Die Verbandsgemeinde Daun in Rheinland-Pfalz will auch künftig ein lebenswerter Ort sein. Um das gewährleisten zu können, stärkt sie in verschiedenen Bereichen die kommunale Resilienz. Die Bürger sind in die Vorhaben eingebunden und haben ihrem Engagement in einem Verein einen Rahmen gegeben.
Die Auswirkungen der demografischen Entwicklung stellen die Verantwortlichen in ländlichen Kommunen vor schwierige Aufgaben. Im rheinland-pfälzischen Landkreis Vulkaneifel hat sich die Verbandsgemeinde Daun mit ihren knapp 40 Einzelgemeinden (insg. rund 23.000 Einwohner) dazu entschlossen, die bisherigen Strukturen auf den Prüfstand zu stellen. Bürgermeister Werner Klöckner erwies sich als maßgeblicher Initiator dieses Schrittes. Entsprechend wurde 2010 das EU-Leader-Projekt „Wege – Wandel erfolgreich gestalten“ aufgelegt und zunächst bis 2015 finanziell unterstützt. Mit Beginn der zweiten Leader-Förderphase im Jahr 2017 startete das Projekt „Die Verbandsgemeinde Daun auf vielen Wegen zu resilienten Dörfern“, um das bisher Erreichte weiterzuführen.
Ursprünglich aus dem Fachbereich der Werkstoff-Physik kommend, hat der Begriff der Resilienz seit den 1950er-Jahren Eingang in die Psychologie und anschließend in weitere Wissensgebiete gefunden. Innerhalb der Regional- und Stadtentwicklung versteht man darunter die Fähigkeit von Gemeinden, auch unter schwierigen Rahmenbedingungen zu funktionieren und lebenswerte Orte zu bleiben.
Bereitschaft zur Selbstverantwortung
Wie Verena Welter vom Wege-Büro der Verbandsgemeindeverwaltung betont, könne Resilienz nur entstehen, wenn die Bereitschaft zur Selbstverantwortung wächst. „Nicht alle Aktivitäten muss und kann die Kommunalverwaltung Top-down und im Alleingang übernehmen. Die Bürgerin sollen vielmehr dazu ermutigt werden, die Lebensverhältnisse vor Ort in ihrem Sinne aktiv mitzugestalten.“
Um eine möglichst genaue Vision für das Leben in Daun zu entwickeln, wurden 2011 im Rahmen des ersten Wege-Symposiums die Dauner Thesen verabschiedet. Diese werden seither nach und nach fortgeschrieben. So widmen sich die 2017 formulierten Thesen unter anderem den Vorteilen kleinteiliger Dorfstrukturen sowie der Stärkung des regionalen Wirtschaftens.
Als wichtiges Instrument zur Bürgerbeteiligung hat sich in Daun das Veranstaltungsformat der „Zukunftskonferenz“ etabliert. Beispielsweise arbeiten die Teilnehmer während der Gruppenphasen daran, Stärken und Schwächen in ihren Gemeinden zu identifizieren. „Anschließend suchen sie mittels eines Brainstorming nach konkreten Lösungen“, sagt Welter. Es sei immer wieder erstaunlich, wie viele der Ideen auch ohne großes Kapital umgesetzt werden könnten. Beispielsweise schlugen Jugendliche vor, älteren Menschen dabei zu helfen, ihre oft schweren Mülltonnen zum Entleeren an die Straße zu stellen. „Selbstverständlich ist es trotzdem hilfreich, Informationen über die meist unbekannten Fördertöpfe zu vermitteln“, so Welter.
Unterstützung für Senioren
Als ein echtes Vorzeigeprojekt gilt der im Jahr 2012 gegründete Verein Bürger für Bürger. Er zählt mittlerweile über mehr als 600 Mitglieder. Diese engagieren sich beispielsweise als Seniorencoachs und stehen älteren Menschen bei der Bewältigung ihres Alltags zur Seite. Eine weitere Maßnahme ist der Bürgerbus, der den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) ergänzt. Die Mitglieder können sich ihren Einsatz auf einem Zeitkonto gutschreiben lassen. Alternativ wird ein Stundenhonorar gezahlt. „Damit stocken einige der jungen Leute ihr Taschengeld auf“, berichtet Welter.
Trotz dieses Erfolgs zeigen sich auch Grenzen: „Es gibt zurzeit mehr Personen, die Hilfe benötigen, als solche, die sie unterstützen“, so Welter. Deshalb haben die Vereinsakteure einen Aufruf gestartet und hoffen, auf diese Weise neue Helfer zu finden. Auf Basis der Projektträgerschaft des Bürgervereins entwickeln sich aktuell rund 20 der insgesamt 38 Einzelgemeinden zu sogenannten Sorgenden Gemeinschaften. Nach Möglichkeit sollen auch die übrigen Gemeinden in Daun diesem Beispiel folgen. Die Förderung erfolgt über das bundesweite Programm Engagierte Stadt.
Ein weiterer Meilenstein ist der Florinshof in Gillenfeld, wo 13 barrierefreie Wohnungen in Trägerschaft der Genossenschaft am Pulvermaar entstehen. Die Idee dazu geht auf die Bürgerinitiative Die Anstifter zurück. „Diese stellten vor einigen Jahren fest, dass es in der Region an altersgerechten Wohnformen mangelt“, sagt Welter.
Netzwerk Dauner Viadukt wird ausgezeichnet
Im Netzwerk Dauner Viadukt von Jung bis Alt in der Stadt Daun wollen rund 25 Partner das Miteinander der Generationen stärken. Dafür gab es in diesem Jahr den zehnten „Zukunftspreis“ der Volksbank Rhein-Ahr-Eifel.
Um die örtliche Wirtschaft in den Change-Prozess zu integrieren, fand bereits zweimal ein Unternehmensfrühstück („Viertelvoracht“) statt. Die Firmen wollen zwar meist Teil des Sozialraums sein, beschränken sich aber häufig auf Sponsoring. Welter ist der Ansicht, es sei sinnvoller, anstelle von einmaligen Aktionen eine langfristige CSR (Corporate Social Responsibility)-Strategie zu entwickeln. Auch das Thema Familienfreundlichkeit als Standortfaktor treibt die Betriebe um. Entsprechende Weichenstellungen können mit darüber entscheiden, ob Unternehmen im ländlichen Raum zukunftsfähig bleiben.
Das Wege-Büro verfügt heute über zwei Vollzeitstellen. Zusätzlich werden alle Initiativen durch zwei ehrenamtliche Botschafter sowie das Institut für Regionalmanagement (IfR) in Gießen begleitet. Den Stellenwert des Projektes erkenne auch der Gemeinderat an, stellt Welter fest. Das zeigte sich insbesondere dadurch, dass eigene Finanzmittel zur Verfügung gestellt wurden.
Michaela Allgeier
Die Autorin
Michaela Allgeier, Essen, ist Autorin und Beraterin in den Themenfeldern Demografische Entwicklung und Gerontologie sowie Integration