibung

Eine Generalunternehmerausschreibung für 25 Kommunen half im Landkreis Calw, Kapazitäten zu bündeln, Synergien zu schaffen und Preise klein zu halten. Dadurch kommt auch das Land Baden-Württemberg seinem Ziel ein Stück näher, bis 2025 landesweit gigabitfähige Netze zu besitzen.

Nur schnelles Internet kann die Grundlage der gesamten Digitalisierung sein. Daten vernetzen, in Echtzeit, auch mit großen Datenmengen – dafür braucht es gigabitfähige Netze. Dies gilt in besonderem Maße für ein Technologie- und Flächenland wie Baden-Württemberg. Daher hat sich das Land bereits 2017 zum Ziel gesetzt, bis 2025 überall im Land gigabitfähige Netze zu haben.

Mit der im März 2019 in Kraft getretenen neuen Förderkulisse wurden für den Glasfaserausbau entscheidende Impulse gesetzt. Die Bundes- und die Landesförderung wurden optimal aufeinander abgestimmt. Insbesondere die Erhöhung der Landeskofinanzierung der Bundesförderung von 20 auf 40 Prozent, womit stets eine Förderquote von rund 90 Prozent sichergestellt ist, hat zu einem deutlichen Anstieg der Zahl der Anträge und vor allem der Antragsvolumina geführt.

Verzehnfachung der Fördermittel

Seit 2016 wurden mehr als 2350 Projekte und Ausbauvorhaben mit über 823 Millionen Euro seitens des Landes unterstützt. Im Vergleich zum Zeitraum 2008 bis 2015 stellt dies mehr als eine Verzehnfachung der bewilligten Fördermittel dar. Alleine in der ersten Hälfte des Jahres 2020 erfolgte bereits eine Gesamtförderung in Höhe von 333 Millionen Euro. Damit waren bis Ende September 2020 bereits 1003 Kommunen Gegenstand eines Antragsverfahrens – dies entspricht 91,1 Prozent aller Kommunen im Land. Dies verdeutlicht nicht nur die breite Akzeptanz und Inanspruchnahme der angebotenen Förderprogramme, sondern auch den Fortschritt im flächendeckenden Aufbau von gigabitfähigen Netzen in Baden-Württemberg.

Bis zum Ende der Legislaturperiode wird das Land die Rekordfördersumme von über einer Milliarde Euro in den Glasfaserausbau investieren und damit gerade auch die Anbindung der ländlichen Gebiete verbessern.

Darüber hinaus werden den baden-württembergischen Kommunen – im Rahmen der kombinierten Bundes- und Landesförderung – zusätzliche Bundesfördermittel in Höhe von 1,5 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Dabei hat Baden-Württemberg mit 720 Anträgen von allen Bundesländern die mit Abstand meisten Anträge auf Fördermittel beim Bund gestellt. Im Vergleich zu Ende 2015 hat sich die Versorgung mit 50 Mbit/s um 20,4 Prozentpunkte auf mittlerweile 91,8 Prozent der Haushalte im Land deutlich verbessert.

Der Breitbandausbau stellt die Kommunen vor vielfältige Herausforderungen, insbesondere was die Umsetzung betrifft. Dies gilt nicht nur für die Frage der Finanzierung, auch die Siedlungsstruktur oder die Topografie können einen flächendeckenden Glasfaserausbau schnell zu einer schwierigen Angelegenheit machen. Diesen Herausforderungen begegnen die Kommunen mit innovativen Verfahren, sowohl in technischer Hinsicht als auch auf Ebene der Verwaltung.

Best Practice Calw

Ein Beispiel für eine solche innovative Lösung ist die vom Landkreis Calw deutschlandweit erstmals durchgeführte Generalunternehmerausschreibung, mit welcher der Ausbau des örtlichen Breitbandnetzes in einer Hand konzentriert wurde.
In einem ersten Schritt wurde 2017 zunächst der Eigenbetrieb Breitband Landkreis Calw (EBLC) gegründet, der die Koordination und Steuerung des gesamten Breitbandausbaus im Landkreis übernahm. Der EBLC errichtet ein passives Glasfaser-Backbone-Netz mit insgesamt 386 km Länge. Jede der 25 Städte und Gemeinden des Kreisgebietes erhält mindestens zwei Übergabepunkte.

Im Jahr 2018 erfolgte dann durch den EBLC die erstmalige Generalunternehmerausschreibung (GU1) für insgesamt neun Kommunen. Gegenstand dieses Auftrags ist der schlüsselfertige Ausbau der innerörtlichen Glasfasernetze inklusive Ausführungsplanung, Bau, Herstellung der Hausanschlüsse, Hausanschlussmanagement, Mitverlegungsmanagement sowie Endkundenakquise nebst Dokumentationsaufbereitung. Auftraggeber und Vertragspartner des Generalunternehmers sind die Städte und Gemeinden. Den Zuschlag als Generalunternehmer erhielt im Dezember 2018 die Netze BW GmbH.

Projektlaufzeit für das GU1-Projekt sind zwei Jahre. Der Startschuss fiel am 1. Mai 2019, beendet sein soll das Projekt im März 2021.

Mehrwert durch Synergieeffekte

Die Gesamtkosten der Baumaßnahmen im Rahmen der GU1 im Landkreis Calw betragen 25 Millionen Euro. Die Kosten verteilen sich auf die neun teilnehmenden Kommunen. Es konnten bisher insgesamt circa 600 Kilometer Trassen realisiert werden. Nach Abschluss des GU1-Projekts werden es insgesamt etwa 1000 Kilometer sein. Aufgrund der bisherigen Erfahrungen hinsichtlich der Anschlussquoten wird aktuell mit etwa 3000 bis 3500 zu realisierenden Hausanschlüssen gerechnet.
Das gesamte Projekt war unter den drei Finalisten beim European Broadband Award 2018 in der Kategorie „Innovative Investitions-, Geschäfts- und Finanzierungsmodelle“.

Der signifikante Mehrwert der GU1-Ausschreibung ergibt sich dabei durch erhebliche Synergieeffekte. So konnten großflächig eine einheitliche Qualität, einheitliche Abwicklungsvorgänge und Abläufe, insbesondere in Bezug auf Informationsfluss, Hausanschlussmanagement, Technik und Qualität, ein einheitliches Materialkonzept und eine einheitliche Beschaffung gewährleistet sowie die derzeit sehr knappen Baukapazitäten im Breitbandausbau gesichert werden. Durch die Zusammenfassung zahlreicher Projekte konnten zudem Pauschalpreise fixiert werden. Eine konsequent betriebene Mitverlegungsabfrage führte zu weiteren Kosteneinsparungen.

Kleine Gemeinden profitieren besonders

Die Einbindung eines Generalunternehmers bedeutet deshalb vor allem für die kleinen Gemeinden eine immense Entlastung und Hilfestellung. Schlussendlich konnten attraktive Endkundenpreise, sowohl für die Hausanschlüsse als auch für die verschiedenen Endkundendienste für Internet und Telefonie, generiert werden.

Aufgrund des großen Erfolgs der ersten Generalunternehmerausschreibung wurde im August 2020 für neun weitere Kommunen eine zweite solche Ausschreibung (GU2) durchgeführt. Den Zuschlag erhielt erneut die Netze BW GmbH. Das Gesamtvolumen dieser GU2 beträgt sogar 29 Millionen Euro.

Dank dieser innovativen Verfahren auf Verwaltungsebene und im Zusammenhang mit der Umsetzung des Breitbandausbaus hat das Land erhebliche Fortschritte bei der digitalen Infrastruktur gemacht und wird auch in Zukunft mit großen Schritten dem Ziel näherkommen, bis 2025 flächendeckend über gigabitfähige Netze zu verfügen.

Simon Wilhelmi,  Regierungsdirektor beim Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration Baden-Württemberg