Auf welche sozialen und ökologischen Kriterien sollten Kommunen beim Bezug von Produkten achten? Ralf Grosse von Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung gibt Hinweise.
Wer in der öffentlichen Verwaltung kennt es nicht: Bei jedem Handeln mit Steuergeldern muss der Wirtschafts- und Sparsamkeitsgedanke mitberücksichtigt werden. Auch im Vergaberecht hat der Wirtschaftlichkeitsgedanke Einzug gefunden, denn der Zuschlag wird auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt, ermittelt auf Grundlage des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses.
Liest man dort weiter, stößt man allerdings auf die Möglichkeit, neben dem Preis auch soziale und ökologische Kriterien mit einzubeziehen – Kriterien, die ihre Grundlage ebenfalls im Grundgesetz haben und durch Gesetzgebung und Regelungen konkretisiert werden. Wenn der Staat verantwortungsvoll handeln will, ist eine Beschränkung auf eine rein wirtschaftliche Betrachtung eben nicht ausreichend.
Die öffentliche Verwaltung ist in ihrer Gesamtheit mit den Auftragsvergaben ein bedeutender Akteur auf dem Markt. Laut Schätzungen des Bundeswirtschaftsministeriums ist die kommunale Ebene bei der öffentlichen Auftragsvergabe für rund 60 Prozent der geschätzten 500 Milliarden Euro verantwortlich. Damit können Gemeinden, Städte und Landkreise wichtige Signale setzen und dazu beitragen, dass ihr verantwortungsvolles Handeln eine positive Auswirkung auf gesellschaftliche Ziele hat:
- Die Beschaffung von nachhaltigen Liefer- und Dienstleistungen trägt zum Schutz der Umwelt bei.
- Nachhaltige Beschaffung kann auch dazu beitragen, soziale Verantwortung zu übernehmen.
- Wirtschaftliche Vorteile können ebenfalls durch eine nachhaltige Beschaffung generiert werden.
- Die kommunale Ebene ist nah an den Bürgerinnen und Bürgern und erfüllt ihnen gegenüber eine Vorbildfunktion. Durch die Einbeziehung von Nachhaltigkeitsaspekten in die Beschaffung können sie als gutes Beispiel für umwelt- und sozialverantwortliches Handeln dienen und so das Bewusstsein für Nachhaltigkeit fördern.
Auf ökologische und soziale Kriterien achten
Zur Berücksichtigung der Nachhaltigkeit in der Auftragsvergabe bei Städten, Gemeinden und Landkreisen können folgende Punkte berücksichtigt werden:
- Eine nach außen gerichtete Erklärung der politischen und verwaltungsseitigen Führung zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeitszielen bei der Beschaffung dient der Information der Bürgerinnen und Bürger, fördert das Verständnis und kann zur aktiven Unterstützung beitragen.
- Die Formulierung klarer und messbarer Nachhaltigkeitsziele sowie deren Einbeziehung in Vorgaben zur Beschaffung, wie beispielsweise in Dienstanweisungen, unterstützen Beschaffende bei der Gestaltung ihrer Ausschreibungen.
Bei der Umsetzung der Nachhaltigkeit in Ausschreibungen können weitere Gedanken hilfreich sein: Ist die Beschaffung tatsächlich notwendig? Gibt es Alternativen wie etwa Reparatur? Ist der beabsichtigte Leistungsumfang, wie zum Beispiel die Geräteanzahl oder die Leistungsfähigkeit, vor dem Hintergrund des geplanten Einsatzes noch notwendig?
Rückführung in den Wirtschaftskreislauf
Die Frage, auf welche nachhaltigen und sozialen Kriterien Kommunen bei öffentlichen Vergabeverfahren im Einzelnen achten sollten, ist nicht allgemein zu beantworten, sondern abhängig vom jeweiligen Leistungsgegenstand. Für einige Bereiche gibt es bereits Standards zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten. Bei der Ausschreibung von Strom sollte der Fokus zukünftiger Ausschreibungen auf der Beschaffung von Öko- und Regionalstrom liegen.
Nachhaltigkeit ist auch am Büroarbeitsplatz zu finden. So sind Recyclingpapier, energieeffiziente IT und nachhaltige Büromaterialien bereits Standard. Aber auch langlebige und reparierfähige Bürodrehstühle sollten Berücksichtigung finden, und am Ende der Nutzung ist eine Rückführung in den Wirtschaftskreislauf das i-Tüpfelchen.
Zu fast allen Themen gibt es entsprechende Leitfäden, teilweise produktbezogen oder zum jeweiligen übergeordneten Thema. Unterstützung bieten beispielsweise das Umweltbundesamt und die Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung.
Informationen zu nachhaltiger Beschaffung
Zur Einführung in das Thema eignet sich ein von Bund und Bundesländern erstellter Kurzfilm unter dem Titel „Nachhaltige Beschaffung ist das neue Normal!“: https://www.youtube.com/watch?v=Oev4P6Zr9Qs
Bei Fragen unterstützt außerdem die Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung, unter der Telefonnummer 0228/99610 2345 oder per Mail an nachhaltigkeit@bescha.bund.de.
Ralf Grosse
Der Autor
Ralf Grosse ist Mitarbeiter der Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung des Beschaffungsamtes des Bundesinnenministeriums in Bonn.