Digitalbeauftragte Dorothee Bär: Breitband für alle

Dorothee Bär: „Der Ausbau der digitalen Infrastruktur ist eine Herausforderung, die nur gelingen kann, wenn sich Bund, Länder und Kommunen gemeinsam anstrengen.“ – Foto: Bundesregierung/Jesco Denzel

Einen Schub für die Digitalisierung: Das verspricht sich Staatsministerin für Digitales Dorothee Bär vom Konjunkturpaket der Bundesregierung, wie sie im Exklusiv-Interview erklärt. Gerade finanzschwache und unterversorgte Gebiete sollen unterstützt werden.

Frau Bär, wie wichtig ist das Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket der Bundesregierung für Städte und Gemeinden, um die Digitalisierung vor allem im ländlichen Raum und in finanzschwachen Kommunen nicht ins Stocken geraten zu lassen?

Dorothee Bär: Das Konjunkturpaket wird einen Schub bei der Digitalisierung der Verwaltungsleistungen bringen, für die in Deutschland zum großen Teil die Kommunen verantwortlich sind. Schon 2017 haben sich im sogenannten „Onlinezugangsgesetz“ Bund, Länder und Kommunen gemeinsam auf den Weg gemacht, um Dienstleistungen des Staates auch online zur Verfügung zu stellen. Das Konjunkturprogramm der Bundesregierung schafft jetzt mit zusätzlichen Finanzmitteln in Höhe von drei Milliarden Euro die Voraussetzungen, um dies nun wirklich schnell und flächendeckend hinzubekommen und dabei vor allem Länder und Kommunen gezielt zu entlasten. Damit verbunden ist der klar formulierte Anspruch, im Zuge der OZG-Umsetzung ein bundesweites digitales Angebot nach dem Modell „Einer für alle“ zu schaffen. Das heißt: Nicht jede der 11.000 Kommunen soll jede einzelne Leistung selbst entwickeln und online stellen, sondern jede Leistung soll möglichst nur einmal entwickelt und dann von allen so online gestellt werden. Das spart bundesweit nicht nur etwa 5 Milliarden Euro ein, es sorgt auch für einheitliche Qualität und für Angebote, bei denen die Bedürfnisse von Bürgern und Unternehmen im Fokus stehen. Wir bekommen so Leistungen mit hohem Standard, schnell und für die Kommunen kostengünstig.

Welcher Kernfelder werden durch das Paket abgedeckt?

Bär: Das Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket ist ein klassisches Konjunkturprogramm, mit dem Arbeitsplätze gesichert und die Wirtschaft aus der tiefsten Rezession der Nachkriegsgeschichte geführt werden. Kernpunkte sind die Senkung des Mehrwertsteuersatzes sowie die Entlastungen für Familien und Unternehmen. Diese Maßnahmen kommen mittelbar auch den Kommunen zugute, da sie die Unternehmen vor Ort stärken und somit die Einnahmebasis und wirtschaftliche Struktur der Kommunen sichern. Das Paket sieht jedoch auch weitere milliardenschwere Maßnahmen vor, mit denen Kommunen gezielt finanziell entlastet und in ihrer Investitionstätigkeit gestärkt werden. Insbesondere erhöht der Bund dauerhaft seinen Anteil an den Kosten für die Unterkunft in der Grundsicherung und gewährt allen Gemeinden zu gleichen Teilen mit dem jeweiligen Land einen pauschalen Ausgleich für die krisenbedingten Gewerbesteuerausfälle. Zudem werden zusätzliche Bundesmittel in erheblichem Umfang unter anderem für den Öffentlichen Nahverkehr, für den Kita- und Ganztagsschulausbau, den Öffentlichen Gesundheitsdienst und das Zukunftsprogramm Krankenhäuser zur Verfügung gestellt. Auf der anderen Seite ist das Paket an Klimaschutz und der Förderung von Zukunftstechnologien ausgerichtet und hat eine sozialpolitische Komponente. So soll unter anderem mit steuerlicher Forschungsförderung die Entwicklung von Quantencomputing und Künstlicher Intelligenz beschleunigt werden. Auch die verstärkte Nutzung der Wasserstoffenergie und eine verbesserte Förderung von Elektrofahrzeugen sind Teil des Pakets.

Wo sehen Sie besondere Chancen?

Bär: Das ist sicherlich das Thema Digitalisierung. Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass in den Schulen, in der öffentlichen Verwaltung ein Digitalisierungsschub notwendig ist. Aber auch viele Unternehmen sind mit dem Bedarf vermehrter digitaler Kundenkontakte konfrontiert. Das Konjunktur- und Zukunftspaket soll die Digitalisierung noch einmal beschleunigen, unter anderem über erweiterte Abschreibungsmöglichkeiten für digitale Wirtschaftsgüter, dem Aufbau einer souveränen Infrastruktur sowie einem Förderprogramm zur Unterstützung von Auf- und Ausbau von Plattformen und Befähigung von kleinen und mittelständischen Unternehmen zur Transformation. Außerdem werden mit der Ausweitung der steuerlichen Forschungsförderung bis Ende 2025 und dem Digitalpakt weitere Maßnahmen auf den Weg gebracht, von denen auch die Digitalwirtschaft profitieren kann.

Wo wünschen Sie sich Mut in den Städten und Gemeinden trotz der unsicheren Lage?

Bär: Generell denke ich: Wenn wir alle in die Zeit nach Corona mitnehmen, dass man auch mal pragmatisch sein muss, etwas ausprobieren muss – auch mit dem Risiko des Scheiterns –, dann werden wir alle für die neue Zeit besser gerüstet sein als vor Corona. Denn ganz ohne auch mal kleinere Risiken einzugehen, wird Innovation auch in unserem Land nicht möglich sein. Und ich glaube, es lohnt, über einheitliche Standards nachzudenken und sich dafür zu öffnen. Darin liegt eine enorme Chance: schnellere, verfügbare und qualitativ gute Angebote sowie eine Kostenersparnis.

Sehen Sie die Ziele der Bundesregierung bezüglich der Digitalisierung, zum Beispiel ein flächendeckendes 5G-Netz bis 2025, noch als realistisch?

Bär: Gerade der Ausbau der digitalen Infrastruktur ist eine Herausforderung, die nur gelingen kann, wenn sich Bund, Länder und Kommunen gemeinsam anstrengen. Als Bund können wir rechtliche Rahmenbedingungen schaffen und Fördermittel für den Netzausbau in unterversorgten Gebieten bereitstellen. Das allein schafft aber noch kein neues Glasfasernetz oder die Mobilfunkversorgung. Dazu braucht es neben den Unternehmen auch das entsprechende Engagement vor Ort in der Kommune. Unser Breitbandförderprogramm richtet sich gerade an unterversorgte Kommunen, die ohne staatliche Förderung keine Perspektive auf ein Glasfasernetz hätten. Ich möchte diese Kommunen ermutigen, diese Möglichkeit auch zu nutzen, um ihren Bürgern und Unternehmen zukunftsfeste Gigabit-Internetanschlüsse bieten zu können. Auch im Mobilfunk können die Kommunen einiges zu einem schnellen Netzausbau beitragen, zum Beispiel indem sie Standorte für Mobilfunkmasten zur Verfügung stellen und die Genehmigungsverfahren zügig vorantreiben. Wo der Netzausbau trotz allem nicht vorankommt, muss der Staat handeln. Die Gründung einer staatlichen Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft, die den flächendeckenden Netzausbau unterstützt, wird daher ein wichtiger Schritt sein.

Interview: Denise Fiedler

Zur Person: Dorothee Bär (CSU) gehört seit 2002 dem Deutschen Bundestag an. Seit 2018 ist die studierte Politologin Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung.